Es war zu erwarten, dass es deutlich teurer werden würde, als der Stadtrat im September 2022 seinen eigenen Beschluss aus dem Januar 2022 kassierte: Der Steg über die Nahle sollte doch nicht 5 Meter breit werden, sondern nur 4 Meter breit, wie es in der Ursprungsvorlage der Stadt gestanden hatte. Nun hat das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) die neue Kostenberechnung vorgelegt.
„Die Gesamtkosten für Planung und Bau erhöhen sich von 2.976.000 EUR brutto um 2.224.000 EUR brutto auf 5.200.000 EUR brutto. Der städtische Anteil beträgt 5.200.000 EUR brutto“, heißt es darin. Und recht genüsslich erklärt das VTA, in welchen Einzelblöcken es besonders heftige Kostensteigerungen gab.
Was natürlich die Frage aufwirft, wer da eigentlich Schuld trägt an dem Dilemma. Denn mit guten Gründen forderte die Ratsmehrheit im Januar 2022 eine Verbreiterung der Brücke auf 5 Meter, denn hier geht nicht nur eine Hauptradroute von Möckern Richtung Leutzsch durch und die Brücke über die Neue Luppe hat ganz selbstverständlich bei ihrem Neubau eine Beite von 5 Metern bekommen.
Doch im Januar 2022 sollte es mal wieder ganz fix geben, denn im Sommer 2022 wollte das VTA die Brücke bauen. Die Planungen waren im November 2021 fertig geworden und liefen dann durch die Ausschüsse – augenscheinlich zu wenig Zeit für die Stadträte, sich eine belastbare Meinung zum Entwurf zu bilden.
Noch im Januar 2022 stellten die Fraktionen von Linken, Grünen und SPD ihren gemeinsamen Änderungsantrag: „Der Nahlesteg im Zuge des Heuwegs ist Teil einer stark genutzten Ost-West-Verbindung für Fuß- und Radverkehr und wird intensiv genutzt. Sie soll in ausreichender Breite für Begegnungsverkehr hergestellt werden. Die Regelbreite für einen gemeinsamen Fuß- und Radweg beträgt 2,5 Meter, woraus sich eine nötige nutzbare Breite der Brücke von 5 Metern ergibt. Damit sind gefahrlose Begegnung und Aufenthalt im Begegnungsverkehr auf der Brücke möglich.“
Neuausschreibung des Brückenbaus – Baubeginn jetzt wohl Ende August
Warum der Steg aber nur mit 4 Meter Breite geplant wurde, war nicht so recht ersichtlich. Der Verweis auf den ebenso schmal gebauten Weg zwischen dem Steg über die Neue Luppe und die dem Steg über die Nahle ist nicht wirklich stichhaltig. Zu schmal angelegte Wege begründen nicht wirklich, dass dann auch die Brückenbauwerke schmaler werden müssen. Erst recht, wenn die Stadt eigentlich die umweltfreundliche Mobilität ausbauen will.
An Sonnentagen und Wochenenden kommt auf dem Heuweg auch noch erheblicher Fußverkehr mit Kindern, Kinderwagen und Hunden hinzu.
Trotzdem kündigte die Freibeuter-Fraktion schon im Januar an, die Brücke ein halbes Jahr später wieder zum Abstimmungsthema zu machen und dann die ursprünglichen 4 Meter Breite wieder einzufordern. Und genau das passierte dann im September.
Da war natürlich das Bauzeitfenster für 2022 vorbei und der Brückenbau musste neu ausgeschrieben werden – mit den jetzt vom VTA festgestellten Kostensteigerungen. „Im Januar 2022 hat der Stadtrat die Vorlage VII-DS-06002 Bau- und Finanzierungsbeschluss Ersatzneubau des Nahlestegs im Zuge des Heuwegs, Bauwerk II/12 (Bestätigung gem. § 81 (5) SächsGemO) beschlossen.
Diese sah entsprechend der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) eine lichte Breite zwischen den Brückengeländern von 4,0 m vor. Durch den Stadtratsbeschluss wurde jedoch eine Umplanung auf 5 m veranlasst, die infolge eines erneuten Stadtratsbeschlusses vom September 2022 wiederum eingestellt und die ursprüngliche Planung auf 4 m nutzbare Brückenbreite fortgesetzt wurde. Dadurch und durch den Umstand der resultierenden zeitlichen Verschiebung sowie durch die inzwischen unabhängig eingetretenen erheblichen Preiserhöhungen kommt es zu Kostensteigerungen“, so das VTA.
Die neue Vorlage zum Nahlesteg.
Jetzt muss die neue Vorlage in der Februar-Ratssitzung beschlossen werden, damit die Ausschreibung herausgehen kann. „Die Baumaßnahme soll Ende August 2023 begonnen werden. Die Bauzeit beträgt ca. 15 Monate bis voraussichtlich Ende 2024“, teilt das VTA noch mit.
Es gibt 10 Kommentare
Daß von der Brücke zur Nahle-aufwärts gerichteten Seite etwa ein Drittel massiv abgesperrt ist, und das seit vermutlich 10, vielleicht sogar 15 oder mehr Jahren, wußte ich schon. Ich dachte immer, daß man damit verhindern wollte, daß die Brücke von Deppen mit Autos überquert wird, denen sie vermutlich nicht (mehr) standgehalten hätte. Daß allerdings eine Grundsanierung nun mehr als 5M€ kosten könnte, kann ich mir nicht vorstellen. Und daß die Rammpfähle ein grundsätzliches Hochwasserschutz-Problem auch bei erhöhtem Nahlespiegel (und dem der kleinen Luppe) sind, kann ich mir – als Laie zwar – auch nicht vorstellen. (Die niegelnagelneue Eisenbahnbrücke daneben ist übrigens auch kein Einfeldbauwerk.)
Soll es wärend der monatelangen Bauarbeiten eigentlich eine Ersatzbrücke geben?
Die Brücke ist bereits stark beschädigt; eine Seite wurde deswegen gesperrt.
Eine Instandsetzung wurde als “wirtschaftlich nicht vertretbar” eingestuft.
Die neue Brücke soll nicht mehr auf Rammpfählen im Gewässerquerschnitt stehen, sondern durch ein “Einfeldbauwerk” das gesamte Gewässer überspannen (Hochwasserschutz).
Bei der Höhe orientiert man sich dabei am zukünftigen Pegel der Nahle, welcher aufgrund des Auwaldschutzes erhöht werden muss.
Danke, “Sebastian” und anderen, für die Erläuterungen. Weiß man eigentlich, warum die Brücke von 1962 nicht instandgesetzt werden kann? Ist sicher eine naive Frage, aber ich frage trotzdem.
Nun, das finanzielle Desaster war leider abzusehen.
Die Ursache für dieses Debakel liegt im VTA!
Dort meinte man, unter den geltenden Vorschriften und Regelungen (Regelbreiten) bleiben zu müssen und diese zu ignorieren. Das ist insofern interessant, weil man das beim Fuß- bzw. Radverkehr versucht hat, und nicht beim MIV.
Vielleicht rechnete man sich weniger Gegenwehr aus.
Dass sich darauf der Stadtrat zu einem Schildbürgerstreich hat hinreißen lassen, ist einfach nur ärgerlich und peinlich für Leipzig.
Fakt ist, Leipzig möchte ökologischer werden und rühmt sich an verschiedenen Stellen damit bereits lautstark. Die bräsigen Ämter checken das aber nur im Schneckentempo und der Stadtrat dient häufig nur dazu, Korrektur zu lesen und agiert entsprechend den jeweils aktuellen Mehrheiten. Und Launen.
Diese Brücke ist kein gemütlicher Fußweg eines Parkes, sondern eine wichtige Wegebeziehung innerhalb Leipzigs. Selbst 4m werden keine 4m für Fuß- und Radverkehr sein! Abzüglich Abstände wird der nutzbare Teil vermutlich nur ca. 3m…3,5m betragen.
Angesichts der verständlicherweise ausufernden Kosten würde ich vorschlagen, jetzt ein gutes Interim aus Holz mit 5m Brückenbreite zu errichten. In ein paar Jahren, wenn sich die Rohstoff- und Dienstleistungskosten wieder etwas beruhigt haben, würde ich das Projekt neu angehen.
@Sebastian nur zum ersten Teil: es ist ja nun absolut nichts neues, dass “Berichte” von RR eigentlich mehr dem ähneln, was in anderen Medien als “Kommentar” gekennzeichnet wird/werden muss.
@Gohliser: “Wenn ich als privater Unternehmer…” ist schon falsch. Private Unternehmer bezahlen nicht für Dinge, die keinen Profit abwerfen.
Und ansonsten bin ich nicht der Meinung, dass der Stadtrat dazu dient, alle Vorlagen der Verwaltung rasch durchzuwinken und als demokratisches Feigenblatt die bereits heute zu große Entscheidungsmacht der Exekutive zu bemänteln. Er ist als Korrektiv wichtig und sollte seine Rolle genau so wahrnehmen.
Plus: natürlich sind 5m besser als 4m. Sicherer, wenn man nicht allein unterwegs ist, bequemer, und vielleicht möchte man auch einmal anhalten und die Aussicht genießen. Aber, auch klar, Kinder, Freunde und Wohlbefinden sind Kostenfaktoren, Zeit ist Geld, also muss man sich Aussicht auch erst einmal leisten können…
Ein Artikel, der mal wieder mit vielen “natürlichs” kommt, mit “guten Gründen” und für mich gekrönt wird durch ein “ganz selbstverständlich”. Lieber sichergehen, dass nicht noch jemand Zweifel an der richtigen Sache bekommt…
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Urs, es geht ein bisschen unter im Wertungswust. Die Verwaltung hatte eigentlich (fast?) fertig geplant, allerdings mit 4 m Brückenbreite. Damit wären auch Fahrradanhänger aneinander vorbei gekommen, und abseits der Brücke geht es auf dem weniger breiten Weg ja auch. Aber es geht eben auch beim Radverkehr offenbar um “gefahrlos”, man liest das zumindest so.
4 m sind aber leider nicht das Ergebnis einer Addition von 2,5 m plus 2,5 m, die nachträglich jemand angestellt hat. Und 2,5 m ist nun mal das, was man mal irgendwann definiert und aufgeschrieben hat.
Also meinte der Stadtrat es im Januar 2022 besonders gut, als man den fortgeschrittenen Planungsstand verwarf und mit dem Wissen, dass es dann teurer wird, länger dauert und der Weg davor und danach schmaler als 5 m ist (er ist übrigens auch nicht 4 m breit…) beschlossen, dass die Verwaltung noch mal neu planen soll. Damit die Additionsrechnung dann bitte doch aufgehen soll. Wegen der Verkehrswende und so.
Erst im September 2022 hat man diesen offensichtlichen Fehler im Stadtrat geändert, und inzwischen ist alles noch viel teurer geworden, was das Amt vorrechnet.
Nur für mein Verständnis gefragt: die Rolle rückwärts von 5m auf 4m hatte insbesondere die Absicht, die Kosten der Brücke zu verringern? Das hat ja gut geklappt!
@gohliser,
im September 2022 stimmten für die Aufhebung des ursprünglichen Stadtratsantrages übrigens geschlossen die Fraktionen CDU, AfD, Freibeuter und SPD. Diese Umplanung und damit die Verzögerung geht also auf deren Kappe. Tut mir Leid, wenn das nicht in ihr Weltbild passt. Ich frage mich auch, woher das Bild kommt, RRG würde schlechter wirtschaften als andere Koalitionen und Parteien. Können Sie mir das erklären?
Über 2 Millionen mehr weil man sich nicht einig wird, was man will?! Das ist doch irre. Wenn ich als privater Unternehmer so handeln und wirtschaften würde wie Rot Rot Grün, ich wäre längst pleite.