Nächster Ärger für eine Stadtverwaltung, die immer öfter darauf pfeift, wann eigentlich die Schutzzeit für die Vögel beginnt. Gerade bei stadteigenen Projekten werden noch mitten im März Fällungen und Rodungen erlaubt. Und der NABU Leipzig ist richtig sauer, auch weil gar nicht alle Bäume an der Astrid-Lindgren-Schule gefällt werden müssten.
Am 21. März kam es deshalb zum spontanen Protest von Anwohnern und NABU-Mitgliedern vor der Astrid-Lindgren-Schule in Leipzig-Schönefeld. Nur drei Tage zuvor hatte die Stadtverwaltung in einer Medieninformation mitgeteilt, dass es im Rahmen von Sanierungen des Doppelschulstandortes Volksgartenstraße 16 und Löbauer Straße 46 nötig sei, am 21. März Bäume zu fällen und Gehölze zu roden.
Das wäre jedoch mitten in der beginnenden Vogelbrutzeit, kritisiert der NABU Leipzig, denn seit dem1. März gilt die Gehölzschutzzeit nach dem Bundesnaturschutzgesetz. Für die Fällungen sind somit Ausnahmegenehmigungen nötig.
„Aber warum werden überhaupt so viele Bäume gefällt?“, fragt der NABU. „Kinder brauchen Natur! Unser Klima braucht Bäume! Architekten müssen sich bemühen – besser noch: müssten verpflichtet werden –, so viel Grün wie möglich zu erhalten – insbesondere im Umfeld von Baumaßnahmen an Schulen.“
Aber noch immer ist es üblich, dass im Rahmen der Baufeldfreimachung alles plan gemacht wird, was da wächst.
„Klimaschutz, Naturschutz, Umweltschutz, Nachhaltigkeit – alles Dinge, die man in einer Schule lernen kann, was für die Verantwortlichen in der Leipziger Stadtverwaltung aber offenbar keine Rolle spielt“, kritisiert der Naturschutzbund Leipzig. „Grünspecht und Buntspecht suchen gerade ihre Baumhöhlen auf, Haussperlinge sonnen sich in den schützenden Hecken, einige tragen schon Nistmaterial in die Spalten des Plattenbaus.“
Warum diese Kahlschläge?
Der NABU Leipzig habe Verständnis für die Ertüchtigung und Erweiterungen von Schulstandorten. Aber warum plant die Stadt in den Freiflächen nicht den Erhalt des Altbaumbestandes, sondern löst die Gestaltung mit drastischen Kahlschlägen?
Bei Schulsanierungen kommt es immer wieder vor, dass der Großteil der alten Bäume gefällt wird und nach Fertigstellung der Sanierung kleine Bäume und viel zu wenige Sträucher nachgepflanzt werden.
„In unseren ausgetrockneten Böden haben sie geringe Überlebenschancen und die Abholzungen verschärfen zugleich die Klimakrise weiter. So fehlt mindestens für Jahrzehnte ein adäquater Lebensraumersatz oder – noch schlimmer – die Natur kann sich hier nie wieder erholen“, betont der NABU. „Solche naturfreien Schulhöfe wollen Kinder nicht!“
Bäume spenden Schatten
An „modernen“ Schulbauten werden teilweise Sonnensegel gespannt, um den Kindern Schattenplätze zu bieten, das ist ein deutlicher Hinweis auf die bisherige Fehlplanung. Eine zeitgemäße und klimaangepasste Planung würde die alten Bäume an Schulstandorten belassen und der Stadtnatur den Stellenwert geben, der ihr zusteht – auch für die Gesundheit der Menschen.
Aus Sicht des NABU Leipzig sind Stadtplaner und der Stadtrat angehalten, solche Fehlplanungen nicht zuzulassen, sondern den kommenden Generationen ein angemessenes Umfeld zu ermöglichen. Der NABU Leipzig bietet dem Amt für Schule und dem Amt für Gebäudemanagement gern auch eine Beratung auf dem Schulhof an, um gemeinsam nach Lösungen für den Baumschutz zu suchen.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Es gibt 2 Kommentare
vollste Zustimmung und Verständnis für die Position des NABU! Es ist absolut nicht nachvollzieh- und haltbar, dass die Stadtverwaltung als Regelwächter sich augenscheinlich freimütig selbst Ausnahmen erteilt. Es gibt doch einen Grund für die Gehölzschutzzeit und wenn der Stadt es wichtig gewesen wäre, hier Fällungen zu ergreifen, dann doch bitte außerhalb dieser und – was der NABU ja auch betonte – vorrangig unter Prüfung auf größtmöglichen Erhalt des Bestands!
Warum schaffen es ein grüner Baubürgermeister und ein linker Umwelt- und Ordnungsbürgermeister eigentlich nicht, hier umweltgerechte Lösungen zu finden? Gleiches gilt für die Sanierung der Shakespearestraße bzw. den Nettoverlust an Bäumen im Stadtgebiet.
Da ist alles Gerede vom Klimanotstand seitens der Stadt Leipzig letztlich nur leeres Gewäsch.
Mein Vertrauen in die beiden Dezernenten ist stark beschädigt. Vom OBM ganz zu schweigen…