Die Idee ist ja so falsch nicht: Gartenschauen sind ein guter Anlass, vergessene Grรผnflรคchen in Stรคdten wieder neu zu gestalten und ihnen neue Qualitรคten zu verpassen. Weshalb die CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat seit 2013 schon mehrfache Vorstรถรe startete dafรผr, dass sich Leipzig mal um die LGA, mal um die BUGA bewerben sollte. Jetzt soll es die Landesgartenschau sein, fรผr die sich Leipzig und Markkleeberg gemeinsam bewerben sollen. Denn beide besitzen ein Stรผck von einer etwas demolierten Grรผnflรคche.
Frรผhere Vorstรถรe der CDU-Fraktion zielten eher auf das Gebiet von Weiรer Elster und Neuer Luppe. Doch dort spielen andere Fragen eine viel stรคrkere Rolle โ vom Hochwasserschutz bis zur Wiederherstellung der Auenlandschaft. Fรผr eine kรผnstliche Landschaftsgestaltung bietet sich dieses Gebiet nicht wirklich an.Das in weiten Teilen zu einem undefinierbaren Mischmasch gewordene agra-Gelรคnde hingegen schon. In den Stadtplanungen Markkleebergs spielt es immer wieder eine Rolle. Dort plant man seit Jahren die behutsame Wiederherstellung der historischen Parklandschaft und kรคmpft deshalb auch vehement fรผr die Tunnelvariante der B2, die derzeit noch auf Stelzen mitten durchs Gelรคnde fรผhrt.
In Leipzig aber รคhnelt der Umgang mit dem Leipziger Teil des agra-Parks einem amtlichen Hรผ-und-Hott. Schon zwei Vorschlรคge der Verwaltung, wie man das Gelรคnde in Dรถlitz kรผnftig nutzen kรถnnte, wurden komplett geschreddert. Ein dritter Vorschlag plรคdiert fรผr deutlich naturnรคhere Umgestaltungen als die von der Verwaltung immer wieder so beharrlich vorgetragenen Ideen zu Discountern, Wohnbebauung, Hotelbauten, weiterer Messenutzung usw.
Aus dem Stadtrat kamen dann auch noch Vorschlรคge, hier eine Schule und/oder eine Kindertagesstรคtte zu bauen. Und der รkolรถwe fand, hier wรคre zumindest Platz fรผr die in Leipzig so schmerzlich vermisste Mountainbike-Strecke.
Aber all diese in der Regel nicht zueinanderpassenden Ideen erzรคhlen vor allem von einem: Dass es auf Leipziger Seite รผberhaupt keine wirklich belastbare Idee gibt, was man mit dem Leipziger Teil des agra-Parks eigentlich anfangen kรถnnte.
Auch deshalb haben sich jetzt CDU- und SPD-Fraktion zusammengetan und beantragen gemeinsam: Die Landesgartenschau soll nach Leipzig kommen. Dieses Ziel verfolgen die SPD- und die CDU-Fraktion mit einem gemeinsamen Antrag an den Leipziger Stadtrat. Zusammen mit der Nachbarstadt Markkleeberg soll eine entsprechende Bewerbung auf den Weg gebracht werden.
Auch einen konkreten Veranstaltungsort haben die Initiatoren bereits im Blick. โDas agra-Gelรคnde bietet dabei hervorragendes Potenzial und kann vom Schub, den eine Landesgartenschau mit sich bringt, nur profitieren. Natรผrlich legen wir dabei Wert auf Investitionen in das Gelรคnde, die langfristig und nachhaltig wirkenโ, erklรคrt Stadtrรคtin Siegrun Seidel, die den Antrag innerhalb der CDU-Fraktion initiiert hatte.
Auf ein Problem freilich geht Prof. Dr. Getu Abraham, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat, ein: โUm den agra-Park fรผr eine Landesgartenausstellung fit zu machen, ist es notwendig, dass die Troglรถsung fรผr die Bundesstraรe B2, fรผr die sowohl von Markkleeberger als auch von Leipziger Seite aus seit Jahren gestritten wurde, zรผgiger umgesetzt wird. Nur ohne die Brรผcke, die den Park zerschneidet, kann eine Gartenausstellung dafรผr sorgen, dass der agra-Park langfristig davon profitiert.โ
Deshalb heiรt es im gemeinsamen Antrag von CDU- und SPD-Fraktion:
โEin bereits erarbeitetes Konzept der Stadt Markkleeberg belegt die Machbarkeit einer รผberregionalen Schau, lediglich die den Park (noch) durchschneidende Streckenfรผhrung der Bundesstraรe B2/B95 stellt sich als Hindernis fรผr die Vergabe einer Gartenschau dar. Mit der durch Freistaat Sachsen und Bund im September 2021 getroffenen Vereinbarung wird nunmehr die Tieferlegung โ und nicht nur ein Ersatzbau der Brรผcke โ gesichert.
Damit wรผrde der Weg frei fรผr eine erneute Bewerbung, in die das agra-Gelรคnde einbezogen werden muss. Dies kommt der Stadt Leipzig insofern entgegen, dass dort ohnehin zahlreiche Instandsetzungen notwendig sind, die vor dem Hintergrund einer Bewerbung konzeptkonform gestaltet werden kรถnnen.โ
Wobei es hier ein zeitliches und finanzielles Problem gibt, wie gerade eine Einwohneranfrage von Heike und Ansgar Kรถnig ergab. Denn das Dezernat fรผr Stadtentwicklung und Bau konnte ihnen zum Stand der Tunnel-Lรถsung nur mitteilen:
โDas Verkehrs- und Tiefbauamt steht zu diesem Projekt im Kontakt mit dem zustรคndigen Landesamt fรผr Straรenbau und Verkehr. Das LASUV hat mitgeteilt, dass sich das Projekt noch in der Bearbeitung der zustรคndigen Niederlassung befindet. Zur Finanzierung liegen sowohl dem LASUV als auch der Stadt noch keine รผber die zitierte Pressinformation hinausgehenden Informationen vor. Die Stadt Leipzig wird sich weiterhin gegenรผber dem Freistaat und dem Bund fรผr eine Einordnung zur Finanzierung einsetzen.โ
Was eben auch bedeutet, dass es selbst bis zur Finanzierung und Planung des Tunnelbauwerks noch mehrere Jahre dauern wird, von einer Umsetzung ganz zu schweigen.
Aber die Fixierung auf die B2 darf natรผrlich auch nicht darรผber hinwegtรคuschen, dass gerade der Leipziger Teil des aqra-Parks vรถllig unstrukturiert ist und hier noch nicht einmal vage Skizzen vorliegen, wie man den Park im รถstlichen Teil wieder erlebbar machen kann. Ideen, dazu gab es โ aber sie scheitern immer wieder an der Gestaltungshoheit einer Verwaltung, die sich von der Vorstellung nicht trennen will, hier wirtschaftlich gestaltend tรคtig zu werden.
โDie Leipziger SPD-Fraktion setzt sich bereits seit Jahren fรผr eine denkmalgerechte Lรถsung fรผr den agra-Park ein und hatte dazu in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen gestartetโ, betont Getu Abraham.
โDie Tieferlegung der Bundesstraรe wertet den denkmalgeschรผtzten Park auf, denn neben historischen Sichtachsen, die dann wieder zur Geltung kommen, wรผrden auch Lรคrm und Abgase, die durch den Autoverkehr auf der Bundesstraรe entstehen, unter der Erde verschwinden.โ
Und Leipzig tรคte gut daran, die รffnung des Parkzugangs fรผr Fuรgรคnger und Radfahrer endlich zum Plan werden zu lassen. Denn ein abgesperrter Park, der fรผr die meisten Leipziger/-innen nicht erlebbar wird, findet natรผrlich auch keine Unterstรผtzung in der Bevรถlkerung.
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