Wenn das Leipziger Ordnungsamt will, dann kann es auch die Verkehrsordnung durchsetzen. Das ist ja augenblicklich auch in Anger-Crottendorf zu besichtigen, wo der Stadtbezirksbeirat erheblich Druck gemacht hatte, dass hier auch im ruhenden Verkehr endlich klare Kante gezeigt wird. Ist das nun eine Ausnahme oder wird das im Leipziger Stadtgebiet jetzt öfter gemacht? Eine erhellende Antwort auf eine Einwohneranfrage.
Gefragt hatte Marcel Pruß, den das Thema schon länger beschäftigt. Denn gerade in Anger-Crottendorf hatte das in den letzten Jahren zu Situationen geführt, die vor allem für Fußgänger/-innen und schwächere Verkehrsteilnehmer teilweise hochgefährliche Momente entstehen ließ.„Vor über einem Jahr begann es mit einer Einwohneranfrage: ,Gilt die Straßenverkehrsordnung auch in Anger-Crottendorf?‘“, ging Marcel Pruß in seiner Einwohneranfrage noch einmal auf die Vorgeschichte ein.
„Es folgten mithilfe des Bürgervereins Anger-Crottendorf und des Stadtbezirksbeirates-Ost Monate des Schriftwechsels sowie Wichtige Anträge. Verschiedene Ämter der Stadt schoben die Verantwortung für die Falschparkerei auf Gehwegen / im Kreuzungsbereich im Stadtteil allerdings hin und her. Seit 22.03.2021 versucht das Ordnungsamt nun die Straßenverkehrsordnung in Anger-Crottendorf durchzusetzen – zweieinhalb Wochen mit Höflichkeitszetteln, seit 8.4.2021 mit Knöllchen.“
Was ja schon einmal heißt: Das Ordnungsamt kann sehr systematisch arbeiten, wenn es das Problem des Falschparkens in den Griff bekommen möchte. Und dieses konsequente Vorgehen hat Erfolg, wie das Ordnungsamt jetzt auf die Fragen von Marcel Pruß zugesteht. Und zwar nicht nur in Anger-Crottendorf. Auch andere Problemstadtviertel bekommt man so in den Griff.
Fragen und Antworten zeigen eigentlich recht deutlich, dass es funktioniert und dass das Wildparken auch in einer Stadt wie Leipzig unterbunden werden kann.
Fragen und Antworten
Wie schätzt das Ordnungsamt die Situation ein: Reicht das milde Mittel Knöllchen aus, um die Behinderungen auf Gehwegen und Gefährdungen in Kreuzungsbereichen – vor allem der Verkehrsteilnehmenden die zu Fuß unterwegs sind – zu beseitigen?
Seit Verteilung der Höflichkeitszettel und verstärkt seit der Ahndung der Verkehrsverstöße mit Verwarnungsgeld („Knöllchen“) zeigt sich eine spürbare Veränderung der Situation, wie auch bereits öffentlich u. a. durch den Bürgerverein bestätigt. Auch schriftliche Reaktionen aus der Bevölkerung bestätigen das Vorgehen des Ordnungsamtes.
Hinzuweisen ist darauf, dass die als „milde“ bezeichnete Ordnungswidrigkeitenanzeige das regelmäßig anzuwendende Mittel darstellt. Ein Verstoß gegen § 12 Absatz 4 Satz 1 StVO stellt eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 49 Absatz 1 Nr. 12 StVO dar und ist mit Verwarnungsgeld bedroht. Die Höhe des Bußgeldes richtet sich nach der Anlage 1 zu § 1 Absatz 1 der Bußgeldkatalogverordnung. Bei den jeweiligen Tatbeständen wird dort in den Regelsätzen jeweils die Schwere des Verstoßes, zum Beispiel mit oder ohne Behinderung differenziert.
Wo hat dies in Leipzig schon einmal funktioniert und für eine dauerhafte Problemlösung gesorgt?
Das analoge Vorgehen wie in Anger-Crottendorf wird seit Jahren im gesamten Stadtgebiet angewendet, in der jüngsten Vergangenheit in der Kroch-Siedlung in Gohlis, in der Körnerstraße, im Bereich der Johannishöhe, in Mölkau u. v. m. Es zeigte sich jeweils eine Verbesserung der Verkehrssituation, wobei es nicht der Lebenswirklichkeit entspräche, nunmehr keinerlei Verstöße mehr zu verzeichnen.
Welchen Einfluss auf die Amtspraxis hat das Rechtsgutachten von Professor Müller, welches laut Selbstauskunft der Stadt (Homepage) als Schulungsmaterial genutzt wird/ wurde und wie wirkt sich dies nun auf die Maßnahmen in Anger-Crottendorf mit Blick auf Frage 1 aus?
In dem Material von Herrn Prof. Dr. Dieter Müller ist die Rechtslage und die aktuelle Rechtsprechung in Bezug auf die Anordnung von Vollzugsmaßnahmen zusammengefasst. Es entbindet die Gemeindlichen Vollzugsbediensteten nicht von der Abwägung im Einzelfall. Eine spezielle Handlungsanweisung für den Stadtteil Anger-Crottendorf wurde diesbezüglich nicht getroffen.
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.
Vielen Dank dafür.
Es gibt 9 Kommentare
Keine Parkplätze. Autos fahren schneller durch, zum nächsten Parkplatz-Viertel.
Wenige Parkplätze. Autos fahren langsamer. Auf Parkplatzsuche. Sehen vielleicht dabei auch mal ein spielendes Kind, verschiedene Hausgemeinschaften gemeinsam beim Picknicken .. und auch Fußgänger.. Im grünen Vorder-Hof.
So in etwa? ^^
*Straße auch nur beruhigt wird
Und das alles nur, weil Sie nicht wollen, dass die Straße nicht einmal beruhigt wird?
Die Stadt als Maschine, in der die Bewohner sich in definierten Räumen aufhalten und in anderen Räumen gefälligst in ihren Privatpanzern bleiben sollen? Also eine Stadt ohne Fußwege. Nur Häuser mit Innenhöfen und sonst nur Straßen. Wie menschenleer.
Sehr visionär.
Lassen Sie den Leuten doch ihre mediterrane Lebensart, so wie Sie in Ihrem grünen Innenhof sich Ihres Lebens erfreuen können.
Ich finde es schön, wenn jeder seine kleine Gelegenheit für ein bisschen Flow im Alltag finden kann.
“Merkwürdig, dass ich diese spezielle Ausrede nur von Autofans aus A-C kenne.”
Ab heute kennen Sie noch weitere, die nicht in “A-C” wohnen. 😉
Diesen Gedanken, diese Mediteranisierung, wie es jemand anders mal genannt hat, dass sich das Leben auf den Straßen abspielt und nicht im ruhigen Grünen, den teilt halt nicht jeder. Da können noch so viele “Schona-Cafés” entstehen, und noch so viele junge Leute am Parking-day da Minigolf (oder sitzend am Smartphone) spielen, aber im grünen Innenhof ist es halt doch was anderes.
Die Leute setzen sich heute auf den Bürgersteig, die Kneipiers nennen es “Freisitz”, und dann stört plötzlich die Straße. Und die muss dann natürlich beruhigt werden.
Ich finde auch dieses Abgewatsche im Sinne von “das ist ja so die Denke der xx Jahre” eigentümlich. Es lässt sich beliebig benutzen, an anderer Stelle vielleicht sogar zum Positiven.
“Asphaltwüste mit Aggrofahrern” –> ließe sich auch auf die Karli und ihre allseits beliebten Radler übertragen. Grünes Zeichen für Fußgänger heißt nicht, dass da nicht doch ein eiliger Radfahrer vor Ihrer Nase vorbeirauscht, oder im besten Fall um Sie herumschlängelt. Wiederanfahren kostet ja so viel Kraft!
Ich finde, mit solchen Kampfbegriffen tut man sich nichts Gutes.
Ich wohne in A-C.
Und Ihrer Beschreibung entnehme ich wunderschön, dass Familien sich in ihren Höfen aufhalten und aber den Spaziergängern “draußen” nur eine unwirtliche Asphaltwüste mit Aggrofahrern gönnen. Das ist so richtig Denke der 50er Jahre, die wieder hervorgekramt wird.
Gerade der Platz um den Konsum herum könnte richtig toll gestaltet werden. Aber das will man nicht.
Man hat ja seine Innenhöfe. Merkwürdig, dass ich diese spezielle Ausrede nur von Autofans aus A-C kenne. Klar, Gemeinschaftshöfe gibt es kaum; die Eigentümer müssen ja immer ihre Zäune selbst in Innenhöfen hochziehen.
An Stefan: Sie scheinen hier nicht zu wohnen. Wir haben hier zwei Kinder und gehen schon die ganzen Jahre gerne zur Eisdiele. Und ja es gibt überall wunderschöne große grüne Gemeinschaftshöfe. Da läßt man doch gerne seine Kinder spielen. Haben Sie Familie? Außerdem Ist AngerCrottendorf grün. Überall Parks, Spielanlagen und Gärten. Es ist wunderschön hier zu leben. Warum soll ich mich auf die Straße setzen? Leider paßt das einigen nun nicht mehr. Außerdem, durch die neuen Parkordnung sind die Straßen zwar leerer aber auch schneller geworden Kaum jemand hält sich an die 30. Also entschleunigt ist hier leider nix. Vorher wurde hier langsamer gefahren.
Schöner Kommentar… das motiviert mich (A-C, Nähe Ramdohrscher Park) jetzt, mal an dem kleinen “Schulcampus” wieder vorbei zu spazieren bis zum Beginn der Kleingärten Ri. Stünz.
Der gesamte Bereich ist stadtgestalterisch nämlich sehr schön und ansprechend, so mit den Grünflächen zwischen den Fahrbahnen, den großen Plätzen. Richtig nett zum Flanieren.
Aber ich weiß nicht mal mehr, ob es am Ende die Eisdiele noch gibt, so lange habe ich mich wegen der superumsichtigen Autofahrer nicht mehr hingetraut. Fußgänger sind nur Weichhindernisse.
Platz zum Parken ist doch in den Hinterhöfen.
Bei fb las ich vor einiger Zeit, dass die Kinder gefälligst in den Hinterhöfen bleiben sollen. Verachtender geht’s kaum. Und nun hängen Plakate von schwer getroffenen Autofahrern mit irgendwelchen Comicfiguren. Weltuntergang. Mindestens.
Nein, werte Leipziger Autofahrer, in den Wohngebieten macht es mit Euch längst überhaupt keinen Spaß mehr. Das ist in anderen Großstädten definitiv anders, ja auch im pöhsen Berlin.
Es hat eh viel zu lang gedauert, das das Leipziger Ordnungsamt seiner Obliegenheit mal nachkam. Warum gerade jetzt und nicht schon vor zehn Jahren? Es hat sich doch nicht viel verändert.
Was in Schleußig über mehr als zehn Jahre abging, war nicht feierlich. Aber wie so oft, es wird nur an einzelnen Entscheidern in persona gelegen haben, von denen vielleicht einer endlich es in den Ruhestand geschafft hat. Immer gilt: Amtsleiter sind kleine Könige. Auch im VTA.
In den Straßen von Anger-Crottendorf ist Radfahren zu einer ganz neuen Qualität geworden.
Man hat Platz! Der Verkehr ist gedämpfter, weil Einbahnstraßen festgelegt wurden.
Die Parkordnung wird zurzeit sehr ordentlich durchgesetzt.
Leider gibt es noch unverschämte SUV-Fahrer (real so beobachtet), die meinen, auch entgegengesetzt durch Einbahnstraßen abkürzen zu dürfen (bei 2 Verbotszeichen links und rechts am Beginn der Straße!)
Es ist für alle Verkehrsteilnehmer momentan sehr entschleunigt – ich finde das gut.
Mir ist bekannt, dass es da zurzeit heftige Diskussionen gibt, da etliche Parkflächen weggefallen sind und noch fallen werden. Z.B. Garagenhof Schule Ihmelsstraße / Bernhardstraße. Oder nun bald beim Bau der neuen Grundschule. Und der Platz vor der Feuerwehr. Oder durch korrekte Parkordnung.
Es fallen viele Möglichkeiten weg, und neue gibt es nicht oder “werden geprüft”. Da sehe ich aber nicht viel reale Möglichkeiten…
Ohne diese Alternativen wird aber die Akzeptanz der durchgesetzten Parkordnung schwierig werden.
Hier sollte unbedingt – unabhängig vom notwendigen ÖPNV – nach Lösungen gesucht werden.
Und zwar aktiv auch vonseiten der Stadt.