Da hat sich die Stadt Leipzig was aufgeladen, als sie 2021 den Kohlrabizirkus für über 12 Millionen Euro kaufte, um darin auch künftig den Eissport für die Stadt zu sichern. Denn natürlich bleibt es nicht nur bei den 12 Millionen. In der Ratsversammlung am 18. Januar wurde jetzt recht heftig darüber diskutiert, ob sich die Stadt die hohen Betriebskostenzuschüsse eigentlich leisten kann. Und übers Klima natürlich.

Denn ab 2023 steigen die Betriebskosten deutlich. Schoss die Stadt 2022 noch 670.000 Euro zu, rechnet sie im Jahr 2023 schon mit 976.822 Euro und 2024 mit 1.036.043 Euro. Das ist eine Menge Geld. Und zumindest CDU-Stadtrat Michael Weickert machte in der Ratsversammlung am 18. Januar aus seiner Sorge kein Hehl, dass der Betrieb des Kohlrabizirkus zu einem „Fass ohne Boden“ werden könnte.

Womit sich im Grunde auch die beiden Änderungsanträge von Grünen und Linken beschäftigten.

Die Vorlage zum Kohlrabizirkus.

Geld für die Südkuppel

Denn dass die Betriebskosten so ansteigen, hat nun einmal auch mit den massiv gestiegenen Energiekosten zu tun. Und eben auch damit, dass die Kuppelhalle 1927 bis 1929 für eine völlig andere Nutzung erbaut wurde – als Großmarkthalle zum Umschlag von Obst und Gemüse für die Großstadt Leipzig.

Auch der Zahn der Zeit nagt am Gebäude, weshalb die Vorlage aus dem Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport auch einen ersten Kostenpunkt für eine Teilsanierung der Halle beinhaltet: „Für die grundhafte Sanierung der Verglasung der Südkuppel im ‚Kohlrabizirkus‘ werden außerplanmäßige Auszahlungen gemäß § 79 (1) SächsGemO für eine Bareinlage bei der LEVG im Jahr 2022 in Höhe von 1,9 Mio. EUR im PSP Element ‚Werterhöhung LEVG mbh & Co. KG‘ (7.0001278.730) bestätigt.“

Ein Posten, der für die Sicherung des Eissportbetriebs dringend notwendig ist, wie die Vorlage betont: „Die Vorlage hat weiterhin die Absicherung des Eislaufbetriebes durch Erneuerung der Kuppelverglasung zum Inhalt. Durch langanhaltende und teilweise starke Niederschläge im September 2022 ist an zahlreichen Stellen Regenwasser über die Verglasung beider Kuppeln eingedrungen, sodass der Eislaufbetrieb in der Nordkuppel unterbrochen werden musste.

Nur durch eine umfassende Erneuerung der Glaskuppel wird nachhaltig eine langfristige Sicherheit vor Schäden durch Regenereignisse bestehen. Da mittelfristig der Eislaufbetrieb in die Südkuppel verlagert werden soll, wird vorgeschlagen, die Grundsanierung in der Südkuppel vorzunehmen. In der Nordkuppel wird die Abdichtung durch provisorische Maßnahmen gesichert. Die derzeitigen Schätzkosten der Maßnahmen, die in der Vorlage dargestellt werden, belaufen sich auf ca. 1,9 Mio. EUR.“

Aber auch ein Punkt, der insbesondere Linke-Stadtrat Adam Bednarsky ärgerte, weil so etwas eigentlich nicht in eine Vorlage zu den Betriebskosten gehört, sondern der Stadtrat ein Recht darauf hat, eine solche Investitionsvorlage gesondert vorgelegt zu bekommen.

Eissport in Zeiten des Klimawandels

Andererseits ist eine energetische Sanierung der Halle dringend angesagt. Das betonte Grünen-Fraktionsvorsitzender Dr. Tobias Peter. Weshalb die Grünen dazu einen Änderungsantrag geschrieben hatten.

Dessen Anliegen: „Die Erneuerung der Kuppelverglasung ist grundsätzlich eine sinnvolle und notwendige Maßnahme. Im Sinne einer nachhaltigen Mittelverwendung sollte sichergestellt werden, dass die Ausführung den Zielsetzungen des ohnehin geplanten denkmalpflegerischen Gesamtkonzepts entspricht und dabei auf die künftigen Nutzungen, die ggf. auch über eine Nutzung als Eishalle hinausgehen, abgestimmt wird. Eine solche Konzeption kann bis Ende 2023 erarbeitet werden.

Angesichts gestiegener Energiepreise, der grundsätzlichen Zielsetzung der Stadt hinsichtlich Klimaneutralität und der ungünstigen energetischen Situation des Kohlrabizirkus‘, die sich insbesondere im Betrieb als Eishalle ab August negativ auswirkt, sind alle Potenziale der Energieeinsparung zu prüfen. Dabei ist auch eine energetische Sanierung zu untersuchen. Bereits bei der Erneuerung der Glaskuppel ist eine bestmögliche energetische Verbesserung, z.B. durch Einbau von Dreifachverglasung o.ä. anzustreben.“

Denn in den Griff bekommt man die steigenden Energiekosten nur, indem man die bald 100 Jahre alte Halle so gut es geht energetisch ertüchtigt.

Wobei in Peters Rede auch das Unbehagen mit anklang, dass die Stadt hier in eine Eishalle investiert, während am Nord- und Südpol die Eismassen schmelzen.

„Klimapolitische Bedenken“, die auch SPD-Stadträtin Heike Böhm für sich äußerte. Sie stimmte deshalb gegen die Vorlage. Während die Grünen ihre Bedenken in einen Auftrag an die Stadt packten: „Die LEVG wird beauftragt, vorhandene Energiesparpotentiale unter Berücksichtigung einer energetischen Sanierung des Kohlrabizirkus‘ einschließlich der Kuppeln zu prüfen und dem Stadtrat bis zum 3. Quartal 2023 ein Prüfergebnis vorzulegen.“

Ganz ähnlich sah es die Linksfraktion, die in ihrem Änderungsantrag forderte: „Die weiteren kurz- und mittelfristig notwendigen Instandsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen (u. a. Nordkuppel), inkl. Kostennennung, zzgl. Terminierung sowie deren Finanzierung, werden dem Stadtrat bis zum 31.03.2023 per Informationsvorlage zur Kenntnis gegeben.“

Druck auf die Stadtverwaltung

Oberbürgermeister Burkhard Jung fand beide Änderungsanträge berechtigt und übernahm sie in die Vorlage der Stadt, auch wenn beide genannten Terminvorgaben „sehr sportlich“ sind. Aber aus seiner Sicht sei es sogar gut, wenn der Stadtverwaltung mal ein bisschen Druck gemacht würde. Der hier ja auch Geld wert ist. Denn je eher die riesige Halle energetisch ertüchtigt ist, umso schneller werden die Einspareffekte wirksam und die Betriebskosten werden gedämpft.

Dass die Stadt freilich ein dauerhaftes Eisport-Angebot braucht, dessen war sich die Ratsmehrheit an diesem 18. Januar gewiss und stimmte der Gesamtvorlage mit 46:5 Stimmen bei 14 Enthaltungen zu.

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“Eissport im Hitzesommer, während die Polkappen schmelzen, das passt nicht zusammen” so Dr. Tobias Peter von den Grünen. Hört hört, möchte man meinen, kommt jetzt tatsächlich grüne Politik in Form der Ablehnung der Unterstützung solcher energieverschwenderischen Sportart? Natürlich nicht, Kuschelpolitik bei dem niemandem außer der Umwelt wehgetan wird (und die kann sich ja nicht beschweren, yolo) ist doch ne schöne Sache. Also lieber einfach die über 2 Mio. € Zuschüsse beschließen, aber bitte doch energetische Dachsanierung. Ähnliche fancy Worthülse wie grünes Wachstum, Nachhaltigkeit und grüne Politik. Dankeschön. Wenn´s euch im Sommer zu heiß ist, geht doch Eisschuhlaufen?!

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