Der sächsische Innenminister Armin Schuster zögert und zaudert, wenn es um die Abschaffung der Waffenverbotszone im Leipziger Osten geht. Inzwischen macht er die Abschaffung von der Installation einer Polizeiwache an der Ecke Eisenbahnstraße/Herrmann-Liebmann-Straße abhängig. Die Landtagsabgeordnete der Linken Juliane Nagel findet das absurd.
Seit über einem Jahr ist klar, dass die Waffenverbotszone abgeschafft werden muss. Und auch, dass sie auch das Sicherheitsempfinden rund um die Eisenbahnstraße nicht erhöht hat. Das schafft man mit polizeilichen Methoden und der Erklärung von Stadtquartieren zu „gefährlichen Orten“ nun einmal nicht.
Aber auch die Stadt Leipzig tat sich ja schwer damit, aus der Evaluation der Waffenverbotszone die richtigen Schlüsse zu ziehen. Im Juli 2022 schickte der Stadtrat den Maßnahmenplan zur Eisenbahnstraße zurück in die Ausschüsse. Jetzt warten alle auf die Neuvorlage. Denn klar ist: Auch die Stadt Leipzig hat die Entwicklung im Leipziger Osten jahrelang einfach laufen lassen und den Bedarf nicht gesehen, hier echte Integrationsangebote aufzulegen und mit den Bewohnern des Quartiers gemeinsam Lösungen für die auftretenden Probleme zu suchen.
Die Polizei bekommt es dann immer nur mit, wenn Konflikte eskalieren, aber nicht, wie sie entstehen. Deswegen sieht sie auch nur die Kriminalität und nicht die Ursachen dafür.
Aber so richtig will sich auch Sachsens Innenminister damit nicht beschäftigen, wie die immer neuen Anfragen von Juliane Nagel und die Antworten darauf zeigen.
Ein „gefährlicher Ort“?
Wie eine erneute Anfrage der linken Abgeordneten Juliane Nagel (Drucksache 7/11989) ergeben hat, wird die Waffenverbotszone um die Leipziger Eisenbahnstraße nun doch nicht eher aufgehoben, bevor die Polizei einen neuen Standort für einen Polizeiposten gefunden hat. Dieser ist in der Eisenbahnstraße, Ecke Herrmann-Liebmann-Straße vorgesehen.
Im Bereich der Waffenverbotszone – ein 70 Fußballfelder großes Areal um die Eisenbahnstraße – darf die Polizei nach Sächsischem Polizeivollzugsdienstgesetz verdachtsunabhängig die Identitäten vom Personen feststellen und deren Sachen durchsuchen. Da der Bereich ebenfalls als „gefährlicher Ort“ kategorisiert wird, sind auch verdachtsunabhängige Personendurchsuchungen möglich.
„Ich finde das bisherige Vorgehen daher absurd: Alle Fakten sprechen klar für die Abschaffung der Waffenverbotszone in Leipzig. Sie erzielt im Sinne ihrer Erfinder keine Wirkung, führt zu Stigmatisierung der Bevölkerung und wird vom Gros der Bewohner/-innen, sowie vom Stadtrat abgelehnt“, bringt Juliane Nagel das Dilemma auf den Punkt. „Aber: Sie existiert immer noch. Bis die Polizei ihren Posten hat. Das ist reine Symbolpolitik, um nicht das Gesicht zu verlieren. Seit fast zwei Jahren liegen die Ergebnisse der Evaluation vor, ebenso wurden die Kontrollbefugnisse durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes beschnitten.“
Erst mal ein Polizeiposten
In seiner Antwort hatte Armin Schuster erklärt: „Die Aufhebung der Sächsischen Waffenverbotszonenverordnung Leipzig und die damit verbundene Abschaffung der Waffenverbotszone im Bereich der Leipziger Eisenbahnstraße wird im Rahmen der Umsetzung des beschlossenen o. g. Maßnahmenplanes erfolgen. Dieser sieht u. a. die Wiedereinrichtung eines Polizeipostens in der Eisenbahnstraße vor. Die Aufhebung der Waffenverbotszonenverordnung soll mit dessen Eröffnung verbunden werden.
Dann werden auch die Hinweisschilder entfernt werden. Zu Bestrebungen hinsichtlich einer Wiedereröffnung eines Polizeipostens im Bereich der Eisenbahnstraße befindet sich die Polizeidirektion Leipzig im ständigen Austausch mit der Stadt Leipzig und dem Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement. Ein konkreter Eröffnungstermin kann derzeit noch nicht genannt werden.“
Und so fällt der Polizei zum Ende der Waffenverbotszone eben auch nur Polizeiliches ein, wie Armin Schuster auf die Frage zu neuen Maßnahmen feststellt: „Da der Maßnahmenplan vom Stadtrat der Stadt Leipzig noch überarbeitet wird und deshalb auch noch nicht beschlossen worden ist, bezieht sich die Antwort nur auf die von der Polizeidirektion Leipzig bereits konkret umgesetzten Maßnahmen:
verstärkte Bestreifung der Eisenbahnstraße durch gemeinsame Fußstreifen der Bürgerpolizisten des Polizeireviers Leipzig-Zentrum und des Stadtordnungsdienstes sowie Einsatz beider Fahrradstaffeln,
weiterführende Verkehrskontrollen hinsichtlich Einhaltung der Geschwindigkeitsvorgaben, Fahreignung und Fahrzeugbeschaffenheit (beispielhaft: Großkontrolle der Verkehrspolizeiinspektion der Polizeidirektion Leipzig zum Thema ‚Drogenerkennung im Straßenverkehr‘ mit Beteiligung des Zolls im Oktober 2022) …“
Nagel: Kommunal- und Landespolitik ist gefordert
Also weiter mit den alten Methoden und letztlich wirkungslosen Maßnahmen, die an den Problemlagen in diesem Leipziger Ortsteil nichts ändern, aber Vorurteile bestärken.
„Was es meines Erachtens statt Waffenverbotszonen, Kontrollbereichen und polizeilich definierten ‚gefährlichen Orten‘ braucht, ist stinknormales kommunal- und landespolitisches Handeln, um die betreffenden Stadtteile sozial, lebenswert und sicher zu gestalten, den steigenden Mieten Einhalt zu gebieten und Bildungschancen von Jugendlichen und Einkommensperspektiven aller dort Lebenden zu verbessern“, sagt Juliane Nagel. „Nicht mehr und nicht weniger.“
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