Aus zwei mach eins, dachte sich dann wohl der zuständige Sachbearbeiter aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer, als er sich nun im Vorfeld der nächsten Ratsversammlung am 19. Januar an die Stellungnahme zu einem Antrag der AfD-Fraktion aus dem Juli 2021 setzte. Die hatte mal wieder einen Antrag geschrieben, der einfach mal ins Blaue zielte. Einen, den andere Fraktionen früher schon gestellt hatten, der damals aber angelehnt worden war – nämlich zu einer Bundesgartenschau in Leipzig.
In der Regel war es die CDU-Fraktion, die solche Anträge stellte – zuletzt zu einer Revitalisierung des Gebiets der nördlichen Parthe. Das war 2016, nachdem drei Jahre zuvor ein Antrag zum Gebiet der Weißen Elster / Neue Luppe abgelehnt worden war.Bei der CDU-Fraktion hatte man nach diesen Ablehnungen das Gefühl, dass Leipzigs Verwaltung in Sachen Bundesgartenschau keinen Finger rühren würde. Weshalb sich die Fraktion mit der SPD-Fraktion zusammentat und beide gemeinsam im Dezember 2021 beantragten, dann wenigstens die Landesgartenschau nach Leipzig zu holen.
Das geeignete Objekt hatten beide längst gefunden – es war im Stadtrat schon des Öfteren diskutiert worden. Und immer neue Planungen aus der Verwaltung zur Zukunft des Geländes scheiterten: die Revitalisierung des agra-Geländes, am besten gemeinsam mit Markkleeberg.
Und da verblüfft es schon, dass die Stellungnahme aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer sich jetzt so liest, als wäre sie eine Reaktion auf den Gemeinsamen Antrag von CDU und SPD und nicht auf den der AfD.
Die hatte ja nur ganz allgemein die Bewerbung um „Bundesgartenschauen in den Jahren 2033 oder 2035 bzw. der Internationalen Gartenbauausstellung 2037“ gewünscht. Ohne näher auf geeignete Standorte im Leipziger Gebiet einzugehen.
Der Schuss zielte ins Blaue. Aber da die eigentliche Idee im Antrag von CDU und SPD steckte, schrieb die Verwaltung gleich mal einen begrüßenden Alternativvorschlag zum AfD-Antrag, in dem nun all das positiv vermerkt wird, was eigentlich CDU und SPD beantragt hatten.
Natürlich auch deshalb, weil sich im Lauf der Jahre die Einstellungen verändern. So hat sich die „Verbandsvorsitzende des Kommunalen Forums Südraum Leipzig im Juni dieses Jahres u. a. an den Oberbürgermeister mit der Bitte gewandt, die Beteiligung an einer BUGA zu prüfen.“
Die Verbandsvorsitzende ist Simone Luedtke, die hier die Potenziale der Bergbaufolgelandschaft ins Blickfeld rückte. Und der agra-Park ist auf seine Weise ja auch ein Opfer des Bergbaus – etwa wenn man den künstlichen Kanal der Pleiße betrachtet.
Und dann gibt es ja auch noch die „Herausforderungen im Zuge der Energie- und Klimawende“, die zwar 2013 und 2016 auch schon auf der Tagesordnung standen. Aber damals interessierte sich Leipzigs Verwaltung nur bedingt dafür. Das änderte sich erst 2019 mit dem Beschluss des Stadtrates zum Klimanotstand spürbar.
Und so stellt das die Stellungnahme nun auch in den Mittelpunkt: „Hierbei ist auch von besonderer Bedeutung, welchen Beitrag die Stadtentwicklung für die Klimaanpassung, sowohl an Hitze und Trockenheit auf der einen und an Starkregen- und Hochwasserereignisse auf der anderen Seite, leisten kann.“
Es ist augenscheinlich ein langer und zäher Lernprozess, was den Klimawandel und die Folgen für die Stadt betrifft.
Es war also irgendwie die Kontaktaufnahme von Simone Luedtke, die Leipzigs Verwaltung ihrerseits dazu brachte, den Kontakt mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung sowie der Deutschen Bundesgartenschau Gesellschaft aufzunehmen.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung dient als Kontaktstelle für die Internationale Bauausstellung (IBA). Die Deutsche Bundesgartenschau Gesellschaft ist für die Vergabe der Ausrichtung der Veranstaltungen verantwortlich und bewertet die Eignung der jeweiligen Ausrichterstädte.
„Im Zuge der Gespräche wird auszuloten sein, inwieweit auf den bestehenden Grundlagen und Zielsetzungen der künftigen Entwicklungen in Leipzig die Ausrichtung einer IBA oder BUGA bzw. IGA ggf. auch als Kombination wie in Hamburg im Jahr 2013 von Interesse sein kann. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Ausrichtung einer bundesweiten Großveranstaltung, die im Ausrichtungsjahr einer BUGA/IGA stattfinden würde, zu sondieren.“
Dabei ist die agra ganz eindeutig ein Ort, an dem man die Initialzündung der BUGA sehr gut brauchen könnte, um einen jahrelangen Stillstand endlich aufzulösen.
Und so verpflichtet sich die Verwaltung quasi selbst mit ihrem Vorschlag: „Die Stadt Leipzig soll sich mit der Bewerbung für eine Bundesgartenschau in den Jahren 2033, 2035 oder für eine Internationale Gartenbauausstellung 2037 auseinandersetzen und ein Konzept, ggf. unter Einbeziehung angrenzender Kommunen, erarbeiten. Weiterhin sollen Fördermittelprogramme geprüft werden und eine umfassende Bürgerbeteiligung erfolgen. Weiterhin sollen mit der Stadt Markkleeberg Verhandlungen zur Bewerbung um die Ausrichtung einer Gartenschau auf dem agra-Ausstellungsgelände und im agra-Park geführt werden. In diesem Zusammenhang soll das Vorhaben zur Sanierung und Tieferlegung der B2/B95 beschleunigt werden.“
In Markkleeberg dürfte Leipzig damit offene Türen einrennen.
„Eine intensive Bürgerbeteiligung wäre wesentlicher Bestandteil eines potenziellen Bewerbungsverfahrens“, heißt es weiter. Aber es ist erst einmal nur ein Prüfauftrag. „Das Prüfergebnis wird dem Stadtrat bis zum III. Quartal 2022 zur Kenntnis gegeben“, thematisiert den nächsten Zeithorizont. Da war die Zeit dann wohl einfach reif, dass die Verwaltung ihre abwehrende Haltung aufgegeben hat.
Keineswegs übrraschend ist dann, dass CDU- und SPD-Fraktion auf ihren Antrag hin eine viel kürzere Stellungnahme bekommen. Denn das, was sie mit der Landesgartenschau erreichen wollten, soll nun mit der BUGA oder der IGA ereicht wrden.
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