Am Ende war OBM Burkhard Jung sehr einsilbig, als er die Vorlage „Auseinandersetzung Kirchschullehn zu Gundorf für die Erweiterung der Grundschule in Gundorf“ am 15. Dezember in der Ratsversammlung zur Abstimmung stellte. Denn zuvor hatte seine Verwaltung – und insbesondere das Liegenschaftsamt – ordentlich Schelte bekommen, erst von SPD-Stadtrat Andreas Geisler, dann auch noch von Linke-Stadtrat Steffen Wehmann.
Denn eigentlich hätte der Vorlage nur der Grundstücksverkehrsausschuss zustimmen müssen. Doch der lehnte die Vorlage sogar mit drei zu drei Stimmen bei vier Enthaltungen ab, nachdem die Verwaltung im Ausschuss schlichtweg nicht erklären konnte, worin der Vorteil dieses Tauschgeschäfts eigentlich liegen sollte.
Und dass es gerade die Mitglieder im Grundstücksverkehrsausschuss sehr genau nehmen mit Zahlen, Grundstücken und Bodenwerten, das müsste man im Liegenschaftsamt ja mittlerweile begriffen haben. Unbebaute Grundstücke sind knapp geworden in Leipzig und die Stadt muss immer öfter tief in die Tasche greifen, wenn sie wichtige Schulgrundstücke erwerben möchte.
Die Grundschule in Gundorf gibt es zwar schon. Doch sie ist schon lange zu klein, um alle Ansprüche zu erfüllen. Andreas Geisler ging in seiner Rede sehr ausführlich auf die Bedingungen ein, unter denen die Gundorfer Kinder hier lernen müssen. Die alte Gymnastikhalle ist für den Sportunterricht nicht nutzbar.
Die Kinder müssen deshalb zur 650 Meter entfernten Sporthalle nach Böhlitz-Ehrenberg, obwohl für Gundorf seit 20 Jahren eine neue Sporthalle im Plan steht. Der Hort ist 250 Meter entfernt, der Schulgarten liegt auf der anderen Straßenseite, hat aber keine eigenen Toiletten.
Wieder mal unter Zeitdruck
Aber der Standort ist viel zu wichtig, als dass man ihn länger vernachlässigen kann. „Die Stadt Leipzig plant die Erweiterung der Grundschule Gundorf zu einer 1,5-zügigen Grundschule. Das Schulgrundstück steht noch im Eigentum des Kirchschullehn zu Gundorf“, heißt es deshalb sehr kurz angebunden in der Vorlage.
Logisch, dass da die Ausschussmitglieder eine Menge Fragen hatten, die ihnen aber im Ausschuss nicht ausreichend beantwortet wurden. Und außerdem, so Wehmann, kam die Vorlage erst kurz vor ultimo. Das fand Wehmann „mehr als grenzwertig“.
Wer nun wirklich dafür verantwortlich war, dass hier mit Zeitdruck und ohne ausreichende Informationen ein Vertrag abgesegnet werden sollte, wurde dann am 15. Dezember nicht mehr benannt.
Denn auf der anderen Seite stehen ja tatsächlich das Wohl der Kinder und die Tatsache, dass ihre Lernbedingungen deutlich verbessert werden müssen.
Das kann die Stadt aber nicht auf Grundstücken, die ihr nicht gehören. Der Schulstandort in Gundorf war nur von der Kirche gepachtet. Man musste also einen Weg finden, das ganze Schulgrundstück in städtischen Besitz zu bekommen.
Acker gegen Schulgrundstück
Das passiert nun mit einem großen Grundstückstausch, wie die Vorlage feststellt:
„Der Abschluss des Vertrags zwischen der Stadt Leipzig und der ev.-luth. Kirchgemeinde Gundorf zur Auseinandersetzung des Kirchschullehns zu Gundorf über die als dessen Eigentum im Grundbuch von Böhlitz-Ehrenberg, Blätter 15, 903 und 1860 eingetragenen Flurstücke wird bestätigt. Mit der Auseinandersetzung erwirbt die Stadt Leipzig das Eigentum am 1.944 m² großen Schulgrundstück Flurstück 5/1 der Gemarkung Gundorf im Tausch gegen Teilflächen von ca. 42.350 m² des überwiegend landwirtschaftlichen Flurstücks 457/44 sowie ca. 380 m² des Flurstücks 457/17 der Gemarkung Gundorf und gegen Zahlung eines Wertausgleichs von 200.000 €.“
Das sind eine Menge Hektar Acker und Bauland, die die Stadt hergibt für das Grundstück, wie Andreas Geisler es formulierte. Und sie legt noch 200.000 Euro obendrauf, weil das Kirchlehn deutlich höhere Bodenrichtwerte hat als die eingetauschten Ackerflächen.
„Auf Grundlage eines Staatsvertrags und einer Rahmenvereinbarung mit der Landeskirche zu vermögensrechtlichen Fragen der Kirchschullehn soll das Kirchschullehn zu Gundorf auseinandergesetzt werden, um das Schulgrundstück aus dem gestifteten Sondervermögen in alleiniges Eigentum der Stadt Leipzig zu übertragen. Im Grundsatz ist eine Gegenleistung vorgesehen in Höhe des Verkehrswertes von Grund und Boden bei unentgeltlicher Übertragung der Bauwerke auf dem zu Schulzwecken genutzten Grundstück“, formuliert es die Vorlage.
Gespalten im Grundstücksverkehrsausschuss
Aber dann sollte es im Grundstücksverkehrsausschuss auf einmal ganz schnell gehen:
„Aus folgenden Gründen wird der Grundstücksverkehrsausschuss gebeten, sich mit der Vorlage in seiner Sitzung am 10.10.2022 zu befassen: Um Nachverhandlungen über erneute Anpassungen wegen Zeitablaufs bis zur stadtseitigen Gremienzustimmung zu vermeiden, wurde der ausgehandelte Vertrag am 29.08.2022 unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Grundstücksverkehrsausschusses beurkundet. Mit Beschluss der Bestätigung wird der Vertrag rückwirkend wirksam. Für die Bestätigung wurde eine Frist bis 31.10.2022 gesetzt, nach deren Ablauf der Vertrag unwirksam wird.“
Natürlich wurde die Frist nicht gehalten. Der Ausschuss lehnte die Vorlage ab, obwohl den meisten Mitgliedern klar war, dass Leipzig hier dringend investieren muss.
Nämlich schon im nächsten Jahr: „Die Baumaßnahme soll in 7/2023 beginnen. Die Fertigstellung ist für 7/2025 vorgesehen. Der Auseinandersetzungsvertrag als dafür notwendige Voraussetzung soll nach Beschluss vollzogen werden.“
Denn das 1887 erbaute Schulgebäude, das seit 1945 allein von der Stadt genutzt wird, muss dringend modernisiert werden. Sechs moderne Klassenräume sollen entstehen.
Aber die Verhandlungen der Stadt mit der Kirche gestalteten sich augenscheinlich zäh und schwierig. In der Vorlage klingt das so:
„Die langwierigen Verhandlungen über die Auseinandersetzung und ihre Bedingungen mit der Notwendigkeit der Suche geeigneter Ersatzgrundstücke konnten erst im Mai 2022 zu einem endabgestimmten Vertrag geführt werden, wobei auf Forderung der Kirchgemeinde eine erneute Wertfortschreibung erforderlich wurde. Um weitere Anpassungen wegen Zeitablaufs bis zur stadtseitigen Gremienzustimmung zu vermeiden, wird der ausgehandelte Vertrag am 29.08.2022 mit zum Ablauf des Monats fortgeschriebenen Wertansätzen unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Grundstücksverkehrsausschusses beurkundet. Mit Beschluss der Bestätigung wird der Vertrag rückwirkend wirksam.“
Da der Grundstücksverkehrsausschuss aber die Vorlage ablehnte, blieb nur noch der Weg über die Ratsversammlung, noch 2022 zu einer Entscheidung zu kommen. Die Abstimmung war dann deutlich, auch wenn die Linksfraktion mit ihrer Ablehnung klarmachte, dass sie solche Vorlagen nicht für akzeptabel hält.
Dass die Schule in Gundorf auf dem Kantoratslehen unbedingt modernisiert werden muss, darin war sich die Ratsversammlung eigentlich einig. Die Vorlage bekam dann auch die nötige Mehrheit mit 33:9 Stimmen.
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