Im Rathaus ist aktuell der Bebauungsplan Nr. 380.1 „Grüner Bahnhof Plagwitz – Nordteil, Leipzig-Südwest“ ausgelegt. Bis zum 22. Januar können Stellungnahmen abgegeben werden. Aber der BUND Leipzig wundert sich doch sehr über die Vorlage, denn sie enthält wieder lauter Neubebauung mit Wohnraum und Gewerbe, ist also ganz und gar nicht so grün, wie der Titel verheißt.
Der BUND Leipzig lehne deshalb den vorliegenden Bebauungsplanentwurf zum „Grünen Bahnhof Plagwitz – Nordteil“ in Teilen ab, teilt er zum Jahreswechsel mit. Statt der geplanten Bebauung fordert die Regionalgruppe eine Erweiterung des bestehenden Bürgerparks.Denn die Stadt Leipzig plant für den Nordteil des Geländes zwischen Gleisanlage und Grünfläche nicht nur Bestandssanierungen, sondern auch Neubauten für Gewerbezwecke. Im nördlichen Bereich soll es zusätzlich auch Neubauten zum Wohnen geben.
„Gegen die Sanierung der alten Güterschuppen und Neubauten entlang der Gleisanlage haben wir grundsätzlich nichts einzuwenden“, sagt Josephine Michalke, stellvertretende Vorsitzende des BUND Leipzig. „Aber die Fläche zwischen Ladestraße West und Radweg soll entsiegelt und begrünt werden.“
Das bisherige Bauvorhaben sieht jedoch an dieser Stelle eine gewerbliche Nutzung vor. Der BUND bezweifelt die Notwendigkeit von Neubauten an dieser Stelle und weist auf viele leerstehende Gebäude im Leipziger Westen hin, die für Kleingewerbe nutzbar sind. Ein gutes Beispiel sei das Kaufhaus Held in der Endersstraße.
„Freie Flächen sind in Leipzig inzwischen zu kostbar, um sie ohne zwingenden Grund zu bebauen“, erklärt Elke Thiess, stellvertretende Sprecherin des Leipziger BUND Arbeitskreises Natur- und Artenschutz.
„Der Plagwitzer Bürgerbahnhof ist im Landschaftsplan als Teil einer wichtigen Grünverbindung und Erholungsschwerpunkt ausgewiesen. Die Fläche hat eine hohe Bedeutung als Frisch- und Kaltluftschneise sowie als Verbundelement für Biotope. Viel zu viele Grün- und Freiflächen wurden in den letzten Jahren versiegelt und bebaut. Hier bietet sich die Gelegenheit, ein Stück Grün zurückzugewinnen.“
Die Planskizze zeigt es recht deutlich, dass fast die Hälfte des Gebietes mit neuer Wohn- und Gewerbebebauung (Mischnutzung) verplant ist. Das sind die grau und braun unterlegten Flächen. Und weil solche Nutzungen auch Verkehr auslösen, sind auch noch große Teile des Gebietes mit Verkehrsflächen bedacht, die in der Regel versiegelt werden. Das sind die orange dargestellten Flächen.
In der B-PLan-Begründung aber liest sich das Ganze sehr diffus: „Die Fläche des B-Planes ist im STEP Gewerbe nicht erfasst. Aufgrund der Größe und der Einbindung des Gebietes ist hier nur ergänzendes Potenzial zu den nördlich angrenzenden Revitalisierungsflächen mit Potenzial zu sehen. Ziel des B-Planes sollte ein ausgewogenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage in dem Quartier sein. D. h. die Entwicklung/Ausweisung von Gewerbeflächen sollte sich auf die bestehenden bereits gewerblich genutzten Flächen/Grundstücke beschränken. Bei der geplanten Ausweisung von Mischnutzung im nördlichen und westlichen Bereich des Plangebietes ist der Schutz der bestehenden Gewerbe zu beachten, d. h. keine schleichende Verdrängung des bestehenden Gewerbes.“
Warum unterlässt man diese Ausweisung dann nicht, wenn man das schon ansässige Gewerbe schützen will?
„Schwerpunkt der Planung liegt auf der Entwicklung von großflächigen extensiv gestalteten und genutzten Grünflächen (‚Urbaner Wald‘), welcher Grün- und Freiflächen sowie Fuß- und Radwegeverbindungen umfassen“, heißt es an anderer Stelle.
„Daneben soll durch die Umnutzung einzelner vorhandener denkmalgeschützter Gebäude neue Angebote für gewerbliche Flächennachfragen und für individuelles Wohnen geschaffen werden. Ferner soll durch den Aufbau des Fuß- und Radwegenetzes und die Vernetzung der angrenzenden Bereiche (Kleinzschocher, Plagwitz, Spinnereigelände, Grünau-Ost) eine Steigerung der Lebensqualitäten für die umliegenden Quartiere bewirkt werden.“
Als wichtige Kernziele im Bereich Plagwitzer Bahnhof werden zuallererst die „Entwicklung großer Teile der brachliegenden Bahnflächen in großflächige und öffentlich nutzbare Grünflächen“ und der „Erhalt wichtiger stadtökologischer Funktionen“ genannt.
Aber das impliziert die Frage, wie viel von der verfügbaren Fläche tatsächlich grün bleibt und ob es überhaupt die Notwendigkeit gibt, hier zusätzlich zu den historischen Gebäuden weitere Bauten zu errichten, auch wenn die Vorlage von „maßvoll“ spricht. Aber was ist „maßvoll“?
„Für die zur gewerblichen und gemischten Nutzung dargestellten Bereiche an der Ladestraße West gilt vertiefend, dass die denkmalgeschützten Bauten erhalten und maßvoll mit Neubauten arrondiert werden sollen. Einen Schwerpunkt bildet dabei das historische Ensemble aus Empfangsgebäude, Pförtnerhäuschen und Wasserturm. Freiwerdende Flächen dienen neuen Gewerbebauten und der großflächigen, übergeordneten Grünvernetzung. Die beiden ehemaligen Ladehallen an den Ladestraßen können in das Umgestaltungskonzept integriert werden und gewerblichen Nutzungen (westliche Ladestraße) sowie dem Wohnen und nicht störenden gewerblichen Nutzungen (östliche Ladehalle) dienen“, umreißt die Vorlage das, was sich die Planer so vorstellen können.
Der BUND beanstandet in diesem Zusammenhang auch die schon erfolgte Baufeldfreimachung mit umfangreichen Rodungen von Bäumen und Sträuchern Anfang Dezember. Hier wird erneut versucht, vor Inkrafttreten eines gültigen B-Plans vollendete Tatsachen zu schaffen. Selbiges geschah bereits am Wilhelm-Leuschner-Platz, betont der BUND.
Beschlossen hat die Aufstellung des B-Plans der Stadtrat in seiner Sitzung am 10. November.
Wobei die Verwaltung mit der Vorlage extra betonte: „Relevanter Handlungsschwerpunkt ist die ‚Balance zwischen Verdichtung und Freiraum‘, die das Ziel verfolgt, das ‚Wachstum flächensparend zu gestalten und die Grün- und Freiraumqualitäten zu erhalten‘. Dazu kommt der Punkt ‚Quartiersnahe Kultur-, Sport- und Freizeitangebote‘. Der Grünzug ist ein Schwerpunkt zur gesamtstädtischen Vernetzung von Grünräumen und der Ergänzung bürgerschaftlicher Freiraumangebote.“
Diese Balance aber sieht der BUND hier nicht umgesetzt.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Keine Kommentare bisher