Es war schon vor 2010 ein Streitthema im Leipziger Stadtrat, ob die Leipziger City noch eine große Einkaufs-Mall verträgt, wie sie für gewöhnlich nicht in Innenstädten gebaut wird. 45.000 weitere Quadratmeter Verkaufsfläche in einem relativ geschlossenen Bauensemble. Doch damals herrschten auch in Verwaltung und Ratsversammlung andere Vorstellungen vor, was die City alles verkraftet. Am 18. Januar ging es nun um eine Erweiterung der Verkaufsfläche.

„Mit dieser Änderung sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für einen stabilen Fortbestand des Einkaufszentrums insbesondere durch die Flexibilisierung der für die einzelnen Sortimente festgesetzten Verkaufsflächenobergrenzen und eine moderate Erhöhung der zulässigen Gesamtverkaufsraumfläche innerhalb der bestehenden Gebäudekubaturen geschaffen werden“, fasst es die Präambel zur 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 45.5 „Höfe am Brühl“ kurz zusammen.

Die Vorlage zum B-Plan „Höfe am Brühl“.

Denn längst hat sich die Situation der Innenstädte durch den Wildwuchs im Online-Handel und die zwei Jahre Corona-Pandemie dramatisch verändert. Der einstige Anker für den Einzelhandel in der Petersstraße Karstadt ist längst geschlossen. Galeria Kaufhof ist in schwerem Fahrwasser. Und auch die „Höfe am Brühl“ sorgen sich unübersehbar darum, dass die Kundenströme in die Mall abreißen könnten. Weshalb man das Gebäudeensemble nicht nur um weitere Verkaufsflächen ergänzen will, sondern auch zusätzliche Öffnungen nach außen – insbesondere zum Brühl – schaffen will.

Die Mall muss sich öffnen

Ein Thema, das längst auch den Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau beschäftigt hat, der ein paar wichtige Forderungen gleich mit in die Vorlage der Stadt schreiben ließ. Am 18. Januar ging in der Ratsversammlung Tobias Peter, Vorsitzender der Grünen-Fraktion, darauf ein.

Er stellte damit auch fest, dass man die Entscheidung zum Bau eines solchen Einkaufstempels „so heute nicht mehr treffen würde“. Eine Mall, wie sie für gewöhnlich in Einkaufscentern auf der „Grünen Wiese“ üblich ist, stört das Gefüge einer gewachsenen Innenstadt. Und verändert vor allem Laufwege.

Und wenn in so einer Mall die ebenerdige Verkaufsfläche erweitert wird, bedeute das nun einmal trotzdem Verdrängung in der Innenstadt und Verlust an anderen Standorten, wie Linke-Stadträtin Franziska Riekewald betonte.

Weshalb der Fachausschuss auch eine Offenlegung der B-Plan-Unterlagen forderte und eine Mitsprache der Leipzigerinnen und Leipziger. „Die ‚Höfe am Brühl‘ dürfen sich nicht weiter abschotten“, betonte Tobias Peter. Sie müssen sich jetzt „konsequent nach außen öffnen“.

Nur CDU-Stadträtin Sabine Heymann äußerte dann ihre Bedenken, sprach von „mächtigen Grenzen“, die der Stadt an dieser Stelle gesetzt seien. Und die Zeit dränge wohl auch, da die Center-Leitung der „Höfe am Brühl“ einige Maßnahmen schon 2023 umsetzen wolle. Immerhin geht es ja auch um deutlich mehr Aufenthaltsqualität am Brühl selbst.

Der Feind lockt online

Die Frage ist natürlich auch, welche Role die „Höfe am Brühl“ inzwischen als Attraktoren auf dieser Seite der City spielen, wie es Sabine Heymann ansprach. Locken sie hier mehr Kunden in die Innenstadt oder locken sie diese aus anderen Teilen der City weg?

Und wie kann die Attraktivität der City überhaupt bewahrt werden?

Dass der Feind da mittlerweile gar nicht mehr die reale Konkurrenz in den anderen Straßen ist, sondern der Online-Handel, das betont die Vorlage zum Bebauungsplan extra: „Ein stabiles und dem weiter zunehmenden Online-Handel entgegen handelndes und resilientes Einkaufscenter dient der Stabilisierung der gesamten Innenstadt. Es bedarf ständiger Anstrengungen sowie der notwendigen Flexibilität, um auf die derzeitigen und zukünftigen Herausforderungen und sich ändernde (Flächen)-Anforderungen der Mieter angemessen und schnell reagieren zu können. Nur so kann die Attraktivität und positive Entwicklung der Leipziger Innenstadt mit den Höfen am Brühl als funktionierender und gut integrierter Bestandteil gewährleistet werden.“

Da wird es noch ganz andere Initiativen brauchen, um die Einkaufsvielfalt in der Leipziger City zu erhalten oder gar wieder zu bereichern. Was schwierig werden wird, denn anders als in westdeutschen Städten fehlen in Leipzig die finanziell starken Einzelhändler, die sich die immer weiter steigenden Mieten in den Fußgängerzonen und Passagen der City noch leisten können.

Die Vorlage der Stadt jedenfalls bekam am 18. Januar mit 44:16 Stimmen bei zwei Enthaltungen die notwendige Mehrheit, sodass der B-Plan jetzt überarbeitet werden kann und die Leipziger hoffentlich auch mitreden können, wenn der Plan offengelegt wird.

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Keine Kommentare bisher

Das mehrfach genannte Argument des “bösen Online-Handels” halte ich für vorgeschoben.
Genauso, dass dadurch eine “positive Entwicklung der Innenstadt gewährleistet würde.”

Tatsache ist: durch die Erweiterung der Verkaufsflächen um 3500m² innerhalb der Höfe am Brühl wird
dem restlichen Einzelhandel in der Innenstadt zusätzliche Konkurrenz gemacht.
Das heißt, der restliche Einzelhandel hat – zusätzlich zum Online-Handel – nun auch noch mit mehr Verkaufsfläche in den Höfen zu kämpfen.
Oder wie es tatsächlich geschrieben steht: Steigerung der Resilienz der inzwischen größten Handelsimmobilie der Innenstadt.
Groß reicht eben nicht. Noch größer muss es werden.

Der ganze Antrag des Dezernates ‘Stadtentwicklung und Bau’ liest sich wie ein lobbygestützter Verteidigungsaufsatz.

Es geht letztlich nur darum, den Gewinn aus Vermietungen zu erhöhen.
Natürlich wegen dem Online-Handel…

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