Dass sich im Robert-Koch-Park in Grünau etwas ändern muss, war seit 2018 klar, als das Klinikum St. Georg die Nutzung des größten Teils der dort ansässigen Klinik aufgab und die Frage stand: wie nun weiter? Die wichtigste Weiche wurde am 8. Dezember in Stadtrat gestellt: Da wurde die Rückübertragung aller nicht mehr vom St. Georg benötigten Gebäude in den Besitz der Stadt Leipzig beschlossen. Mit fast einjähriger Verspätung.

Denn geplant war das eigentlich schon Anfang 2021. Schon im April zog ja der Kindernotdienst in sein neues, frisch saniertes Domizil im Gelände. Bürgerforen gab es auch schon und ein neuer Hauptnutzer für die leer stehenden Gebäude ist mit dem Haus Steinstraße e. V. auch schon gefunden.Eigentlich nur noch ein Akt zum Abstimmen. Aber es entfachte sich dann doch noch eine 20-minütige Diskussion, insbesondere um einen gemeinsamen Antrag von Linken, Grünen und SPD. Denn tatsächlich sind einige Dinge auch in der Neufassung der Verwaltungsvorlage noch nicht endgültig geregelt.

Den Park wieder in Ordnung bringen

„Der Robert-Koch-Park, mitten im Wohngebiet Grünau, ist eine grüne Oase im Stadtteil, die gerne zum Erholen, Spazieren und Verweilen genutzt wird“, kommentierte die Stadtbezirksbeirätin Ariane Zimmer (SPD) am Folgetag die Debatte im Stadtrat.

„In den letzten Jahren hat der Park jedoch sehr gelitten: ausgetrocknete Teiche, kaputte und gesperrte Brücken, zugewachsene Wege, zerstörte und beschmierte Kunststatuen sind jedoch sehr unschön. Bereits seit vielen Jahren weisen uns Grünauer Einwohner auf den misslichen Zustand hin. Die Rückübertragung an die Stadt bietet die Möglichkeit, die Mängel aufzuarbeiten und zu beheben. Dies ist jedoch leider kein Selbstläufer und erfordert weiteres politisches Engagement, damit angekündigte Bestandserfassungen auch erfolgen und notwendige Sanierungs- und Unterhaltskosten auch eingestellt werden.“

„Die von der Stadtverwaltung aktuell vorgesehenen jährlichen Bewirtschaftungskosten sind leider nur ein Bruchteil der bereits heute eingeschätzten Kosten“, ergänzte Stadtrat Heiko Bär, der sich in der Debatte auch deutlich zu Wort gemeldet hatte. „Umso wichtiger war es, dass der Stadtrat zusätzlich ein Maßnahmen- und Finanzierungskonzept für die Entwicklung und Nutzung des Parks beauftragt hat. Es wird spätestens Ende nächsten Jahres unsere Aufgabe als Stadträte sein, die Einstellung realistischer Sanierungs- und Bewirtschaftungskosten in den nächsten Doppelhaushalt zu kontrollieren.“

Wie teuer wird die Sanierung des Parks tatsächlich?

Es ging also nicht nur um das reine Rückübertragen von Gebäuden und Grundstücken, wie der Hauptpunkt der Vorlage lautete: „Die in der Anlage 2 aufgeführten Gebäude (mit technischen Anlagen und Außenanlagen) mit einem zurückzuführenden Verkehrswert per 01.01.2021 von 4.280.000 EUR werden rückübertragen. Diese stehen im Sachanlagevermögen des Eigenbetriebes St. Georg als dessen wirtschaftliches Eigentum (Sondervermögen der Stadt Leipzig), sind bilanziert und ausgewiesen.“

Es ging auch konkret um die Frage: Wie viel Bürgerbeteiligung wird es noch geben und welche Konzepte werden noch gefunden? Werden auch hier die Bürger mit eingebunden und wird der Park künftig wieder in seiner Schönheit erlebbar? Denn öffentlicher Park ist er zwar seit 1984. Aber in vielen Teilen sieht er tatsächlich heruntergekommen aus.

Der wichtigste Antragspunkt aus dem Antrag von Linken, Grünen und SPD lautete also:

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dem Stadtrat bis zum IV. Quartal 2022 eine mit Maßnahmen und Finanzierung untersetzte Gesamtkonzeption für die Entwicklung und Nutzung des Robert-Koch-Parks einschließlich der darauf befindlichen Liegenschaften vorzulegen, die insbesondere Aspekte von Stadtentwicklung, Denkmalschutz, Kultur, Soziales und Stadtgrün berücksichtigt und ein Parkpflegekonzept enthält. Dabei ist darauf zu achten, dass das einzigartige Ensemble der Parkanlage und der darin befindlichen Bauwerke erhalten bleibt. Eine Biotopkartierung ist durchzuführen. In 2022 werden für die denkmalpflegerische Zielstellung und für die gutachterliche Beurteilung des Baumbestandes jeweils 20.000 € zur Verfügung gestellt.“

Summen für den nächsten Doppelhaushalt

All das kam in der Vorlage der Verwaltung nicht vor, auch wenn da durchaus mit erstaunlichen Summen hantiert wurde.

„Die anfallenden Bewirtschaftungskosten für die Parkanlage betragen ab dem Jahr 2021 ff. ca. 150.000 EUR“, lautete es etwa im Punkt 6 der Vorlage. Aber im Text wurden dann völlig andere Zahlen aufgerufen, wie Heiko Bär zu Recht feststellte.

„Durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer werden die jährlichen Unterhaltungskosten in Höhe von ca. 460.000 EUR zur Bewirtschaftung der Parkanlage und ca. 240.000 EUR für die Kontrolle und Pflege des Baumbestandes nach Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes eingeschätzt“, kann man da lesen und etwas weiter dann noch:

„Kein Bezug wird in der Vorlage auf die Sanierung/Erneuerung der Brücken und Teiche genommen. Hierfür sind zusätzlich ca. 350.000 EUR für die Teiche und je Brücke ca. 325.000 EUR aufzuwenden. Hinzu kommen Folgekosten in Höhe von ca. 9.000 EUR p.a. für die Unterhaltung der Teiche und 1.500 EUR p.a. je Brücke.“

Und noch ein paar Sätze weiter: „Darüber hinaus erfolgt die Bereitstellung einer Verpflichtungsermächtigung von je 500.000 EUR für 2019, kassenwirksam in 2020 sowie für 2020, kassenwirksam in 2021. Diese Mittel wurden dem Kulturamt zugeordnet, zur möglichen zukünftigen Bewirtschaftung durch das AGM. Vom Kulturamt werden weitere Bewirtschaftungskosten i.H.v. 140.000 € /p.a., für die Liegenschaften, die in die Zuständigkeit des Kulturamtes übergehen, eingeschätzt.“

Das ist alles sehr unübersichtlich, war aber für Heiko Bär der deutliche Beleg dafür, dass die Vorlage die tatsächlich anfallenden Kosten nicht wirklich widerspiegelt, die einfach deshalb schon anfallen, wenn die Stadt den historischen Park wieder in seiner alten Schönheit herstellen will.

Was will der Stadtrat über die Vermietung wissen?

Ein Punkt aus dem gemeinsamen Änderungsantrag sorgte dann noch einmal für Diskussionen, weil zu befürchten stand, dass der Stadtrat sich – sollte er den Punkt beschließen – künftig mit jedem einzelnen Vermietungsakt im Parkgelände beschäftigen müsste. Zumindest sah das so CDU-Stadtrat Karsten Albrecht. Aber das war nicht intendiert. Die Hauptsatzung gelte, betonte Linke-Stadtrat Mathias Weber. Und der Passus stünde vor allem deshalb im Änderungsantrag, weil der Stadtrat informiert werden solle darüber, wer im Robert-Koch-Park Mieter bzw. Pächter werde.

Völlig daneben war dann auch noch ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion, die einfach mal vorschlug, die Grundstücke im Park zu privatisieren. Als ginge es bei so einem Projekt einfach nur darum, Geld in die Kassen zu bekommen. Ein Antrag wie ein Foul an allen, die sich bislang dafür eingesetzt haben, im Park neue soziale Angebote zu schaffen.

Dass das Klinikum St. Georg, das ja im Gelände weiterhin zwei Gebäude betreibt, damit seine Anfahrten verlieren würde, machte dann Grünen-Stadträtin Katharina Krefft deutlich.

Der Antrag der Rechtsaußen-Fraktion war so daneben, dass ihn nicht mal alle AfD-Stadträte mittragen konnten, denn zwei enthielten sich lieber, als dieser Änderungsantrag zur Abstimmung kam, nur fünf stimmten dafür. Die Stadtratsmehrheit lehnte den Privatisierungsunfug ab.

Bis zum 4. Quartal eine Gesamtkonzeption

Der gemeinsame Antrag von SPD, Grünen und Linken hingegen bekam eine klare Mehrheit von 43 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung. Das heißt: Bis zum vierten Quartal 2022 muss die Verwaltung jetzt eine Gesamtkonzeption für den Park vorlegen. Und der Antrag setzt noch eine Frist, wann der Haus Steinstraße e. V. aus der Südvorstadt in sein neues Domizil umziehen kann: „Um einem Umzug des Haus Steinstraße e. V. bis spätestens 2023 Rechnung tragen zu können, soll das Nutzungskonzept bis Ende IV. Quartal 2022 dem Stadtrat vorliegen.“

Dann würde sich die gestalterische Wiederherstellung des einst von Rudolf Sack gestifteten Parks mit der Neunutzung der im Park verstreuten Gebäude verbinden und Grünau/Kleinzschocher werden ein neues grünes und soziales Herz bekommen, das auch als kultureller Anlaufpunkt attraktiv wird.

Die Debatte vom 8. Dezember 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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