Am Ende wurde nicht einmal mehr der Name erwรคhnt. Sang- und klanglos ging am 13. Juli in der Ratsversammlung das Zeitalter der LVZ-Druckerei in Stahmeln zu Ende, nachdem der Druckereibetrieb schon 2019 eingestellt worden war. So schnell wird ein Straรenname zur letzten Erinnerung. Gedruckt wird in der Druckereistraรe kรผnftig nichts mehr.
Und nicht nur in der kurzen Behandlung in der Ratsversammlung fiel der Name des Unternehmens nicht, das hier bis 2019 seine Zeitungen drucken lieร. Das des anderen Unternehmens stand nur im Titel der Vorlage: โGewerbegebiet Stahmeln, Druckerei Springerโ.
Die kurze Geschichte einer Druckerei
Aber die Geschichte dieses kurzen Zeitalters einer Zeitungsdruckerei erzรคhlt die Vorlage dann โ schรถn kryptisch, wie man nachlesen kann: โIm Jahr 1990 wurde von der ehemals selbststรคndigen Gemeinde Stahmeln der erste Vorhaben- und Erschlieรungsplan nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung mit der Vorhabenbezeichnung โDruckerei Sรผd, Stahmeln bei Leipzig, Gewerbegebietโ aufgestellt und im gleichen Jahr in Kraft gesetzt. Am 01.01.1999 hat sich Lรผtzschena-Stahmeln im Zuge der Gemeindegebietsreform der Stadt Leipzig angeschlossen.
Die aktuelle Nummerierung und Benennung wurde nach der Eingemeindung in VE-Plan Nr. E-81 โGewerbegebiet Stahmeln, Druckerei Springerโ geรคndert. Seither wurden die Planinhalte des VE-Planes Nr. E-81 nahezu vollstรคndig umgesetzt. Das betrifft insbesondere die Errichtung des Gebรคudekomplexes einschlieรlich Druckerei, Versand- sowie Rotationshalle, Versandstraรe und Rollenlager, die Erschlieรungs- und Stellplatzflรคchen sowie im รผberwiegenden Maรe die Baumpflanzungen.
Die Flรคchen des Aufhebungsgebietes sind als Gewerbe- und Industriegebiet festgesetzt worden. Bauherr des Verlags- bzw. Druckereigebรคudes war ein profiliertes Medienunternehmen. Das Grundstรผck ging im Jahr 2009 gรคnzlich an die Miteigentรผmerin, eine andere renommierte Medien- und Verlagsgesellschaft, รผber.โ
Wohinter sich natรผrlich die Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft (LVDG) verbirgt, Herausgeberin der LVZ, die seit Schlieรung der Druckerei in Halle gedruckt wird.
Neue Nutzung fรผr das Gelรคnde
โIm Jahr 2020 erwarb ein Unternehmen, welches seinen Hauptsitz in den Niederlanden hat und dessen Kerngeschรคft im Handel, in der Vermietung, Vermittlung und Verwaltung von Immobilien liegt, das Grundstรผckโ, heiรt es weiter in der Vorlage.
โWesentliche Teile des Druckzentrums werden seither weiterhin von der oben genannten Verlagsgesellschaft als Mieterin genutzt bzw. betrieben. Infolge des Umstrukturierungsprozesses konzentriert sich die Gesellschaft auf die Bereiche Verwaltung, Logistik, Vertrieb und den Geschรคftsbetrieb des Postzustellers. Damit einher geht ein reduzierter Raum- und Produktionsbedarf. Die fรผr den Druckbetrieb erforderlichen Einrichtungen dagegen wurden weitestgehend zurรผckgebaut. Die Mehrzahl der ursprรผnglich vorhandenen Arbeitsplรคtze ist weggefallen.โ
Der Postzusteller ist die LVZ-Post. Aber die braucht natรผrlich das riesige Druckereigebรคude nicht.
Um das vermarkten zu kรถnnen, muss aber der alte Erschlieรungsplan aufgehoben werden, der hier den Betrieb einer Druckerei zur Voraussetzung macht.
โAnlass fรผr die Aufhebung ist die beabsichtigte Umgestaltung des Bestandsgebรคudes durch die Eigentรผmerin sowie die potenzielle Entwicklung und Nutzung eines Teilgrundstรผcks durch eine Telekommunikationsanbieterin und in diesem Zusammenhang die obsolet gewordene Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung des rechtskrรคftigen VE-Planes.โ
Was am 13. Mai dann auch mit 44:1 Stimmen erfolgte.
Der Ortschaftsrat sagt โNeinโ
Die eine Gegenstimme gehรถrte SPD-Stadtrat Andreas Geisler, der zu diesem Punkt auf der Tagesordnung recht empรถrt aus der Sitzung des Ortschaftsrats Lรผtzschena-Stahmeln berichtete, der am 4. Juli komplett gegen den Aufhebungsbeschluss gestimmt hatte. Nach Geislers Interpretation, weil der Ortschaftsrat mal wieder nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen worden war. Fรผr ihn Zeichen dafรผr, dass sich Leipzigs Verwaltung nach wie vor schwertut, die Ortschaftsrรคte frรผhzeitig zu informieren.
Also eine reine Trotzreaktion?
Nicht ganz. Denn die Grรผnde, die der Ortschaftsrat gegen die Aufhebung auflistete, haben durchaus Gewicht, wie man im Protokoll der Sitzung nachlesen kann: โDer Ortschaftsrat Lรผtzschena-Stahmeln vertritt die Auffassung, dass die Beschlussvorlage VII DS-06988 insgesamt abzulehnen ist, weil damit auch die bisher bestehenden Auflagen gemรคร Seite 15 der Vorlage Pkt. 3.3 bis 3.8 gegenรผber den Eigentรผmern beseitigt werden. Der Ortschaftsrat ist der Meinung, dass diese Auflagen bestehen bleiben mรผssen, um die Anlieger und die Umwelt zu schรผtzen. Die Vorlage ist deshalb zu รผberarbeiten.
Folgende Auflagen mรผssen bestehen bleiben:
โ Mindestabstand der Bebauung von 20 m zur Grundstรผcksgrenze zum im Westen angrenzenden Kleinsiedlungsgebiet,
โ Offene Bauweise gemรคร ยง 22 BauVO bei Gewรคhrleistung vorbeugender Brandschutzmaรnahmen sind Gebรคudelรคngen und โtiefen รผber 50 bis 200 m zulรคssig,
โ Die erforderlichen Parkstellflรคchen sind auf dem Baugrundstรผck in voller Hรถhe auszuweisen,
โ Mindestens 5 % der Grundstรผcksflรคchen sind fรผr die Groรgrรผnbepflanzung, nebst entlang der Grundstรผcksgrenzen auszuweisen,
โ Totale Bodenversiegelungsmaรnahmen fรผr Flรคchen des ruhenden Verkehrs sind nicht gestattet,
โ Fassadenbegrรผnung fรผr Auรenansichten sind auf mindestens 30 % der Auรenflรคchen vorzusehen.
Der Ortschaftsrat lehnt die Beschlussvorlage VII-DS-06988 ab.โ
Das ist deutlich mehr als ein Nicht-Gefragtwerden. Das wรคre am 13. Juli tatsรคchlich eine Debatte wert gewesen. Oder โ was der Ortschaftsrat leider nicht getan hat โ einen eigenen รnderungsantrag, der genau diese Punkte zum Beschluss gemacht hรคtte. Manchmal ist ein โNeinโ zu wenig. Wobei das dann trotzdem im anschlieรenden Planverfahren einflieรen kann. Denn mit der Aufhebung des alten Erschlieรungsplanes wird ja erst der Startschuss gesetzt fรผr ein neues Bauleit-Planverfahren, das die Konturen fรผr all das vorgibt, was hier kรผnftig baulich mรถglich sein soll.
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher