Normalerweise ist eine Stadt wie Leipzig dazu verpflichtet, Parkverstöße zu ahnden und das dauerhafte Falschparken im Stadtgebiet dauerhaft zu unterbinden. Dazu gehört einerseits das Ordnungsamt, das Falschparker verpflichtet wäre zu sanktionieren. Aber es gehört auch eine Straßenverkehrsbehörde dazu, die das Parkregime in den Straßen ordnet, in denen es augenscheinlich drunter und drüber geht. Aber auch da kennt Leipzigs Verwaltung schöne Ausreden.

Das erfuhr auch Maximilian Hesselbarth, der im September eine eigene Einwohneranfrage gestellt hatte. Ihn regte das Gehsteigparken in der Karl-Heine-Straße auf, das wir in der L-IZ auch schon mehrfach thematisiert haben. Denn eine entsprechende Ausweisung von Parkplätzen gibt es dort nicht. Und viele der dortigen „Parkplätze“ sind mit dem Pkw nur über den Gehweg zu erreichen.

„In Leipzig in der Karl-Heine-Straße im Abschnitt zwischen Kolbestraße und Erich-Zeigner-Allee parken regelmäßig 50 bis über 110 Fahrzeuge auf dem südlichen Gehweg zwischen Hausnummer 7 und ca. 27a. In diesem Bereich befinden sich zwei Kitas und eine Straßenbahnhaltestelle. Ca. ein Drittel der ‚Parkplätze‘ sind nur erreichbar, indem über den Gehweg gefahren wird. Gebrochene und lose Gehwegplatten kennzeichnen den geschädigten Gehweg“, stellte Maximilian Hesselbarth in seiner Einwohneranfrage fest.

„Es kommt zu Begegnungen, Behinderungen und Gefährdungen zwischen Fußgängern und Autofahrer, teilweise sogar zu Auseinandersetzungen. Fußgänger müssen zwischen Autos gehen, um in die Straßenbahn ein- und auszusteigen, was insbesondere für Mobilitätseingeschränkte und Eltern mit Kinderwagen zum Problem wird.“

In diesem Bereich ist kein Gehwegparken angeordnet, dazu müsste hier das Verkehrszeichen 315 angebracht sein. Und laut § 12 Abs. 4 StVO wäre hier der rechte Fahrbahnrand zum Parken zu benutzen.

Keine Maßnahme erkennbar

Doch wer das bei Ordnungsamt moniert, läuft – wie Hesselbarth – ins Leere: „Zwischen 14.06.2022 und 05.08.2022 wurde das Ordnungsamt mehrfach schriftlich und telefonisch darüber informiert. Jedoch war zu keinem Zeitpunkt eine Maßnahme erkennbar: Weder wurden Strafzettel verteilt, noch wurden Fahrzeug vom Gehweg entfernt.“

Hier wird also das Gehwegparken geduldet und nicht geahndet.

Hesselbarth verwies dabei auf die Antwort auf eine Einwohneranfrage von Alexander John, in der das Ordnungsamt die Duldung abstritt: „Unabhängig des Vorgenannten unterliegt die Überwachung des ruhenden Verkehrs den gesetzlichen Vorschriften unter Beachtung der Rechtsprechung. Eine Duldung kann daher nicht ausgesprochen werden.“

Und ganz genauso antwortete ihm das Ordnungsamt auf seine Einwohneranfrage: „Die Überwachung des ruhenden Verkehrs unterliegt den gesetzlichen Vorschriften unter Beachtung der Rechtsprechung. Eine Duldung kann daher nicht ausgesprochen werden und somit existiert auch keine entsprechende Weisung an die Beschäftigten der Verkehrsüberwachung. Die Anzeige und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten erfolgt bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen im pflichtgemäßen Ermessen.“

Können also die Ordnungsamtsmitarbeiter einfach hingehen und die ganze Wagenreihe mit einem Knöllchen versehen?

Es passiert irgendwie nicht.

Und das hat möglicherweise auch mit der Bequemlichkeit eines anderen Amtes zu tun. Das wird deutlicher in der Antwort auf Hesselbarths Frage „Wer kommt für die Gehwegschäden auf?“

Wer bezahlt die Gehwegschäden?

„Die bauliche Unterhaltung aller gewidmeten Gehwege in der Stadt erfolgt durch das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA), so werden auch notwendige Reparaturarbeiten durch das VTA veranlasst“, lautet die.

Aber dann wird es schon ein wenig abenteuerlich, wen das Ordnungsamt schreibt:

„Die stadteinwärtigen Gehwegabschnitte der Karl-Heine-Straße von Kolbestraße bis Erich-Zeigner-Allee besitzen Oberflächenbefestigungen aus Gehwegplatten und Asphalt mit unterschiedlichen Gehwegzuständen. In den Abschnitten treten immer wieder Schadstellen auf. Die Ursache hierfür sind das Alter und der konstruktive Aufbau der Gehwege, die Wurzeltriebe der Straßenbäume und in geringem Umfang auch die Überfahrungen mit Kraftfahrzeugen.“

Die Stadt weiß also um die Gehwegschäden durch „Überfahrungen mit Kraftfahrzeugen“. Und damit auch vom Überfahren der Gehwege. Sie sieht aber keinen Grund, das zu unterbinden.

Lieber flickt man den Gehweg: „Die Schadensbeseitigung erfolgt bei Erfordernis im Rahmen der laufenden Unterhaltung, die Kosten hierfür trägt die Stadt. Schadensersatzforderungen gegenüber den ‚Gehwegparkern‘ können in der Regel nicht geltend gemacht werden, da dies nur möglich wäre, wenn einem Fahrzeugführer eine konkrete Beschädigung eindeutig nachgewiesen werden könnte.“

Klare Verhältnisse erst 2028

Dann wird es erst recht kurios, wenn das Ordnungsamt betont: „Das Dezernat für Stadtentwicklung und Bau weist zudem auf den Verwaltungsstandpunkt VII-A-06198-VSP-01 hin, in dem dargelegt wurde, dass der grundhafte Ausbau auch dieses Straßenabschnitts als Komplexmaßnahme in der Umsetzung der Mobilitätsstrategie in der Maßnahmenliste II-10a unter der Nummer i-43 enthalten und für die Jahre 2027–2028 vorgesehen ist.“

In diesem Verwaltungsstandpunkt hieß es dazu:

„Analog zur Käthe-Kollwitz-Straße ist der grundhafte Ausbau der Zschocherschen Straße/Karl-Heine-Straße als Komplexmaßnahme in der o.g. Maßnahmenliste II-10a unter der Nummer i-43 enthalten und für die Jahre 2027–2028 vorgesehen. Neben der Erneuerung der Straßenbahnbetriebsanlagen (Gleise, Fahrleitungsanlagen, barrierefreie Haltestellen) und Versorgungsleitungen ist eine Anpassung des Straßenraumes an die aktuellen Nutzungsansprüche und somit auch die Einordnung von regelgerechten Gehwegen und Radverkehrsanlagen vorgesehen.

Der Planungsumfang erstreckt sich auf den Abschnitt der Zschocherschen Straße zwischen Adler und Erich-Zeigner-Allee und beinhaltet parallel dazu den Ausbau der Karl-Heine-Straße zwischen Walter-Heinze-Straße und Kolbestraße (Anschluss an die abgeschlossene Baumaßnahme Plagwitzer Brücke). Derzeit läuft das erforderliche Verfahren zur EU-weiten Ausschreibung der Planungsleistungen. Nach Abschluss dieses Verfahrens kann mit den Planungen voraussichtlich im I. Quartal 2022 begonnen werden.“

Was ja zur Folge hat, dass das Gehwegparken noch weitere sechs Jahre geduldet werden soll.

„Dabei ist auch eine Anpassung des Straßenraums an die aktuellen Nutzungsansprüche und somit auch die Einordnung von regelgerechten Gehwegen und Radverkehrsanlagen vorgesehen. Der Planungsumfang beinhaltet den Ausbau der Karl-Heine-Straße zwischen Walter-Heinze- und Kolbestraße.

Die erforderliche EU-weite Ausschreibung der Planungsleistungen hat bereits stattgefunden und die Planung ist beauftragt. Wie üblich, wird mit dem Vorliegen eines Planungsentwurfs sodann eine Gremien- und Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt und das Vorhaben bis zu einem Bau- und Finanzierungsbeschluss geführt“, betont die Verwaltung in der Antwort für Maximilian Hesselbarth.

Dann gibt es hier wohl endlich ordnungsgemäße Radwege und auch endlich ein StVO-konformes Stellplatzregime.

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