Leipzig muss sich ändern. Die in Jahrzehnten des motorisierten Autoverkehrs entstandenen Straßenstrukturen sind nicht zukunftsfähig. Sie bieten keine Aufenthaltsqualität, sind keine Orte der Begegnung. Wie Stadtquartiere in Leipzig künftig aussehen können, das wird auch zur Europäischen Mobilitätswoche vom 16. bis 22. September wieder ausprobiert. Der Superblocks Leipzig e. V. lädt dazu wieder in den Leipziger Osten ein.

Mit zahlreichen Aktionen will der Verein den öffentlichen Raum neu denken und die Vision einer nachhaltigen und gerechten Stadt der Zukunft sichtbar auf die Straße bringen. Ausgehend von der Idee des „Superblocks“ aus Barcelona reagiert das Projekt auf die spezifischen Herausforderungen dicht besiedelter und sozial gemischter urbaner Quartiere.

Vorbild Barcelona

In Barcelona beschreibt die Bezeichnung „Superblocks“ einen Straßenblock von etwa 400 mal 400 Meter beziehungsweise drei mal drei Häuserblocks, in dem der Kfz-Verkehr neu organisiert wird. Ein clever durchdachtes System von Diagonalsperren und Einbahnstraßen führt dazu, dass Kfz-Verkehr das Wohnviertel nicht mehr durchqueren kann.

Zu Fuß Gehende und Radfahrende haben Vorrang, die verbleibenden Autos dürfen nur mit 10 bis 20 km/h ein- oder ausfahren. Der öffentliche Verkehr wird an den Außenkanten der Superblocks optimiert.

Der dadurch gewonnene Straßenraum wird neu genutzt: Es entstehen grüne Flächen, Zonen zum Entspannen werden errichtet und zum Beispiel Tischtennisplatten aufgestellt.

Das Ziel des Superblocks Leipzig e. V. ist es, das Konzept aus Barcelona so gut wie möglich auf den Leipziger Osten zu übertragen und somit den Straßenraum als öffentlichen Raum „zurückzuerobern“, sichere Verkehrswege und auch grüne Oasen ohne jeglichen motorisierten Individualverkehr zu schaffen.

Da sich die Menschen vor allem während der Pandemie stärker auf ihr direktes Lebens- und Wohnumfeld zurückziehen mussten, ist der Bedarf an einer nachhaltigen „Stadtentwicklung im menschlichen Maßstab“ weiter gestiegen.

Ideen für den Leipziger Osten

Miteinander, vernetzt, vielfältig: Über urbane Interventionen soll der öffentliche Raum in den Stadtteilen Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf neu gedacht und erlebt werden – insbesondere als wohnungsnaher Grün- und Freiraum für vielfältige, auch nichtkommerzielle Nutzungen und Aneignungen.

Die Vision gleicht Straßen, die zum erweiterten Wohnzimmer werden. Man hört Kinderlachen statt Autolärm, atmet frische Luft anstelle von Abgasen und kommt mit der Nachbarschaft ins Gespräch. Der Zusammenhalt wird gefördert und die Lebensqualität für Anwohnende steigt.

Das Projekt „Neue Nähen – Superblocks Leipzig“ fordert mehr Grün, weniger Verkehr und mehr Lebensqualität. Durch die temporäre Öffnung von einzelnen Straßen sowie der Erprobung von sogenannten Diagonalsperren werden verschiedene Abschnitte der nördlichen Seiten- und Parallelstraßen der Eisenbahnstraße temporär für Autos gesperrt, wie in folgender Darstellung dargestellt wird.

Vision: Potentielle Standorte für langfristige Verkehrsversuche durch Leipziger Superblocks Module in Volkmarsdorf / Neustadt-Neuschönefeld. Grafik: Superblocks Leipzig e.V.
Vision: Potenzielle Standorte für langfristige Verkehrsversuche durch Leipziger Superblocks Module in Volkmarsdorf / Neustadt-Neuschönefeld. Grafik: Superblocks Leipzig e. V.

Das schafft Raum, um die Straße zu bespielen, ein neues Miteinander zu erleben, verschiedene Meinungen dazu anzuhören und neu gewonnene Perspektiven zu diskutieren. Einer der Kooperationspartner ist der Verein Kollektiv Plus X, mit dessen Unterstützung auf eröffneten Straßenabschnitten temporäre Orte der Begegnung und des Austauschs entstehen.

Mit interaktiven Beteiligungsformaten sollen diese bis Mai 2024 mit anliegenden sozialen und kulturellen Akteuren bespielt und umgestaltet werden.

Das Projekt begann mit öffentlichen Aktionstagen im Mai und Juni 2022 nördlich der Eisenbahnstraße, um verschiedene Wegeverbindungen zu erproben und mit den Anlieger/-innen sowie Passant/-innen vor Ort ins Gespräch zu kommen.

Diese Aktionen werden im September erneut erprobt und dabei werden an der Idee der Superblocks entwickelte Szenarien für einen langfristigen Verkehrsversuch im Kerngebiet vorgestellt und während des Mitmachforums am 20. September mit allen Interessierten, sowie Gästen vom Verein Stadt.Raum.Gestalten. aus Leipzig, Stefan Lehmkühler von #Kiezblocks Berline (Changing Cities e. V.) und Aktiven der Initiative „Nürnberg autofrei!“ diskutiert.

Im November 2022 werden diese Konzeptvorschläge dem Projektbeirat, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Stadtverwaltung Leipzig, dem Stadtrat, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) sowie von Interessenverbänden und Zivilgesellschaft übergeben, um damit zu einer praktischen Umsetzung im Kontext der Verkehrswende und einer langfristigen städtebaulichen Entwicklung beizutragen.

SUPERBLOCKS-Programm zur Europäischen Mobilitätswoche

16. September: Parking Day 2022 14 bis 20 Uhr mit Workshops und Musik von DJ Marcela

Workshop Hildegardstraße als grünes Wohnzimmer mit „Studio Johey“ 17 bis 18:30 Uhr
Workshop Die Grüne Parade – Demo Vorbereitungen
Ort: Straßenraum Ludwigstraße zw. Hedwig- und Neustädter Straße, 04315 Leipzig

17. September: Die Grüne Parade 2022 14 bis 17 Uhr
Demo: Vorfahrt für Kinder Tempo 30, Zebrastreifen, Spielstraßen – dies sind unsere Forderungen an die Stadt Leipzig. Wir wünschen uns sichere Schulwege rund um die Eisenbahnstraße. Deshalb rufen wir zu einer Demo am 17. September 2022 auf. Gemeinsam möchten wir uns kreativ durch den Stadtteil bewegen – mit Luftballons, Schildern und Fahnen. Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Ob hüpfend oder stolzierend, wir bewegen uns sicher wie ein Schwarm durch die Straßen.
Start: Bauspielplatz Ost, Ludwigstraße 42/44, 04315 Leipzig

18. September: Straßenstammtisch 15 bis 19 Uhr
Lego Planspiel mit Gregor Assfalg (Pädagoge und Spieleentwickler). Mit diesem interaktiven Format rufen wir Anwohner/-innen zur spielerischen Beteiligung an der Umgestaltung des öffentlichen Straßenraums auf.
Ort: Hildegardstraße 56, vor der Kita Hildegardstraße, 04315 Leipzig

19. September: Straßenschule 14 bis 19 Uhr. Kennenlern- und Mitmachaktionen vor der Wilhelm-Wander-Schule, mit u. a. Margret Rasfeld (Autorin, „Frei Day: die Welt verändern lernen! : für eine
Schule im Aufbruch“), Silke Becker („Designing with Lego: The Eco-Cities of Tomorrow“
(Youngsters4Ecocities)
Ort: Schulze-Delitzsch-Straße 23, 04315 Leipzig, vor der Wilhelm-Wander-Schule, 04315 Leipzig

20. September: Mitmachforum 17 bis 19 Uhr
„Superblocks – Straßenraum im menschlichen Maßstab: Von der Theorie in die Praxis der nachhaltigen Stadt“. Runder Tisch im Straßenraum mit #Kiezblocks aus Berlin. Wir wollen gemeinsam mit euch und Gästen vom Verein Stadt.Raum.Gestalten. sowie dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

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