Den Vorvätern war es ziemlich schnurzegal, was da alles ins Auengebiet der Weißen Elster und der Luppen gebaut wurde. Artenschutz, Wasserrahmenrichtlinie, FFH-Gebiete, Klimawandel waren allesamt noch kein Thema. Aber im Jahr 2022 sind sie es. Und so ging es am 15. März durchaus um Grundsätzliches beim Schützenhof.

Vorzeitiger Ausstieg aus dem Pachtvertrag?

„Die in der Hans-Driesch-Straße 2b gelegene Schießsportanlage ist an den Verein Leipziger Schützengesellschaft e.V. verpachtet. Der Pachtvertrag hat eine Laufzeit bis einschließlich 31.12.2045. Veränderungen sind deshalb im Einvernehmen mit dem Pächter vorzunehmen. Der Pächter hat zur Umsetzung seiner Ziele gemäß Satzung im Jahr 2013 ein Entwicklungskonzept erstellt. Dieses ist bei allen weiteren Planungen zu berücksichtigen“, hatte das Sportdezernat in seinem Verwaltungsstandpunkt extra betont

Man kommt also um den Verein, mit dem man einen Pachtvertrag hat, nicht herum. Und seit 2013 ist das Dezernat auch dabei, mit dem Verein nach und nach ein Sanierungskonzept umzusetzen, das die Anlage „Schützenhof“ modernisiert – Kostenpunkt um die 1 Million Euro. Dafür könnte der Verein nach Umsetzung der Maßnahme auf seine Anlagen westlich der Kleinen Luppe verzichten und im Einvernehmen mit der Stadt vorzeitig aus dem Pachtvertrag für dieses Gelände aussteigen.

Grüne: Warum nicht weiterdenken?

Eins ist Bedingung für das andere, weshalb die SPD-Fraktion genau diese Unterstützung zeitnah beantragt hatte, damit die aktuelle Situation nicht bis 2045 so bleibt, sondern wenigstens dieses Stück Fläche mitten im Auwald wieder renaturiert werden kann. Heißt: Waldanpflanzung und der Kleinen Luppe wieder mehr Raum geben.

Also etwas, was absehbar im Auenentwicklungskonzept ebenfalls stehen wird, das die Stadt Ende des Jahres / Anfang 2023 vorstellen will.

Oha, sagten sich da die Grünen: Warum dann die Sache nicht weiterdenken. Denn perspektivisch sollte ja doch so viel an Bebauung aus dem Auwald verschwinden wie möglich. Schließlich ist ja hier nicht nur ein klar definiertes Naturschutzgebiet, sondern auch ein FFH-Gebiet und ein europäisches Vogelschutzgebiet. Da sei es ein Unding, wenn hier regelmäßig laut herumgeballert wird, wie es Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek ausdrückte, der für den Änderungsantrag der Grünen warb.

Grünen-Antrag gescheitert

Und der wollte hier gleich Grundsatzentscheidungen für die Zukunft treffen, also auch gleich für die Zeit nach 2045, wenn der Pachtvertrag ausgelaufen ist. Immerhin wäre die Zeit genug, für den Schützenverein an anderer Stelle im Stadtgebiet ein neues Areal zu finden, wo man die Anlage neu konzipieren kann, ohne dabei mitten im Auwald bleiben zu müssen.

Doch für diesen Gedanken war die Ratsversammlung am 15. März noch nicht reif. Der Grünen-Antrag wurde mit 11:42 Stimme abgeschmettert. Also keine Vorentscheidung für 2045.

Der Freistaat und das liebe Geld

Aber auch der Verwaltungsstandpunkt war dann der Stadtratsmehrheit und auch der SPD-Fraktion zu schwammig und deutete nicht an, dass die Sanierung des Schützenhofes mit seiner Schießanlage zeitnah erfolgen könnte, auch wenn Sportbürgermeister Heiko Rosenthal betonte, zeitnah könnte das durchaus klappen.

Aber sein Problem ist, dass sich gerade das Land Sachsen schwertut, für Sportbaumaßnahmen überhaupt Geld beizusteuern. Und der Freistaat müsste schon dabei sein, denn auf der Anlage trainiert auch die Leipziger Polizei. Relativ einfach ist es da nur, dass die Stadt die Modernisierung fördert. „Sollten in den nächsten Jahren wieder regelmäßig Fördergelder zur Verfügung gestellt werden können, ist mit einer Fertigstellung frühestens im Jahr 2028 zu rechnen“, hatte das Sportdezernat formuliert.

Das klingt eben nicht nach einer konkreten Zusage.

Auflösung des Pachtvertrags bis 2030 geplant

Und genau darauf zielte ja der Antrag der SPD: „Die Stadtverwaltung unterstützt den Pächter bei der Umsetzung des Sanierungs- und Entwicklungskonzepts mit der Zielstellung, dass spätestens bis 2030 der Pachtvertrag für das Gelände links der Kleinen Luppe aufgelöst und das Gelände entsiegelt wird und der Kleinen Luppe ein natürlicherer Flusslauf gegeben werden kann.“

Das wäre dann nämlich wirklich ein konkreter Schritt, das Gelände westlich der Kleinen Luppe relativ zeitnah wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen – in Absprache mit dem Verein natürlich. Aber wenn die Aussage der Verwaltung so stimmt, ist der Verein dazu sehr wohl bereit.

Und so lehnte der Stadtrat zwar den Grünen-Antrag mit seiner großen Zukunftsvision genauso ab wie den Verwaltungsstandpunkt mit seiner leichten Ausweichbewegung. Der SPD-Antrag, der wenigstens beim Terrain westlich der Kleinen Luppe Dampf macht, bekam dafür eine klare Mehrheit von 43:5 Stimmen bei 5 Enthaltungen.

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