Nach Jahren der Stille kehrte der Eutritzscher Markt in den letzten Wochen wieder mal an die Wasseroberfläche zurück. Die Freibeuter-Fraktion beantragte eine Wiederbelebung des 1996 aufwendig umgestalteten Platzes. Etwas, was eigentlich 20914 auch schon mal passieren sollte. Warum das nicht geklappt hat, wollte Oliver Gebhardt aus der Linksfraktion wissen.
Aber auch aus Sicht des Dezernats Stadtentwicklung und Bau ist die Entwicklung des Eutritzscher Marktes seit dem Stadtratsbeschluss von 2014 erst einmal gescheitert.Der Stadtrat hatte am 17. September 2014 beschlossen, die lokalen Akteure bei der Durchführung eines Herbstmarktes 2014 zu unterstützen.
„Diese Aktion gehörte zu einer Reihe von Versuchen, den Eutritzscher Markt durch Veranstaltungen und Märkte zu einem zentralen, bedeutenden Ort für den Stadtteil zu entwickeln. Dies ist auch aus Sicht der Verwaltung bis dato nicht gelungen“, gesteht das Dezernat Stadtentwicklung und Bau auf Gebhardts Anfrage hin zu.
„Die Bemühungen des Marktamtes, einen Wochenmarkt dauerhaft zu etablieren, waren nicht erfolgreich, da die Händler den seit Jahren etablierten Standort im Eutritzscher Zentrum vor dem bestehenden Lebensmittelmarkt (REWE) bevorzugen. Bei durchgeführten Wochenmärkten hat sich die Frequenz nie erhöht. Auch das Engagement der lokalen Akteure hat nur zu einer stunden- oder tageweisen Belebung geführt. Es ist festzustellen, dass sich die Nutzung der privaten Pavillons auf der Ostseite und der allgemeine Zustand des Platzes seit dessen Herstellung verschlechtert haben.“
Wenn das Stadtteilzentrum ganz woanders ist
Indirekt gesteht das Dezernat auch zu, dass Leipzigs Zentrenpolitik zu dieser Fehlentwicklung beigetragen hat: „Zusammenfassend ist der Eutritzscher Markt für den Stadtteil nur von geringer Bedeutung. Angesichts der in jeder Legislatur unternommenen Versuche einer Verbesserung ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die grundsätzliche Entscheidung in den 1990er Jahren, das Stadtteilzentrum weiter südlich zu installieren (vgl. STEP Zentren 2016), nicht mehr grundlegend umkehrbar ist, sondern als gesetzter Rahmen akzeptiert werden muss.“
Die Eutritzscher fahren also seitdem ins „Eutritzscher Zentrum“, das ja sogar mit seinem Namen suggeriert, das Zentrum des Ortsteils zu sein, obwohl es mit der alten Ortslage von Eutritzsch gar nichts zu tun hat. Und die Markthändler gehen natürlich da hin, wo die vorhandenen Supermärkte für die nötige Kundenfrequenz sorgen.
Also weiß die Verwaltung selbst auch erst einmal nicht, was sie mit dem leeren Eutritzscher Markt anfangen soll: „Für die Zukunft stellt sich weiterhin die Frage: Welche Bedeutung kann der Eutritzscher Markt für den Stadtteil haben, wenn es nicht die des Stadtteilzentrums ist?“
Gibt es aber wenigstens Vorstellungen, wie der „Standort selbstständig mittelfristig bis langfristig“ entwickelt werden soll, wollte Gebhardt wissen.
„Die städtebauliche Entwicklung der Platzränder ist weitestgehend abgeschlossen. Hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur besteht aus Sicht der Verwaltung kein signifikanter Handlungsbedarf. Konzeptionell gibt es derzeit keinen abgestimmten Handlungsansatz zur zukünftigen bzw. erneuten Umgestaltung als Grundlage für die Verwaltung“, erklärt das Planungsdezernat, gesteht aber auch zu, dass hier wohl in den 1990er Jahren ein Fehler gemacht wurde.
„Gleichwohl ist auch aus Sicht der Verwaltung unbestritten, dass sich die Erwartungen der 1990er Jahre zu einer Belebung des Platzes nicht erfüllt haben. Inwiefern ‚die Stadt Leipzig den Standort … entwickeln möchte‘, ist zum jetzigen Stand der Diskussion daher eine Frage an die politischen Akteure. Aus Sicht der Verwaltung ist an dieser Stelle zumindest festzuhalten, dass eine durch die Verwaltung aufgesetzte Entwicklung für den Eutritzscher Markt nach den geschilderten Erfahrungen nicht zielführend ist. Ohne die Akteurinnen/Akteure und potenziellen Nutzerinnen/Nutzer vor Ort, die aushandeln müssen, welche Bedeutung der Eutritzscher Markt für sie hat, ist eine Umgestaltung nicht sinnvoll.“
Jetzt sind die Eutritzscher selbst gefragt
Was dann im Grunde schon einmal die Ankündigung ist, dass die lokalen Akteure gefragt sind, für den Platz neue Nutzungsmöglichkeiten zu entwickeln. Zeit für eine richtige Bürgerbeteiligung. Die Stadt jedenfalls werde erst Veränderungen vornehmen, wenn die Eutritzscher selbst wissen, wie sie den Platz künftig nutzen wollen.
„Angesichts der oben geschilderten Ausgangslage ist es wichtig, ein realistisches Nutzungskonzept für den Eutritzscher Markt zu entwickeln“, betont das Planungsdezernat. „Im Zuge dessen ist zu klären und zu entscheiden, welche Nutzungen bzw. Funktionen auf dem Platz und mit der angrenzenden Bebauung harmonieren bzw. was sich gegenseitig ausschließt. In einem zweiten Schritt kann dann darauf abgestimmt die Möblierung/Ausstattung des Platzes geplant werden.“
Und siehe da: Man hat die Probleme der ungenutzten Stadtplätze in Leipzig sogar schon auf dem Schirm.
„Das Stadtplanungsamt ist beauftragt, 2022 ein Stadtplatzprogramm vorzulegen, in dem auch der Eutritzscher Markt betrachtet wird. Da die Erarbeitung des Programms noch am Anfang steht, kann noch nichts über die Einzelbewertung und Priorisierung des Platzes im stadtweiten Kontext gesagt werden. Mit Blick auf einen zielorientieren Einsatz der Ressourcen in der Verwaltung wird empfohlen, die Ergebnisse des Stadtplatzprogramms abzuwarten und keinen zusätzlichen Arbeitsauftrag speziell zum Eutritzscher Markt auszulösen“, bittet das Planungsdezernat um Geduld.
Aber man hat sich durchaus schon Gedanken darüber gemacht, was man mit dem Platz anfangen könnte, nachdem das Konzept von 1996 so deutlich versagt hat.
Gastronomie, Kultur, Sport, Spiel?
„Da mit Entwicklung des Eutritzscher Zentrums weiter südlich die Attraktivität des Eutritzscher Marktes reduziert wurde, wird sich diese Entwicklung nur geringfügig ändern lassen. Daraus ergeben sich zwei Nutzungs- bzw. Bedeutungsoptionen für den Platz“, überlegt das Dezernat.
„Anknüpfend an die (früher) vorhandene gastronomische Nutzung der Pavillons (Privatgrundstück) und am Platzrand könnte versucht werden, das gastronomische Segment zu stärken und zu einer Ankerfunktion am Platz auszubauen. Dabei ist zu beachten, dass die Pavillons einem Privateigentümer gehören und dessen Interessen mit denen der Öffentlichkeit in Einklang gebracht werden müssten – die Stadtverwaltung also nicht selbstständig entwickeln kann. Mit Blick auf die Belebung des Platzes könnte mit der Entwicklung der Gastronomie das Ziel verfolgt werden, einen signifikanten Teil des Platzes durch Freisitze saisonal zu beleben.“
Denn am Platz gibt es ja auch noch ein Grillhaus, das im Sommer einen kleinen Freisitz bespielt. Und einst befand sich hier ja die 1640 erbaute Gosen-Schänke. An ihrer Stelle freilich entstand ein Seniorenheim.
„Angesichts der Tatsache, dass der Eutritzscher Markt nicht zu einem Stadtteilzentrum entwickelbar ist, kann als weitere Option geschlussfolgert werden, dass der Platz zu einem grünen Platz mit Sport- und Spielangeboten mit urbanen Qualitäten transformiert wird, der den Arthur-Brettschneider-Park entlastet“, schlägt das Planungsdezernat noch vor.
„Der Platz selber und nicht mehr die Nutzungen am Platzrand wäre das Ziel für Besucher/Nutzer, die zu einer saisonalen Belebung des Eutritzscher Marktes führen könnten. Die strategische Ausrichtung des Eutritzscher Marktes sollte sinnvollerweise im Zuge einer Konzeption, die von den Akteuren vor Ort entwickelt und getragen wird.“
Das könnte man glatt als Aufforderung an alle in Eutritzsch Aktiven verstehen, sich zu einer Interessengemeinschaft zusammenzutun und wirklich tragfähige Ideen zur Nutzung dieses Platzes zu entwickeln.
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Keine Kommentare bisher
“eigentlich 20914 auch schon mal passieren sollte”
… na dann hat die Stadtverwaltung doch noch viel Zeit 😉
Spaß beiseite, die Feststellungen der Stadtverwaltung sind zutreffend. Muss nun alles wie früher sein? (O-ton: “XY war doch so schön. Früher war das besser.”)
Man hätte niemals am Eutritzscher Markt so ein Nahversorgungszentrum bauen können, wie es das “Eutritzscher Zentrum” ist, ohne tief in die historische Bebauungsstruktur einzugreifen! Außerdem liegt das EZ viel mehr am Bevölkerungsschwerpunkt des Stadtteils, sorgt für kurze Fußwege und hat einen besseren ÖPNV-Anschluss.