Ab heute wird es laut an der Gustav-Esche-Straße, treten die Sägen in Aktion und ein kleines Waldstück wird gefällt für die Baufeldfreimachung für die Gustav-Esche-Brücke II. Das ist die Brücke, die zwischen Nahle und Neuer Luppe mitten im Wald auftaucht. Sie überspannt einen Waldweg und eigentlich auch – wie es das Verkehrs- und Tiefbauamt ausdrückt – einen Nebenarm der Nahle. Und eigentlich soll hier – zumindest im Hochwasserfall – auch wieder Wasser fließen.
Was derzeit praktisch unmöglich ist. Denn Nahle und Neue Luppe haben sich seit über 100 Jahren tief in den Boden hineingefräst, weit unter die alte, über drei Meter dicke Schicht aus Aulehm. Der Nebenarm der Nahle ist deshalb auch kaum noch wahrnehmbar – unter der Brücke als kleine morastige Vertiefung unterm südlichen, vergitterten Bogen der Brücke.
Am 15. August sollen die Arbeiten zum Neubau der stark geschädigten Gustav-Esche-Brücke II über den Nebenarm der Nahle im Zuge der Gustav-Esche-Straße beginnen. Die alte, im Jahr 1928 errichtete Brücke ist in einem kritischen Zustand und kann nicht mehr saniert werden, betont das VTA.
Fließt hier künftig wieder Wasser?
Die Gustav-Esche-Brücke II liegt zwischen der über die Neue Luppe und Nahle führenden Gustav-Esche-Brücke I und der Leutzsch-Wahrener Brücke. Sie dient dem Wasserspiegelausgleich im Hochwasserfall, der generellen Wasserdurchgängigkeit im Rahmen des Projektes „Lebendige Luppe“ und des Auenentwicklungskonzeptes sowie der Querung durch Fußgänger, Radfahrer und Wildtiere, so das VTA.
Was zumindest Hoffnung macht, dass es Leipzigs Verwaltung ernst meint mit der Öffnung der Aue im Rahmen des Auenentwicklungskonzepts, das zum Jahreswechsel 2022/2023 vorgestellt werden soll.
Was auch bedeutet, dass die Sohle von Nahle und Neuer Luppe wieder deutlich angehoben werden muss, sonst helfen selbst Deichöffnungen nicht, um wieder Wasser in den Auwald zu lenken und die alten Wasserläufe dort wieder zu durchfluten.
Der Bau- und Finanzierungsbeschluss, dem der Stadtrat im April zugestimmt hat, erwähnt auch noch das Hochwasserschutzkonzept. Aber wenn Leipzig die Rettung der Aue wirklich ernst meint, muss auch das Hochwasserschutzkonzept neu geschrieben werden, sonst wird es weiterhin alle Versuche verhindern, der Aue wieder ihre natürlichen Wasserzuflüsse zurückzugeben.
Bau einer Umfahrung
Ab Montag, dem 1. August, werden im Baubereich bereits Bäume gefällt. Denn der Verkehr der hochfrequentierten Gustav-Esche-Straße wird während der Bauzeit über einen westlich unmittelbar neben der Brücke zu errichtenden Damm geführt. In weiterem Umkreis gibt es keine geeignete Umleitungsstrecke für den Verkehr, der über die Brücke rollt.
Dieser wird innerhalb miteinander verspannter Stahlspundwände aufgeschüttet, um nicht durch seitliche Böschungen weitere Beeinträchtigungen des Auwaldes zu verursachen. Trotzdem müssen hier 47 Bäume weichen, um die Umfahrung für den Brückenneubau bauen zu können.
Analog zum Bestand wird die Umfahrung mit Radfahrstreifen, zweistreifiger Fahrbahn und einem gemeinsamen Rad- und Gehweg ausgestattet.
Als Vorbereitung dieser Umfahrung und zwecks der notwendigen Baufeldfreimachung werden ab Montag, 1. August, Bäume im Baubereich gefällt. Der querende Waldweg unter der Brücke ist während der Bauzeit nicht nutzbar, teilt das VTA mit. Nach dem Ende der Baumaßnahme erfolge dann das Wiederanpflanzen und Renaturieren aller in Anspruch genommenen Flächen.
In der Vorlage heißt es dazu:
„Die Umfahrung erfolgt westlich neben der Gustav-Esche-Straße, da hier ein geringerer Eingriff wie (sic!) östlich nötig ist. Der Linienverlauf wurde so weit wie möglich an die Gustav-Esche-Straße herangerückt, um so viele Starkbäume wie möglich erhalten zu können.
Die Umfahrungsstrecke hat eine Länge von 165 m und wird als Damm hergestellt, welcher beidseitig von miteinander verspannten Spundwänden eingefasst wird, um die Eingriffe in die geschützten Bereiche des hochsensiblen Naturraumes so gering wie möglich zu halten. Die lichte Höhe des Dammes variiert zwischen ca. 0 m bei Anschluss der Gustav-Esche-Straße und ca. 3,2 m im Auwald.“
Bau bis Dezember 2023
Als ökologische Schutzmaßnahmen sind unter anderem der Beginn mit lärmintensiven Arbeiten außerhalb der Vogelbrutzeit sowie der Abtrag, die Lagerung und der Wiedereinbau von Wald-Oberboden des Baubereichs festgelegt. Darüber hinaus das Wiederanpflanzen von standortgerechten Bäumen und Gehölzen, ein Ausbringen von Nistkästen und eine ökologische Fällbegleitung und Bauüberwachung.
Der 5 Millionen Euro teure Ersatzneubau (Kostenrechnung von 2020) soll bis Ende Dezember 2023 fertiggestellt sein. Die neue Brücke erhält neben der zweistreifigen Fahrbahn auf der östlichen Seite einen gemeinsamen Geh- und Radweg sowie auf der westlichen Seite einen Radfahrstreifen und einen Notgehweg.
Wobei für den Radstreifen auf der Westseite gilt: „Um die Möglichkeit der späteren Anlage eines Radfahrstreifens auf der Ostseite offenzuhalten, wird die Kappe in Betongüte C 25/30 mit einer Arbeitsfuge hergestellt, sodass ein Teil später entfernt werden kann. Bei späterem Umbau stehen eine Gehwegbreite von 2,80 m und ein Radfahrstreifen von 1,85 m Breite zur Verfügung. Hergestellt wird das erst, wenn ein durchgängiger östlicher Radfahrstreifen in der Gustav-Esche-Straße angelegt wird, da sonst Anrampungen auf den Bestand erforderlich würden.“
Im Zuge der Arbeiten werden auch die Anlagen der Versorgungsträger mit Trinkwasser, Strom, Telekommunikation und Stadtbeleuchtung erneuert.
Ansonsten ist auch dieses Bauprojekt um Jahre im Verzug. Im Beschluss zum Neubau der Brücke über die Nahle hieß es im Oktober 2020: „In der Gustav-Esche-Straße sind wegen des schlechten Bauzustandes weiterhin die Gustav-Esche-Brücke II (II/11) über den Nebenarm der Nahle 2021 und die Gustav-Esche-Brücke I (II/6) über die Luppe 2022 durch Ersatzneubauten zu ersetzen. Eine Übersichtskarte befindet sich in der Anlage.“
Weder für den Brückenbau über die Neue Luppe noch für den über die Nahle gibt es bislang einen absehbaren Termin für den Neubau.
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Dank der Querungsmöglichkeit unter dieser Brücke ist/war es ja möglich, von Böhlitz-Ehrenberg/Burgaue/Kilometerweg gefahrlos nach Wahren/Auensee laufen zu können. Ist denn wenigstens angedacht, für die Zeit der Sperrung der Querung am Reitweg in Höhe der Nahlebrücke eine sichere Querung der Gustav-Esche-Straße zu ermöglichen (Rufampel, Zebrastreifen)?