Eigentlich lebt es sich ganz ruhig in Lößnig. Na gut: An Radwegen fehlt es – etwa auf der Liechtensteinstraße und der Ernst-Toller-Straße. Und von der Pohlenzstraße und der Leisniger Straße ist es ein ganzes Stück zu laufen bis zur Haltestelle Raschwitzer Straße und zum Supermarkt. Da braucht man also ein Auto. Auch wenn eigentlich gar kein Parkraum vorhanden ist. Jedenfalls nicht in den schmalen Seitenstraßen.
So wie der Röthischen, der Teichgräber-, der Zehmisch-, der Leisniger und der Pohlentzstraße. Auch hier hat sich – wie in anderen Teilen Leipzigs, in denen sich das Ordnungsamt seit Jahren mit Kontrollen zurückhielt, eine Parkpraxis eingebürgert, die man so in keiner StVO finden wird: beidseitig wird halb auf dem Gehweg geparkt, sodass für Fußgänger nur noch ein schmaler Reststreifen übrig bleibt.
Eigentlich ein inakzeptabler Zustand, über den auch im Stadtbezirksbeirat Süd des Öfteren diskutiert wurde. Seit 2021 geht das so. Aber irgendwie schaffen es die Mitarbeiter des Ordnungsamtes nicht, auch mal nach Lößnig zu fahren und das ordnungswidrige Parken zu sanktionieren.
Stattdessen gibt es auch nach einem Jahr Rückmeldungen etwa in dieser Art: „In Reaktion auf Ihre wiederholten Hinweise auf zahlreiche Verkehrsordnungswidrigkeiten in Lößnig laufen aktuell noch verwaltungsinterne Abstimmungen zu möglichen Varianten zur Veränderung der Verkehrssituation. Von daher kann ich Ihnen leider noch keinen anderen Sachstand übermitteln als den im SBB Süd dargelegten. Auch wenn die Zwischennachricht Ihre Erwartungshaltung nicht befriedigen kann, muss ich Sie dennoch um Geduld bitten und versichere Ihnen, dass Sie baldmöglichst über die dann vorgesehenen Schritte informiert werden.“
Aber mittlerweile beschäftigen sich auch die Stadtratsfraktionen mit dem Thema und nerven die Verwaltung selbst mit Rückfragen, was da los ist.
Recht ausführlich berichtete die SPD-Fraktion über eine solcher Anfragen an die Verwaltung, von der sie sogar eine ausführliche Stellungnahme bekam.
Die Problematik ist bekannt
Darin gesteht die Verwaltung zu, dass man die inakzeptablen Verhältnisse in Lößnig durchaus schon wahrgenommen hat:
„Die Problematik der beidseitig teilweise auf den Gehwegen parkenden Pkw in Lößnig beschäftigt die Verwaltung schon länger. Wie in zahlreichen Wohngebieten reicht auch hier der zur Verfügung stehende Parkraum nicht aus, um den Bewohnerinnen und Bewohnern ausreichend Stellflächen anzubieten.
Die vorhandenen Straßenbreiten erlauben gemäß StVO nur ein einseitiges Parken am rechten Fahrbahnrand. Der Gesetzgeber schreibt allerdings keine Parkordnung für diese Fälle vor, das heißt, es dürfte auch auf beiden Seiten alternierend geparkt werden, und zwar dennoch so, dass eine Restfahrbahnbreite von 3,05 Metern verbleibt.
Diese dann zulässige Parkweise würde aller Erfahrung nach die Befahrung mit Entsorgungs- und Rettungsfahrzeugen erschweren, wobei die Verkehrsüberwachung in der Praxis keine Sanktionsmöglichkeiten hätte.“
Doch es ist nicht einmal ein Versuch zu sehen, wenigstens das einseitige Parken durchzusetzen und die Autos von den Fußwegen zu holen. Denn wo man im hypothetischen Fall keine Sanktionsmöglichkeiten hätte, hat man sie beim Gehwegparken eindeutig.
Das gibt die Verwaltung auch zu: „Selbstredend ist das derzeit praktizierte Gehwegparken nicht erlaubt und muss zukünftig unterbunden werden. Eine Beschwerdelage ist aktuell bis auf die wiederholten Hinweise von Herrn X nicht zu verzeichnen. Die Erfahrungen aus Anger-Crottendorf und Plagwitz lehren, dass die Bürgerschaft vor der Ahndung von Regelverstößen mitgenommen werden muss und die vorherige Prüfung und das Aufzeigen von Alternativen erfolgen sollte.“
Reguläre Parkanordnung als Modellversuch?
Wir haben den Herrn X anonymisiert, weil die Verwaltung den Namen auch gegenüber der SPD-Fraktion nicht hätte nennen dürfen. Aber sie hat ihn genannt und damit suggeriert, dass die Stadt eigentlich nur handeln müsste, wenn sich mehrere Anwohner über das wilde Parken beschweren würden.
Was aber wiederum falsch ist: Das Ordnungsamt ist gesetzlich verpflichtet, das Falschparken zu ahnden und auch diese Straßen regelmäßig zu kontrollieren. Dazu braucht es keinen Herrn X, der hier erst Anzeigen erstattet, ohne dass danach seit einem Jahr irgendetwas passiert.
Und wie reagiert das kontrollunwillige Ordnungsamt? – „Deshalb hat das Ordnungsamt gegenüber der Straßenverkehrsbehörde angeregt, entsprechend dem Modellversuch wie zum Beispiel im Stadtteil Reudnitz-Thonberg durch Markierung von Parkstreifen eine einseitige Parkordnung vorzugeben. Dadurch wäre eine durchgängige Befahrbarkeit der Wohngebietsstraßen gegeben, die für alle erkennbar ist und die Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zweifelsfrei möglich macht.“
Eigentlich ein sinnvoller Vorschlag, der sich mit etwas Pflasterfarbe und ein paar Verkehrsschildern in kürzerer Zeit umsetzen ließe.
Aber irgendwie können sich einige Verwaltungsmitarbeiter einfach nicht von ihrem Kaffeeplausch erheben, denn weiter erfuhr die SPD-Fraktion: „Der genannte Modellversuch wird derzeit verwaltungsintern ausgewertet, danach wird das VTA den Vorschlag prüfen.“
Wer prüft denn da so lange?
Es ist dasselbe Prozedere, das die Leipziger schon aus so vielen Vorgängen im Verwaltungshandeln kennen: Statt mit ein paar klaren Regelungen die StVO zeitnah durchzusetzen, wird noch einmal geprüft.
Und das auch noch mit der Erwartung, die Prüfung könne ein negatives Ergebnis bringen: „Für den Fall eines negativen Ergebnisses ist vorgesehen, verstärkte Verkehrsüberwachungsmaßnahmen im Wohngebiet Lößnig anzuordnen und zunächst für einen Übergangszeitraum die Verkehrsteilnehmer mit Hinweiszetteln auf die Verkehrsverstöße aufmerksam zu machen. Anschließend erfolgen entsprechende Anzeigen gegenüber der Zentralen Bußgeldbehörde.“
Was als Verwaltungsauskunft geradezu seltsam wirkt, denn das nicht StVO-konforme Parken muss jederzeit geahndet werden, nicht erst nach negativen verwaltungsinternen Abstimmungen.
Was im Antwortschreiben nicht erwähnt wird, sind die bestehenden Behinderungen und Gefährdungen für Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Radfahrer usw. Aber die kennen das ja und beschweren sich in Leipzig schon lange nicht mehr, dass sie im Fortkommen überall behindert werden.
Es bringt ja nichts. Außer vielleicht die winzige Hoffnung, dass die „verwaltungsinternen Abstimmungen zu möglichen Varianten zur Veränderung der Verkehrssituation“ noch zu ihren Lebzeiten zu Ergebnissen führen, die ihr Leben auf dem Rest des Weges wieder leichter machen.
Es gibt 2 Kommentare
Da könnte man jedes Wohngebiet aufzählen.
Dann wird noch der Firmenbulli und das Wohnmobil mit dazugestellt und zack, kommt kein Einsatzfahrzeug mehr in die Siedlung. Na herzlichen Glückwunsch.
Ähnliche Zustände gibt es in Marienbrunn. Von einer Restfahrbahnbreite von 3,05m bei einseitigem Parken kann dort in vielen Straßen nur geträumt werden. Von den zugeparkten Einmündungen gar nicht zu reden. Entsprechende Nachrichten an das Ordnungsamt blieben bisher unbeantwortet.