Durch eine โbessere Abstimmung mit der Polizeiโ will Leipzigs Ordnungsbรผrgermeister die Wildpark-Probleme rund um das Sportforum in den Griff bekommen. Erst im Mai beantworte sein Dezernat dazu die Fragen der Grรผnen-Fraktion, die thematisierten, was da nicht nur am 28. April beim Spiel von RB Leipzig gegen die Glasgow Rangers falschgelaufen war. Doch bei den Konzerten von Rammstein, die zweimal auftraten, und Elton John war es dann wieder genau dasselbe.
Das Verkehrskonzept rund um das Sportforum ist gescheitert. Und eine groรe Aktie daran hat das Leipziger Ordnungsdezernat. Auch wenn es so tut, als lรคge es nur am fehlenden Kontrollpersonal. Solches hat das Amt genug. Doch schwerpunktmรครig wird es eingesetzt, um das unberechtigte Einfahren ins Waldstraรenviertel zu verhindern. Da wird jede Straรeneinfahrt gesperrt und kontrolliert und man hat das vage Gefรผhl, den Verantwortlichen im Rathaus geht es um gar nichts anderes.
โBei den jรผngsten Groรveranstaltungen (Rammstein, Elton John) in der Red-Bull-Arena wurden in Leipzig, insbesondere in den angrenzenden Wohnvierteln, Rad- und Fuรwege sowie Parkanlagen zugeparktโ, schreibt die SPD-Fraktion in ihrer jรผngsten Stadtratsanfrage.
Wobei man bei den โangrenzenden Stadtviertelnโ das Waldstraรenviertel ausnehmen kann. Dafรผr wurde der Marienweg im Rosental komplett zugeparkt. โDie Autos werden kreuz und quer mitten im โWohnzimmerโ der Tiere und Pflanzen abgestelltโ, schreibt uns Elke Hanewinkel in einem Leserbrief, in dem sie Foto fรผr Foto dokumentiert, wie die Autos bis ins Unterholz hinein geparkt wurden.
Eine Kontrolle im Marienweg war an diesem Tag, dem 29. Mai, als Elton John zum Konzert in Leipzig war, weit und breit nicht zu sehen.
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Empfehlungen statt klare Vorgaben
Von einer Lenkung fรผr die Konzertbesucher merkte man auch nichts. Die Fahrzeuge kamen aus Magdeburg, Saarbrรผcken, aus Detmold, Mรคrkisch-Oderland, dem Jerichower Land, Kassel, Minden, Ansbach โฆ also aus allen Himmelsrichtungen. Nur scheint niemand diese Reisenden darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass es am Stadtrand P+R-Parkplรคtze gibt und Straรenbahnen bis zum Sportforum fahren.
Dafรผr scheint der Buschfunk bestens zu funktionieren, wo man in Leipziger Stadionnรคhe doch noch sein Auto abstellen kann, schรถn im Grรผnen und ungestรถrt von irgendwelchen stรคdtischen Kontrolleuren, die vielleicht mal den Mut aufbringen wรผrden, all diese Autos abschleppen zu lassen, wรคhrend ihre Besitzer feiern.
Denn was das Ordnungsdezernat in seiner Antwort an die Grรผnen erklรคrte, erzรคhlt ja nicht von einem Naturereignis: โMit vollstรคndiger Umsetzung des Bewohnerparkens im Waldstraรenviertel sind nun Verdrรคngungseffekte augenfรคllig, die zum verbotswidrigen Parken in anderen Wohngebieten, Grรผn- und Erholungsanlagen etc. fรผhren. Die Entlastung des Waldstraรenviertels ging spรผrbar zulasten der westlich gelegenen Viertel.โ
Eine Aussage, die sowieso die Frage aufwirft, was da in der Verwaltung zum Wildparken rund ums Stadion eigentlich die ganze Zeit diskutiert wird. Denn ein funktionierendes Konzept, das die Konzertreisenden schon am Stadtrand auf die P+R-Plรคtze lenkt und jedes illegal abgestellte Auto am Sportforum abschleppen lรคsst, gibt es nicht. Seit elf Jahren drรผckt sich Leipzigs Verwaltung um diese klare Handlungsmaxime.
Mit dem Ergebnis, dass sich in der ganzen Bundesrepublik herumgesprochen hat, dass man mit dem Leipziger Ordnungsamt sowieso Katz und Maus spielen kann. Zu wirklich wirksamen Eingriffen in das Wildparken ist es bis heute nicht bereit.
Das geheimnisvolle Rosental
Es geht auch nicht um Baumstรคmme, mit denen das Ordnungsamt die Waldwege verbarrikadieren kรถnnte, wie das Ordnungsdezernat andeutete. Was man tatsรคchlich tut, ist bestenfalls Feuerwehr zu spielen mit unzureichenden Krรคften, wie es in der Antwort hieร:
โVor jedem Fuรballspiel oder sonstigen Groรveranstaltungen in der Red Bull-Arena wird das jeweilige Verkehrskonzept in einer Pressemitteilung bekannt gegeben. Regelmรครig wird dort auf die sehr begrenzte Anzahl an Stellflรคchen hingewiesen sowie das Angebot an P&R-Plรคtzen und die Nutzung des kostenfreien รPNV empfohlen.โ
In diesem โempfohlenโ steckt die ganze Angst eines mutlosen Ordnungsdezernats, das nicht bereit ist, das P+R-Konzept in Leipzig tatsรคchlich durchzusetzen.
Und genau diesen Verdacht hegt man auch in der SPD-Fraktion im Stadtrat. Und genau darauf zielen auch die Fragen, die die SPD-Fraktion gestellt hat.
Und auch Elke Hanewinkel fragt sich das: โWarum darf im Wald gratis geparkt werden? Die Wohngebiete der Menschen werden bei Veranstaltungen abgesperrt, um den Verkehr zu lenken. Mitten im Wohngebiet der Tiere ist Parken mรถglich. Warum wird der Marienweg bei Veranstaltungen nicht gesperrt, um die wertvolle Natur zu schรผtzen?โ
Vier Wรผnsche hรคtte sie nur zu gern erfรผllt:
(1) absolutes Halteverbot auf dem Marienweg
(2) drei ausgewiesene Parkplรคtze am Grillplatz.
(3) alle Seitenwege sperren (Poller)
(4) bei Veranstaltungen die Zufahrt kontrollieren
Jetzt mal Zahlen auf den Tisch, sehr geehrte Stadtverwaltung
Denn ins Rosental trauen sich die Ordnungsamtsmitarbeiter/-innen augenscheinlich gar nicht.
Aber dass da etwas vรถllig falsch lรคuft in Leipzigs Verwaltung, die dumme Ahnung wird eben auch die SPD-Fraktion nicht los.
Und so fragt sie jetzt:
1. Wie schรคtzt die Stadtverwaltung die Situation im Umfeld des Stadions bei Veranstaltungen ein? Was unternimmt die Stadt oder hat die Stadt Leipzig vor den Verstรถรen gegen die Straรenverkehrsordnung kapituliert?
2. Wie werden die Park-and Ride-Parkplรคtze โ auch in Kooperation mit den Veranstaltern โ beworben?
3. Wie viele Bedienstete der Verkehrsรผberwachung des Ordnungsamtes waren an den Veranstaltungstagen im Umfeld der Veranstaltungen im Einsatz? (Bitte Aufschlรผsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
4. Wie viele Strafzettel wurden bei den Konzerten und Sportveranstaltungen im Mai in der Red-Bull-Arena und im Umfeld verteilt? (Bitte Aufschlรผsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
5. Wie oft wurden Fahrzeuge am Rande der Konzerte und Sportveranstaltungen abgeschleppt? (Bitte Aufschlรผsselung nach Tagen bzw. Ereignissen.)
6. Neben zugeparkten Rad- und Fuรwegen war zuletzt auch auffรคllig, dass auf Grรผnflรคchen geparkt wurde. Was unternimmt die Stadt, insbesondere gegen zugeparkte Grรผnflรคchen?
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 3 Kommentare
Es ist allem voran erstmal ein gesellschaftliches Armutszeugnis, dass gewisse Grundprinzipien nicht be- und geachtet werden. Das Parken auf Grรผnflรคchen per se eine schlechte Idee ist, sollte Common Sense sein.
Und bei Fehlverhalten muss der Staat reagieren. Kurzfristig mit Ahndung der Verbote, langfristig mit kreativen Lรถsungen von Leuten, wie @Christoph sie schon ansprach. Die รถffentliche Raumgestaltung muss zum einen durch physische Barrieren solche Situationen wie die im Text beschriebenen vermeiden, zum anderen einen Beitrag leisten, der fรผr die Bevรถlkerung einen Doppelnutzen bringt. So gibt es in Berlin mancherorts โParkletsโ, Baumstรคmme als Sitzplรคtze. Zum einen behindern diese das widerrechtliche Befahren von Arealen, zum anderen hebt es die Aufenthaltsqualitรคt (und kรถnnte mit Bepflanzung auch was fรผrs Stadtgrรผn sein). Die Radwege mรผssen augenscheinlich zwingend โ wenn auch nur temporรคr im Rahmen von Veranstaltungen โ zur Protected Bike Lane werden, bspw. durch โLeitboysโ.
Wenn man aktiv Entscheidungen trifft, dann trรคgt man dafรผr direkt die Verantwortung.
Hier schwingt mMn. immer die Angst mit, etwas nicht richtig zu machen. Deswegen am Besten noch eine Studie und noch ein Rechtsgutachten, damit ja immer alles zu 100% abgesichert ist.
Das dauert und dann kann man schรถn Vorgรคnge hin und her schieben, keiner trรคgt die Verantwortung.
Wenn nichts entschieden wird, kann die Verwaltung immer sagen: โWar schon soโ oder โMachen wir schon immer soโ.
Und sicherlich sitzen an einigen Stellen auch falsche Leute. Das gibt es in jedem Unternehmen, vielleicht in der Verwaltung nur besonders ausgeprรคgt.
Wo man auch hinschaut: Bienenschutzsatzung, Grรผnschutz, Parkkonzept โ der Fisch stinkt vom Kopf. Vielleicht braucht es einfach neue Leute, welche, die gestalten und nicht nur Bedenkentrรคger sind.
Warum tut sich das Dezernat/die Verwaltung eigentlich so schwer?