Das Jahr 2021 nähert sich seinem Ende. Es ist auch das Jahr, in dem Leipzigs Stadtbezirksbeiräte zum ersten Mal in ihrer Geschichte auch über eigene Stadtbezirksbudgets verfügten. So beschloss es der Leipziger Stadtrat im Februar. Im Juni gingen die Antragsformulare online und die Leipziger/-innen konnten ihre Anträge einreichen, was mit den verfügbaren Geldern im Stadtbezirk verbessert werden sollte. Im Stadtbezirk Südwest war ein Projekt dann doch noch eine Nummer zu groß.

281 Vorschläge und Projektanträge für die Stadtbezirksbudgets wurden von den Leipziger/-innen bis August eingereicht. Sie standen fortan zur Beratung auf der Tagesordnung der Stadtbezirksbeiräte. Und was dort Zustimmung fand, steht inzwischen auch auf der Homepage der jeweiligen Stadtbezirksbeiräte. Auch beim Stadtbezirksbeirat Südwest, der von den zur Verfügung stehenden 50.000 Euro schon 32.000 vergeben hat.Verwirklicht werden davon z. B. Papierkörbe, Radbügel und Bänke an der Erich-Zeigner-Allee, ein Kinderstadtplan für den Südwesten und – als bislang größtes Projekt – ein Slackline Areal, das der slacknetz leipzig e. V. beantragt hat. Auch das Bewegungs- und Sportfest im Karl-Heine-Stadtteilpark am 23. Juli konnte mit dem Geld gefördert werden.

Aber ein Projekt sprengt bislang wahrscheinlich nicht nur das Budget, sondern auch die Handlungsmöglichkeiten des Stadtbezirksbeirats, auch wenn es auf der Tagesordnung fast bescheiden wirkte: eine Flaniermeile auf dem Gelände der einstigen Rödel.

Wo floss die Rödel?

Schon da werden viele jüngere Leipziger verwundert fragen: Wo ist denn das? Und was ist die Rödel? Denn die heutige Rödelstraße erinnert ja in ihrem Aussehen nicht wirklich daran, dass sie mal nach einem alten Fließgewässer benannt wurde, dem Rödelwasser, das einst die Pleiße mit der Weißen Elster verband. Im Stadtteillexikon „Schleußig“ findet man einen kurzen Abriss der Geschichte.

Immerhin bildete die Rödel bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts die östliche Begrenzung von Schleußig. Erst das machte Schleußig ja zur Insel. Aber sie war schon lange kein Fließgewässer mehr. Denn um 1870 wurde das Rödelwasser durch den Bau des Vorläufers des heutigen Elsterhochflutbetts von der Pleiße abgeschnitten. Hier floss also nur noch im Hochwasserfall Wasser, ansonsten war es ein stehendes Gewässer geworden.

Die alten Mäander wurden als erste zugeschüttet, der Flusslauf begradigt. Und nach dem Bau des Elsterflutbetts begann ab 1926/1927 die Verfüllung des Rödellaufs mit Aushub aus dem neuen Flutbett. Im gesamten Verlauf vom Schleußiger Weg bis zur Ferdinand-Lassalle-Brücke am Klingerweg verschwand die Rödel so aus dem Stadtbild. Von der Ferdinand-Lassalle-Brücke sind oberirdisch sogar noch die Brückengeländer zu sehen.

An der Industriestraße soll es auch noch Reste der alten Eisenbahnbrücke geben, auf der einst die Verbindungsbahn von Plagwitz nach Connewitz führte. Und die Sportanlagen nördlich der Ferdinand-Lassalle-Brücke befinden sich ebenfalls auf Rödel-Grund. Hier wurde bis in die 1970er Jahre noch Schlamm abgeladen.

Hundewiese auf dem Gelände der einstigen Rödel. Foto: Marko Hofmann
Hundewiese auf dem Gelände der einstigen Rödel. Foto: Marko Hofmann

Heute findet man schon diverse Wege und Wiesen auf dem alten Rödel-Grund und dem Hochdamm der Verbindungsbahn. Aber vieles ist nur Provisorium, der Übergang von der Industriestraße zum Nonnenweg eher eine Zumutung.

Denkmalschutz und fehlende Planungen

Die Idee liegt also auf der Hand, dieses relativ chaotische Stückchen zu einer richtigen Flaniermeile zu entwickeln. Aber in seiner Sitzung am 11. Oktober stellte der Stadtbezirksbeirat Südwest dann fest, dass das so einfach nicht geht. Hier muss das Leipziger Amt für Stadtgrün und Gewässer noch ein paar Vorarbeiten erbringen, damit dieses Projekt überhaupt angepackt werden kann.

„Es wurde deutlich, dass für die hochfrequentierte Flaniermeile derzeit noch keine konkrete Planung vorliegt“, stellt der Stadtbezirksbeirat deshalb in einem eigenen Antrag für die Ratsversammlung fest, nachdem man sich die Sache auch vor Ort genauer angeschaut hat.

„Vor allem der Eingangsbereich zum Clara-Zetkin-Park an der Industriestraße 1 (am Restaurant Sancho Pancha) (…) als Landschaftsdenkmal und Landschaftsschutzgebiet an der westlichen Begrenzung der Nonne und die Ferdinand-Lassalle-Brücke über die Rödel am Klingerweg stehen unter Denkmalschutz. Das schließt eine ungeplante spontane Veränderung der Örtlichkeit aus und setzt eine mit dem Denkmalschutz übereinstimmende Landschaftsplanung voraus.“

Ob das so stimmt? Auf der sächsischen Denkmalliste sind die beiden alten Rödelbrücken jedenfalls nicht zu finden. Andererseits wären sie natürlich markante Punkte in einem Areal, in dem sich ja nicht nur Hundebesitzer gern mit ihren Tieren tummeln. Und die Sichtbarmachung der Brücken würde auch die Erinnerung an die verschwundene Rödel wachhalten.

Wie die Stadt jetzt hier aktiv werden kann, fasst der Stadtbezirksbeirat in seinem Antrag in zwei Antragspunkten zusammen:

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, wie entlang des Verlaufes des verfüllten Gewässers ‚Rödel‘ zwischen Industriestraße und Klingerweg eine Flaniermeile bis zum 31.07.2023 eingerichtet werden kann.

Dazu ist ein Konzept bis zum 31.07.2022 zu erarbeiten und dem Stadtrat vorzulegen.“

Ob das so schnell geht? Wahrscheinlich nicht. Aber der Antrag könnte der Anfang sein für die Gestaltung eines Gebietes, das bei den Schleußigern als Flaniermeile jetzt schon recht beliebt ist. Und dass der ungestaltete Übergang von der Industriestraße zum Clara-Zetkin-Park sowieso überfällig ist, war auch schon in diversen Beiträgen zum Zustand Leipziger Radwege in der LZ Thema.

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Keine Kommentare bisher

Meines Erachtens eine Schnapsidee, diese Flaniermeile.
Wie soll denn diese aussehen? Weihnachtsmarktbuden für ToGo-Essen-Shopping?
Oder soll die Rote Diskothek wieder öffnen?
Oder geht es nur um befestigte Wege auf den Wiesen?
Im Antrag steht leider überhaupt nichts dazu, was sich da einige ausgedacht haben.

Der denkmalgeschützte Zugang zum Park ist an Peinlichkeit für die Stadt kaum zu überbieten.
Einen vernünftigen Weg hat man in 30 Jahren nach der Wende nicht zustande gebracht. Der muss auch keine spontane Änderung sein, einfach mal Instandsetzung.

Die Brücken würde ich als Erinnerung auf jeden Fall erhalten.
Reste einer Eisenbahnbrücke kenne ich aber nicht, bin dort als Kind sehr oft mit Fahrrad entlanggefahren.
Von der alten Bahnlinie gibt es aber zum Beispiel noch ein Rückbleibsel: ein Bahnübergangshäuschen am Schleußiger Weg, ist damals ein Garten geworden.

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