Eigentlich war schon längst Bewegung im Parkplatzproblem in Anger-Crottendorf. Der Bürgerverein Anger-Crottendorf und der Stadtbezirksbeirat Ost hatten die Sache in Bewegung gebracht. Denn die viel zu vielen privaten Fahrzeuge im Ortsteil sind seit Jahren ein Problem. Es fehlt an Ausweichmöglichkeiten zum Parken, aber in den engen Anwohnerstraßen gefährdet das Parken die Verkehrssicherheit massiv.
Längst ist hier das Ordnungsamt tätig geworden und hat verstärkt den ruhenden Verkehr kontrolliert. Mit Folgen und Erfolg, könnte man meinen. Denn nach den Zahlen des Ordnungsamtes, die das VTA in der Stellungnahme der Stadt veröffentlicht hat, ist die Zahl der Parkverstöße danach deutlich zurückgegangen.
Freilich hat sich zwischenzeitlich neben dem Bürgerverein Anger-Crottendorf eine zweite Bürgerinitiative in Anger-Cottendorf gegründet, die das nun spürbar werdende Fehlen von Stellplätzen zu ihrem Thema machte. „Leben und Parken in Anger-Crottendorf“ nennt sie sich.
Mehr als 2.000 Unterschriften bei Petition
2.051 Unterzeichner fand die von Tomasz Petersohn gestartete Petition, die am Mittwoch, 8. Dezember, in der Ratsversammlung dann zur Abstimmung kam.
„Die Petenten beantragen mit jeder Unterschrift, vor allem vor dem Hintergrund des vom Stadtbezirksbeirat Ost gestellten Antrags Nr. VII-A-01885-ÄA-02 („Superblock“) und der geplanten Bebauung hinter der Ostwache (Abriss Garagenhof), die erneute Prüfung des Plans zum Parkplatzabbau i.V.m. der Änderung der Verkehrsführung unter Berücksichtigung der Interessen ALLER Bürger in Anger-Crottendorf“, heißt es in der Petition.
„Der hier geplante Abbau der bis dato geduldeten Parkmöglichkeiten stellt schließlich keine Lösung dar, sondern verschiebt nur den Parkplatznotstand, und den entstehenden Suchverkehr, nach freien Parkmöglichkeiten in angrenzende Stadtteile.“
AfD-Antrag mit gehöriger Verzögerung
Eine Petition, die übrigens weder von Verwaltung noch Petitionsausschuss abgelehnt wurde. Das darf betont werden. Und man konnte am 8. Dezember durchaus die Verstimmung heraushören, als CDU-Stadträtin Siegrun Seidel und Linke-Stadträtin Beate Ehms ans Mikrofon traten. Denn was die AfD da als Änderungsantrag formuliert hatte, brachte nicht wirklich etwas Neues zum Anliegen bei, und was der AfD-Stadtrat Marius Beyer dann vortrug, war schon eine ziemlich heftige Mischung aus „Halbwahrheiten und Unwahrheiten“, wie Siegrun Seidel betonte.
Dazu kam, wie Beate Ehms feststellte, die sehr kurzfristige Einreichung des AfD-Antrags, sodass dieser im Petitionsausschuss gar nicht mehr behandelt werden konnte. „Unredlich“ nannte Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek das, was Beyer da in Anklägerhaltung von sich gegeben hatte – und das auch sichtlich in Unkenntnis der Vorgänge vor Ort. Denn beide Bürgervereine sitzen längst mit am Runden Tisch und werden eingebunden bei der Suche nach einer Lösung.
Die Masse an Autos ist das Problem
Die am Ende durchaus auch vorbildlich werden könnte für die ganze Stadt. Denn diese Stellplatzprobleme in den innerstädtischen Quartieren aufgrund von einem immer noch wachsenden Autobesitz werden noch viele andere Ortsteile genau so zu spüren bekommen.
Andere haben diese Erfahrungen schon gemacht wie Schleußig, Plagwitz oder Gohlis-Nord. Die Stadt ist nun einmal nicht für diese Unmengen an geparkten Fahrzeugen gebaut. Und nicht nur Anger-Crottendorf leidet zusätzlich darunter, dass hier eine spürbare Lücke im ÖPNV-Angebot besteht. Denn aufs Auto können viele erst verzichten, wenn auch ein gutes ÖPNV-Angebot im Ortsteil existiert.
Um die Lage im Ortsteil zu entspannen, prüft auch die stadteigene LWB derzeit, ob sie temporäre Stellplätze schaffen kann. Aber Siegrun Seidel betonte berechtigterweise, dass der AfD-Antrag gerade deshalb unnötig war, weil die Verwaltung als eigenen Vorschlag längst formuliert hatte: „Auf Grundlage dieser Annahmen und um einen besseren Überblick z.B. zu Verlagerungseffekten zu erhalten, wird eine Parkraumanalyse im Gebiet zwischen Wurzner Straße, Breite Straße, Zweinaundorfer Straße sowie der S-Bahn-Strecke und den Kleingartenanlagen durchgeführt.
Die Möglichkeiten alternativen Parkraumangebotes werden zudem auch in Umsetzung bereits anderer Stadtratsaufträge geprüft.
Im oben genannten Untersuchungsgebiet wird bis Ende des zweiten Quartals 2022 eine Parkraumanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse werden auch im Ortsteil vorgestellt und fließen in die Prüfung von alternativen Parkmöglichkeiten (z.B. Quartiersgarage) ein.“
Parkraumanalyse soll helfen
Diesem Konzept solle man doch erst einmal eine Chance geben, so Seidel. Wobei sie freilich auch etwas ungehalten war, weil das Planungsdezernat versprochen hatte, das Konzept noch im Dezember vorzulegen. Es liegt freilich noch nicht vor.
Was aber den Sinn des Verwaltungsvorschlags nicht aushebelt. Der lautete: „Im Untersuchungsgebiet Anger-Crottendorf wird eine Parkraumanalyse durchgeführt und die Möglichkeiten alternativen Parkraumangebots untersucht.“
Der Petitionsausschuss hatte den Vorschlag nur noch einmal zugespitzt und formuliert: „Im Untersuchungsgebiet Anger-Crottendorf wird bis zum Ende des zweiten Quartals 2022 eine Parkraumanalyse durchgeführt und die Möglichkeiten alternativen Parkraumangebots untersucht.“
AfD und CDU scheitern mit Änderungsantrag
Nach Siegrun Seidels vehementer Wortmeldung hätte man dann freilich erwartet, dass auch die CDU-Fraktion gegen den AfD-Vorstoß stimmen würde. Aber sie stimmte stattdessen doch wieder mit der AfD-Fraktion, sodass deren Änderungsantrag 20 Ja-Stimmen bekam bei 42 Nein-Stimmen. Womit er natürlich abgelehnt war.
Während es zum eigentlichen Vorschlag des Petitionsausschusses, in dem ja Vertreter aus allen Fraktionen sitzen, dann – bis auf wenige Enthaltungen – eine umfassende Zustimmung gab.
Die Debatte vom 8. Dezember 2021 im Stadrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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Es gibt 6 Kommentare
@EarlGrey
Wahrscheinlich noch weiter weg, oder abends bis ganz früh am Morgen widerrechtlich auf trotzdem Fußwegen, wenn das Ordnungsamt (noch) schläft. Kann man nachts oft beobachten.
Aber selbst wenn die 100 Autos jetzt noch einen Platz gefunden haben, wird das spätestens mit den nächsten Bauvorhaben noch schwieriger.
Ich finde es sehr ok, dass das OA durchgegriffen hat, die Qualität hat definitiv zugenommen.
Mein Vorschlag – siehe unten.
Es ist schade, dass das Ordnungsamt offensichtlich nur aktiv wurde, nachdem der Bürgerverein Anger-Crottendorf die Angelegenheit so hartnäckig verfolgte.
Ich würde mir wirklich wünschen, dass auch in anderen Leipziger Ortsteilen, wo die Straßen ähnlich schmal sind und rechtswidrig zugeparkt werden (z.B. Marienbrunn, Gartenstadt Alt-Lößnig usw.), das Ordnungsamt seinen Verpflichtungen nachkommt, auch ohne dass Vereine erst Druck ausüben müssen.
@Christian
Wo stehen denn die ca. 100 Fahrzeuge heute, die seit April nicht mehr auf den Gehwegen der vier “beräumten” Straßen stehen?
@EarlGrey
Naja, so einfach denke ich, ist es nicht. Die Probleme sind vielleicht nicht überall direkt proportional zum Besatz mit Autos. Parkverbote, Straßenbreiten etc. sind doch verschieden.
Es gibt Zeiten, da gibt’s keinen Platz. Auch nicht 500m weiter.
Was denn wohl rauskommt bei der Parkraumanalyse in einem Stadtteil mit dem dritt-geringsten privaten PKW-Besatz pro 1.000 Einwohner?
95% der Stellplätze sind belegt, 5% sind leider nicht vor der eigenen Haustür, sondern ein paar hundert Meter entfernt? Das wird die lokalen Auspufffreunde dann aber ärgern. Schon wieder!
Eine sogenannte “Parkraumanalyse” wird keinen Parkplatz mehr schaffen. Man kann sich dann später nur darauf berufen, dass man sich das ganze etwas genauer angesehen hat. Es gibt vor Ort keinen Platz mehr für neue Parkplätze.
Die “Masse an Autos” suggeriert auch ein wenig die Vorstellung, es kämen ständig neue dazu. So ist es nicht. Es fallen nur immer wieder Parkplätze weg, durch die Verdichtung im Stadtbezirk.
Eine wirklich bahnbrechende Tat wäre das Fortführen und Ausweiten der Idee, die schon vor kurzem testweise etwas kleiner probiert wurde.
Man müsste bspw. 10 Parkplätze in der Gregor-Fuchs-Straße zu Car-Sharing-Parkplätzen umwidmen und dort 10 CS-Autos stationieren!
Der Bedarf ist da und wurde zur Testzeit sehr genutzt, wie aktuell auch im Anger-Crottendorfer-Anzeiger nachzulesen ist.
Das Problem ist bei Car-Sharing-Angeboten, dass die Bürger keine Lust haben, sich um 2 Autos zu streiten. Es muss einfach ein Fuhrpark sein, der bereit steht, sodass jeder damit rechnen kann, bei Bedarf auch ein Auto nehmen und benutzen zu können.
Dann, prophezeie ich, reduziert sich allmählich auch die Anzahl der privaten PKW im Stadtbezirk.
Gern dürfen dann wiederum noch mehr Sharing-Autos dazu kommen.
Denn nur das wird den MIV signifikant reduzieren können.
Allein durch die E-Mobilität oder die Reduzierung von Parkplätzen wird es nicht besser werden.