Wenn jetzt grünes Licht für die bürgerschaftliche Mitwirkung bei der städtebaulichen Strukturierung des Matthäikirchhofs gegeben wird, klingt das zunächst vielversprechend. Doch eine „frühzeitige Beteiligung“ ist es mitnichten, entscheidende inhaltliche Prämissen für die Entwicklung des Areals sind längst festgelegt, und zwar ohne Einbeziehung der breiten Bürgerschaft.

Hier offenbart sich ein weiteres Mal das leidige Grundproblem: Die Verwaltung ist nicht an einem freien Dialog von Projektbeginn an interessiert, sondern allenfalls an einer kontrollierten Mitsprache in Teilbereichen.

Dass inhaltliche Setzungen von erheblicher städtebaulich-struktureller Relevanz sind und das Flair des neuen Viertels wesentlich prägen können, zeigt sich darin, dass allein das „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ mit dem sächsischen Stasi-Akten-Archiv nach bisherigen Verlautbarungen ein Drittel des Gesamtareals einnehmen soll.

Apropos „Ort der gelebten Demokratie“ – was soll die Geheimniskrämerei um die „ganz große Nummer“, diesen bislang ungenannten Großkonzern, dem am Matthäikirchhof wohl ein „Filetstück“ offeriert wurde? Bereits 2014 gab es derartige Bestrebungen seitens des Bau- und Wirtschaftsdezernats. Wie weit sind die internen Verhandlungen inzwischen gediehen? Um welche Größenordnung geht es? Welche Zusagen und welche Zugeständnisse wurden gemacht?

Die Bürgerschaft, ja selbst der Stadtrat, wird seit Wochen im Unklaren gehalten.

Die Auswirkungen einer solchen Ansiedlung, im Hinblick auf die anzustrebende lebendige Vielfalt des Viertels sowie im Hinblick auf deren bauliche Dimension, sind nicht absehbar.

Neben der Zielstellung bezüglich des Wohnanteils, hier schwanken die Angaben von 20 bis 30 Prozent, blieb auch die Integration kultureller Bausteine bislang vage.

Volkshochschule und Musikschule Johann Sebastian Bach wären gut geeignet, an kulturhistorische Fixpunkte des Neu- bzw. Matthäikirchhofs anzuknüpfen und Impulsgeber für die Herausbildung einer neuen Identität dieses besonderen Altstadtviertels zu sein – indes orientierte die Verwaltung nun darauf, beide Einrichtungen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz anzusiedeln.

Pro Leipzig e. V. als engagierter Vertreter der Bürgerschaft kann daher nur nachdrücklich dafür plädieren, den Matthäikirchhof nicht monothematisch auszurichten, sondern auch als
„Ort gelebter Kultur“ zu betrachten.

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Es gibt 2 Kommentare

In Leipzig laufen vier spannende Projekte: Matthäikirchhof, Alter Zoll (Westseite Hauptbahnhof), Bayrischer Bahnhof und Leuschnerplatz.

Ich bin absolut zuversichtlich, dass OBM und Stadtverwaltung durch ihre ewigen Mauscheleien jedes dieser vier Projekte nach Kräften ruinieren werden. Diese Entscheider träumen von einem Frankfurt an der Pleiße.

Für den Matthäikirchhof wird anscheinend auf das Frankfurter Ostend geschielt, der in der Tat ein lebendiger Ort geworden ist (abends flanieren die Leute, da ist richtig was los). Aber da gibt es einen Fluß (genau: der Main), das Gelände ist riesig und – Achtung, Ihr Nachverdichter: – sehr offen.

Was will man mit einer Konzernzentrale auf dem Matthäikirchhof? Dort ist es dann genauso tot wie das, was vorher in dem Stasi-Gebäude war (Arbeitsamt, Verwaltung, k.A., habe es wieder vergessen). Dazu wird zusätzlicher Verkehr, weil die Konzernspitze natürlich eigene Anfahrtspuren haben will. Oder gibt es dann eine LVB-Haltestelle “Runde Ecke”?!

Denkt jemand am runden/eckigen OBM-Tisch und in der Stadtverwaltung auch mal nach, oder blenden die Euro-Zeichen auf den Brillen jegliche städtebauliche Chance aus? Und wofür die Euros?

Es kommt mir sehr altmodisch vor, was diese Entscheider sich ausdenken. Irgendwas mit Hochhaus, Weltniveau und Autoattraktivität.

Die Leipziger Einkommensstruktur gibt das überhaupt nicht her. Die Höfe am Brühl krebsen ja immer noch irgendwie vor sich hin. Wurde mal anders angepriesen.

Ich habe den Eindruck, dass der private Investor, der hinten in Plagwitz eine Hochhaussilhouette errichten wollte (in den späten 1990ern), sogar noch mehr bei Sinnen war als einige im Neuen Rathaus.

Das Hochhaus vor der Hauptfeuerwache ist auch noch nicht so richtig vom Tisch.

Leipzig wird richtig super… langweilig. Vielleicht eine geheime Maßnahme, um Wohnraum durch reduzierten Zuzug wieder freizubekommen, weil keiner mehr in diese Schwarmstadt will.

Und ins Kommunalpolitische gewendet: Die Führungskräfte unterhalb des OBM haben dafür, dass sie nicht direkt gewählt werden, viel zu viel Einfluss auf das Stadtgeschehen. Man sollte das Kommunalwahlrecht auch auf die Dezernenten erweitern, dann wäre sehr viel gewonnen. Den OBM direkt zu wählen und dann irgendwelchen Unfug anzustellen und die Dezernenten weiteren Unfug machen zu lassen, ist mir persönlich als Wähler zu wenig.

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