Am Freitag, 3. September, lud die Interessengemeinschaft „Rettet den Kulki“ ein zu einer öffentlichen Veranstaltung mit Vertretern des Leipziger Stadtrates. Gegründet hat sie sich, seit den Mietern der Grundstücke am Kulkwitzer See die Kündigungen ihrer Mietverträge in den Bungalow geflattert waren. Besenrein bitte bis Ende 2021. Oder doch erst 2022? Dabei grummeln im Hintergrund noch ganz andere Vorgänge, wie die Fragerunde ergab.

Hilferufe vom Ufer wurden erhört

Fast alle im Stadtrat vertretenen Fraktionen waren anwesend. Was schon ein Zeichen war, dass der Hilferuf vom Ufer des Kulkis nicht unerhört verhallt war. Mit Jürgen Kasek (Grüne) und Sören Pellmann (Linke) waren auch zwei Stadträte gekommen, die auch in der Verbandsversammlung des Zweckverbandes Kulkwitzer See sitzen. Sie wissen also noch etwas direkter, was da im Zweckverband eigentlich vor sich geht und die Sache so vertrackt macht.Denn eigentlich hätte der Zweckverband längst aufgelöst sein müssen. Schon 2012 hat Markranstädt, der andere Partner des Zweckverbandes, die Auflösung beschlossen. Eigentlich warteten alle nur noch darauf, dass Leipzig nun nachziehen würde. Doch jahrelang geschah nichts, obwohl der Leipziger Stadtrat schon 2018 den Bebauungsplan für die Ostseite des Kulkwitzer Sees beschloss.

Warum Leipzigs Verwaltung dennoch zögerte, den Beschluss zur Auflösung vorzulegen, konnten auch die anwesenden Stadträte nicht sagen. Nur vermuten, dass das wohl an der von Leipzig gewählten vertrackten Konstruktion lag, die im Jahre 2006 einen Geschäftsbesorger unter Vertrag nahm, der sich seitdem für den Zweckverband um die Geschäfte am Ostufer kümmerte.

Veranstaltung vom 3. September 2021 im Mitschnitt

Video: LZ

Markranstädt hatte so eine Auslagerung der Geschäfte schon längst nicht mehr als sinnvoll angesehen und die Bewirtschaftung des Westufers in die eigene Regie genommen. Freilich auch mit dem Wunsch, attraktive Wohnbebauung bis an den See zu schaffen, etwas, was Leipzig auf Grünauer Seite nie vorhatte.

Vertrag mit der LeipzigSeen GmbH als Stolperfalle?

Aber die Existenz des 2006 abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages mit der LeipzigSeen GmbH erweist sich jetzt augenscheinlich als Stolperstein, denn um den Zweckverband auflösen zu können und dann als Stadt eigene Mietverträge mit allen Mietern bzw. Pächtern am See aufsetzen zu können, muss zunächst der Vertrag mit der LeipzigSeen GmbH rechtsgültig beendet werden.

Dafür aber – das sprach dann Sören Pellmann an – muss der Geschäftsführer der LeipzigSeen GmbH erst einmal gültige Jahresabschlüsse für die zurückliegenden Jahre vorlegen. Doch die scheint es seit 2013 nicht mehr zu geben. Was Pellmann durchaus nachdenklich macht, denn dann wirft das auch Fragen danach auf, was die LeipzigSeen GmbH mit den 120.000 Euro jährlich eigentlich gemacht hat, die sie von der Stadt Leipzig als Investitionszuschuss erhielt.

Davon hätten Wege, Toiletten und Infrastrukturen in Ordnung gebracht werden müssen. Doch aus Sicht der Bürgerinitiative ist dergleichen lange nicht mehr passiert.

Stadtratsmehrheit für Auflösung des Zweckverbands

Wenn aber die Mitglieder des Zweckverbandes den Geschäftsbesorger nicht entlasten können, weil es keine ordentlichen Jahresabschlüsse für die zurückliegenden Jahre gibt, kann auch der Vertrag nicht so einfach gekündigt werden, kann es auch noch ein richtiges juristisches Nachspiel geben. Der Geschäftsbesorger, der seinen Vertrag ja mit dem Zweckverband hat, bliebe im Spiel, obwohl zumindest der Leipziger Stadtrat in seiner Mehrheit dafür ist, den Zweckverband schnellstmöglich aufzulösen.

Einen entsprechenden Antrag hat ja schon die Linksfraktion gestellt. Und Heiko Bär für die SPD, Jürgen Kasek für die Grünen, Jessica Heller und Andreas Habicht für die CDU und Thomas Köhler für die Freibeuter bestätigten an diesem Abend, dass sie hinter dem Antrag stehen, der locker auf eine Mehrheit im Stadtrat rechnen kann.

Demnächst noch ergänzt durch einen Änderungsantrag der CDU-Fraktion, wie Jessica Heller ankündigte, der nach Abwicklung des Zweckverbands auch eine bessere Zusammenarbeit mit den Mietern am See anmahnt, mit denen gemeinsam dann die Infrastruktur entwickelt werden soll. Denn die waren bislang immer außen vor und fühlten sich zuletzt, als die Kündigungen durch die LeipzigSeen GmbH auf ihren Tisch flatterten, erst recht wie ungebetene Gäste.

Zweckverband bis Sommer 2022 beendet?

Aber niemand im Stadtrat habe vor, am See irgendetwas plattzumachen, wie es Thomas Köhler formulierte. Und auch Bär betonte, dass mit dem Bebauungsplan von 2018 auch der Bestandsschutz für die Bungalows weiter gilt. Nur bei den Mietverträgen für die Grundstücke, auf denen die Bungalows stehen, scheint man jetzt in eine rechtliche Grauzone zu geraten, es sei denn, es gelingt wirklich, dass der Stadtrat schon im Oktober die Auflösung des Zweckverbandes beschließt, wie es im Antrag der Linksfraktion steht. „Das ist sportlich“, sagte Pellmann.

Aber wie aus dem zuständigen Amt für Stadtgrün und Gewässer zu hören sei, sei man dort eigentlich derselben Meinung. Da werde es wohl auch keine abweichende Stellungnahme der Stadtverwaltung geben. Aber ebenso sportlich wird es dann natürlich auch, den Zweckverband bis Sommer 2022 tatsächlich aufzulösen. Denn erst danach gingen auch die Seegrundstücke aus dem Zweckverband wieder an die Stadt und könnte die Stadt selbst als Vermieter tätig werden.

Und natĂĽrlich auch endlich mit der Aufwertung des Ostufers beginnen. Denn nichts von dem, was 2018 beschlossen wurde, ist unter dem aktuell noch existierenden Konstrukt umsetzbar.

Was wurde aus mehr als einer Million Euro?

Den Mitgliedern der Bürgerinitiative (die ja auch eine eigene Petition zu ihrem Anliegen verfasst haben) konnten die anwesenden Stadträt/-innen jedenfalls mitgeben, dass sie jetzt Druck ausüben würden, dass der Beschluss zur Auflösung des Zweckverbandes schnellstmöglich gefasst wird.

Sie sollten aber auch selbst nicht aufhören, Druck zu machen. Denn in der Zweckverbandsversammlung muss auch Markranstädt zustimmen. Und danach werden wohl sowieso die Juristen ans Werk gehen, alles wieder auseinander zu dröseln und auch die offenen Finanzfragen zu klären.

Denn auch Markranstädt hat ja Geld eingelegt in den Zweckverband. Und Leipzig wird nicht einfach so darauf verzichten können, von der LeipzigSeen GmbH rechtsgültige Bilanzen für alle zurückliegenden Jahre zu bekommen und zu erfahren, was mit den – so Pellmann – inzwischen 1,2 Millionen Euro an Investitionsmitteln passiert ist.

Die Unsicherheit bleibt vorerst

Vor diesem Hintergrund scheinen die Mietverträge mit den Bungalowbesitzern zwar irgendwie zweitrangig, sind sie aber nicht. Auch deshalb sei es so wichtig, so der einhellige Tenor, den Auflösungsbeschluss für den Zweckverband noch vor dem Jahresende hinzubekommen, damit die Stadt schnellstmöglich in die Lage kommt, selbst als Vermieterin tätig werden zu können.

Aber so ein kleines Gefühl der Unsicherheit schwebte dann doch noch im Raum, denn gerade bei den finanziellen und juristischen Fragen der Auflösung des Vertrags mit der LeipzigSeen GmbH als Geschäftsbesorger scheint es noch einmal richtig verzwickt zu werden.

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