Das ist ein Novum, auch wenn dem Stadtrat immer öfter Vorlagen der Verwaltung auf den Tisch purzeln, die immer neue Baukostensteigerungen beinhalten. Aber dass es einen solchen Nachschlag für eine Brücke gibt, die vor einem Jahr schon eingeweiht wurde, das ist neu. Und Linke-Stadträtin Franziska Riekewald zeigte sich denn am 19. Mai auch entsprechend verärgert.
Es war übrigens schon die 3. Änderung zum Finanzierungsbeschluss für die Brücke im Verlauf der Straße des 18. Oktober über die S-Bahn Richtung Völkerschlachtdenkmal. „Die Gesamtkosten für Planung und Bau für den Brückenneubau erhöhen sich um 1.683.099,91 Euro von 6.730.000,00 Euro auf 8.413.099,91 Euro“, stand jetzt auf einmal in dieser Vorlage.
Und nicht nur Franziska Riekewald fragte sich, wie es jetzt nachträglich noch zu einer so deutlichen Kostenerhöhung kommen konnte. Sie ging zwar auf die Probleme der nach außen geneigten Widerlager und der „unerwarteten Oberleitungen“ der Bahn ein, die zur Kostensteigerung beitrugen.
Und auch dass die Stadt noch 40.000 Euro aufwenden musste, um die Brücke für die Eröffnung am 1. Juni 2021 wieder schmuck zu machen, fand sie seltsam, da dieser Posten ja eigentlich von der Baufirma hätte getragen werden müssen (in der Vorlage stehen dafür 22.466,82 Euro).
Wieder nicht mit kontaminierten Böden gerechnet
Aber die Probleme stecken in einigen anderen Details. Denn von den knapp 1,7 Millionen Euro entfielen zum Beispiel 455.286 Euro auf zusätzliche Entsorgungskosten für kontaminierten Bodenaushub. In der Vorlage heißt es dazu: „Die kontaminierten Böden und Baumaterialien waren somit nicht wie bauvertraglich vorgesehen wiederverwendbar und wiedereinbaubar, sondern waren in zugelassenen Einrichtungen und Deponien zu entsorgen. Die Entsorgung wurde vom Verkehrs- und Tiefbauamt direkt beauftragt und bezahlt.“
Ein Punkt, an dem Franziska Riekewald natürlich recht hat mit ihrer Kritik: In Leipzig wurde in den vergangenen 30 Jahren so viel gebaut, dass auch die städtischen Planer wissen müssten, dass überall mit stark kontaminierten Böden gerechnet werden muss, nachdem die verschiedensten Gesellschaftssysteme in den vergangenen 150 Jahren schlicht nachlässig bis verantwortungslos mit allerlei Ölen und sonstigen Flüssigkeiten umgingen, die das Erdreich überall im Stadtgebiet, wo in irgendeiner Weise gewirtschaftet wurde, kontaminiert haben.
Und bei dieser Summe wird es wohl nicht bleiben, wie das Planungsdezernat andeutet: „Das Laden und der Transport der Materialien von der Baustelle zu den Entsorgungseinrichtungen wurde vom beauftragten Bauunternehmen übernommen und hat zu weiteren Mehrkosten geführt, die mit einem weiteren Nachtragsangebot zur Prüfung vorgelegt worden sind. Teilweise war eine Zwischenlagerung der Baumaterialien notwendig, um die Baufreiheiten für andere Bauaktivitäten gewährleisten zu können.
In Summe liegen momentan 30 Nachtragsangebote der beauftragten Baufirma nebst Nachunternehmern vor, die sich auf eine ungeprüfte Angebotssumme von 1.227.813,74 € brutto belaufen. Alle Nachtragsangebote werden vor der stadtseitigen Beauftragung durch das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Leipzig überprüft und mitgezeichnet.“
Das wird dann wohl im 4. Nachtragsbeschluss als Summe auftauchen.
Lauter vergessene kleine Posten?
Auch die Sicherung der Steilböschung schlug mit zusätzlichen 100.000 Euro zu Buche. Ein zusätzlicher Berührungsschutz schlug mit 39.742 Euro zu Buche, die Oberflächenbehandlung des Gussasphalts mit 31.275 Euro, weitere „zusätzliche Leistungen Straßenbau“ mit 49.214 Euro.
Die Liste ist tatsächlich verblüffend lang. Und zu Recht fragt Franziska Riekewald, ob das tatsächlich alles Leistungen sind, die man bei der Planung seit dem Jahr 2017 einfach nicht berücksichtigt hat. Normalerweise müssten etliche dieser Posten spätestens in der Ausschreibung auffallen.
Und die Frage steht natürlich im Raum, ob die Ratsversammlung solche Nachschläge einfach akzeptieren muss oder dafür auch einmal jemand zur Rechenschaft gezogen wird, der hier augenscheinlich für eine unvollständige Vorplanung zuständig war. Das deutete Riekewald zumindest an.
Auch wenn dem Stadtrat am Ende doch nichts anderes übrig blieb, als dem neuen Nachschlag für die Brücke des 18. Oktober einmütig zuzustimmen.
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