Irgendwann muss auch eine Stadt wie Leipzig und muss ein Leipziger Stadtrat die eigenen Beschlüsse ernst nehmen. Auch die zum Artenschutz, zur Freiraumentwicklung und zum Erhalt des Auenwaldes. Aber stattdessen wird emsig herumgeeiert, wenn es um die Beibehaltung der Motocross-Strecke mitten im Auwald geht. Der Ökolöwe unterstützt jetzt die logische Position der Grünen-Fraktion.

„Die Verwaltung wird beauftragt, Möglichkeiten zu prüfen, ein Ende der Motodrom-Nutzung im Leipziger Auwald zu finden, um das Gelände anschließend zurückzubauen, zu renaturieren und so dem Auwald zurückzuführen“, hatte die Grünen-Fraktion beantragt. Das Motodrom liegt am Cottaweg, mitten im Auwald, an einer Stelle, an der das Auensystem und sein Biotopverbund sowieso schon durch Bebauung stark eingeengt ist. Ein Nadelöhr, an dem menschliche Einbauten eigentlich zurückgebaut werden müssten, um dem Wald wieder Raum zum Atmen zu geben.

Aber eben nicht einfach durch Kündigung des Pachtvertrages, sondern mit dem MC Post gemeinsam, wie die Grünen in ihrem Antrag VII-A-06638-NF-03 „Auwald stärken, MC Post Leipzig e.V. zur Entwicklung verhelfen“ betont hatten.

Amt für Sport will nicht tätig werden

Das Amt für Sport brachte in seiner Stellungnahme die Schizophrenie im Handeln der Verwaltung mustergültig auf den Punkt, indem es schrieb: „Die Besonderheit und das Konfliktpotential des Standortes, insbesondere die Lage im Landschaftsschutzgebiet (LSG) ‚Leipziger Auenwald‘ sowie das benachbarte Vogelschutzgebiet Leipziger Auenwald, sind offensichtlich. Die vorgesehene Stärkung des Biotopverbundes schließt eine langfristige Weiterentwicklung für den Motorsport am Standort aus. – In der Gemengelage zwischen natur- und umweltrechtlichen Zielvorstellungen und einem sehr engagierten, ehrenamtlich geführten und erfolgreichen Verein gilt es im weiteren Prozess sensibel vorzugehen. Sowohl der Sport als auch die vorgebrachten Natur- und Umweltaspekte haben ihre Berechtigung am Standort und sind für sich genommen nachvollziehbar.“

Und was schloss das Amt daraus?

„Da weder ein alternativer Standort in absehbarer Zeit verfügbar ist, noch die aktuelle Genehmigungslage die Nutzung des Motodroms in seiner aktuellen Ausprägung ausschließt oder einschränkt, kann dem Antrag Nr. VII-A-06638 ‚Auwald stärken, MC Post Leipzig e. V. zur Entwicklung verhelfen‘ nicht gefolgt werden.“

Widersprüchlicher geht es kaum.

Warum nicht auch noch Mountainbiker?

Doch die SPD-Fraktion setzte mit einem Änderungsantrag noch einen obendrauf und wollte ergänzend beschlossen haben: „Die Stadtverwaltung wird in Zusammenarbeit mit dem MC Post Leipzig e.V. beauftragt zu prüfen, ob und wie die BMX- und Mountainbikeszene am Standort des Motodroms integriert werden kann.“

So wird ein Antrag geradezu in sein Gegenteil verkehrt.

Und auch der dann folgende Vorstoß der Stadträte Jens Lehmann (CDU), Christopher Zenker (SPD), Sven Morlok (FDP) und Dr. Adam Bednarsky (Die Linke) zielt eher darauf, den Standort vorerst zu erhalten, statt den Druck auf die Stadt zu erhöhen, einen geeigneten Ausweichstandort für den MC Post zu finden.

Der wichtige Änderungspunkt in ihrem Antrag lautet: „Die Stadtverwaltung (vertreten durch das Amt für Sport) wird beauftragt, mit dem Verein MC Post Leipzig e. V. schnellstmöglich einen Pachtvertrag für die Fläche ‚Flurstück 711/a Gemarkung Lindenau, Cottaweg 11 in 041077 Leipzig‘ abzuschließen. – Für den Fall, dass ein alternativer Standort gefunden wird, integriert die Stadt Leipzig eine vertragliche Klausel in das Pachtverhältnis, die der Zweckbindungsfrist nicht zuwiderläuft, aber eine mögliche vorzeitige Beendigung des Pachtverhältnisses ermöglicht. Etwaige Verzögerungen sind jeweils zeitnah durch die entsprechenden Vertreter/-innen der Stadtverwaltung im Fachausschuss Sport darzulegen.“

Aber genau das nimmt den Druck vom zuständigen Amt, sich wirklich um eine geeignete Ausweichfläche zu kümmern.

Logisch, dass dem Leipziger Ökolöwen bei dieser Entwicklung das blanke Grausen kommt.

Das zementiert das Motodrom im Auwald

„Das Motodrom steht den Schutzgebietszielen sowie dem von der Ratsversammlung verabschiedeten integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) entgegen. Für den Motorsport-Verein muss perspektivisch ein neues Gelände gefunden werden, damit der Leipziger Auwald weiterentwickelt werden kann“, stellt der Umweltverband das Offensichtliche noch einmal fest.

„Wir Ökolöwen unterstützen den Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen. Der Antrag entspricht den Zielen der Auenentwicklung, dem Ziel der Waldmehrung in Leipzig, dem Ziel bei Bauvorhaben, Ausgleich innerhalb des Stadtgebietes zu schaffen sowie den Festsetzungen im integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) der Stadt Leipzig zur Schaffung eines Biotopverbundes an dem Scharnier zwischen nördlichem und südlichem Auwald genau an dieser Stelle. Der Antrag hat gleichzeitig die Belange des derzeit noch ansässigen Vereins im Blick und schafft einen zeitlichen Vorlauf für die Umorientierung für eine Motorrad-Rennstrecke außerhalb von Leipziger Landschafts-, Natur- und Vogelschutzgebieten.“

Aber was sich die SPD-Fraktion da gedacht hatte, das Gelände gleich noch zur Lösung des Mountainbike-Problems im Leipziger Auwald zu nutzen, kam beim Ökolöwen gar nicht gut an.

„Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion VII-A-06638-ÄA-01-NF-01 begehrt, entgegen dem Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen, noch weitere Nutzungen an diesem Standort im Leipziger Auwald zu verorten. Diesen Änderungsantrag lehnen wir Ökolöwen ab. Die Neuanlage von Mountainbike-Strecken muss außerhalb von Leipziger Schutzgebieten geschehen“, betont der Umweltverbund. „Wir Ökolöwen hatten dafür konkret das AGRA-Gelände als einen möglichen Ausweichstandort vorgeschlagen. Ein entsprechender Prüfauftrag wurde durch die Ratsversammlung bereits beschlossen.“

Respekt für den Auwald

Das ist aber auch schon wieder über ein Jahr her, ohne dass es entsprechende Ergebnisse aus der Verwaltung gibt. Und dann ist da ja noch der Änderungsantrag der Stadträte des Sportausschusses Jens Lehmann (CDU), Christopher Zenker (SPD), Sven Morlok (FDP), Dr. Adam Bednarsky (Die Linke), der darauf abzielt, eine Weiterentwicklung des Auwalds an dieser Stelle auf absehbare Zeit zu verhindern.

„Der Antrag begehrt, mithilfe eines Pachtvertrages, investive Mittel der Sportförderung für die Motorrad-Rennstrecke im Auwald zu akquirieren. Diese Mittel sind an Zweckbindungsfristen gekoppelt. Diese würden die Revitalisierung des Auwalds für die Dauer der Zweckbindung an dieser Stelle verbauen. Wir Ökolöwen lehnen diesen Antrag ab“, formuliert der Ökolöwe seine Position und bittet: „Sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, wir bitten Sie, unseren Leipziger Auwald zu respektieren, zu schützen und zu einem lebendigen Auensystem weiterzuentwickeln.“

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Endlich wieder Krach, Dreck und Lärm im Naturschutzgebiet zu Ostern, zur Freude von wenigen.
“Zudem ist das Umweltproblem im Speedwaysport ungelöst. Viele Bahnen liegen brach, weil Speedway mit Abgasen und Lärm verbunden ist.” – Das gilt aber nicht im Auwald.
Helme ab, klare Sicht voraus.

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