Eigentlich beginnt jedes Jahr am 1. März ganz offiziell die Vegetationsperiode. Bis dahin sind sämtliche Fällarbeiten einzustellen, auch in Leipzig. Doch im Abtnaundorfer Park kreischten wieder die Sägen, ganz so, als würden solche Termine für die Leipziger Verwaltung nicht gelten. Und da ging es auch einigen Biotopbäumen zuleibe, wie einige Parkbesucher feststellten.
Einer beschreibt das, was er beim Besuch im Park vorfand, so: „Heute ist Welttag des Artenschutzes. Höhlenbewohnende Vogel- und Fledermausarten werden wieder heimatlos.“Welttag des Artenschutzes ist der 3. März. Da sollte eigentlich keine Baumfällung mehr stattfinden in Leipziger Parks.
„In Leipzig rasseln seit 3 Tagen die Kettensägen im FFH Gebiet Parthenaue (Abtnaundorfer Park), obwohl seit 1. März bis 30. September Gehölzschutzzeit ist!“, schreibt der irritierte Parkbesucher. Wobei die kleine Korrektur wichtig ist: Es handelt sich eigentlich um das Landschaftsschutzgebiet Partheaue-Machern, das den nördlichen Verlauf der Parthe auf Leipziger Gebiet umfasst. Das FFH-Gebiet Parthenaue selbst ist deutlich größer und umfasst fast den kompletten naturnahen Verlauf der Parthe nördlich ud östlich von Leipzig..
Aber die Baumfällungen finden nicht nur in der beginnenden Vegetationsperiode statt, sondern auch ohne artenschutzfachliche Fällbegleitung.
„Im Jahr 2014 gab es dort bereits Baumrodungen wo mehrere Fledermausquartiere ersatzlos und gegen die Bestimmungen gemäß Bundesnaturschutzgesetz zerstört wurden. Die wenigen Fledermausnistkästen, die nach langem Kampf vom Amt für Stadtgrün und Gewässer aufgehängt wurden, sind leider kein funktioneller Ersatz. Ich habe eine Anfrage an das Amt für Stadtgrün und Gewässer geschickt. Ich kenne die Antwort aber eigentlich schon. Man wird wieder von abgestorbenen Bäume sprechen. Dass ich frische Knospen sehe, wird die Amtsmenschen nicht interessieren.“
Gut möglich, dass die Fällarbeiten in den März gerutscht sind, weil der starke Schneefall im Februar diese für zwei Wochen unmöglich gemacht hat. Aber gegen die Dringlichkeit der Baumfällungen sprechen die Fotos der gefällten Bäume, die meist auch nicht direkt am Weg standen. Eine entsprechende Information der Anwohner gab es ebenso wenig. Die letzten Meldungen zu geplanten Baumfällungen veröffentlichte das Amt für Stadtgrün und Gewässer für Oktober und November.
Just am 4. März hatte das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport die Freudenbotschaft veröffentlicht, dass die Leipziger Baumschutzsatzung von 1992 wieder in vollem Umfang gilt.
Darin heißt es aber unter anderem: „Vom 01.03. bis 30.09. können genehmigte Beseitigungen sowie weitere Eingriffe nur im Ausnahmefall (z. B. Verkehrssicherungspflicht) erfolgen, um die Habitatfunktion der Gehölze vor allem während der Vegetationsperiode zu garantieren.“
Dass die gefällten Bäume schon Knospen trugen, ist auf den Fotos zu sehen. Gilt also für die Stadt selbst nicht, was jetzt wieder für jeden Grundstückseigentümer gilt? Das wäre zumindest seltsam.
Die Freudenmeldung des Umweltdezernats:
Geändertes Naturschutzgesetz stärkt den Baumschutz in Leipzig
Mit Inkrafttreten des Sächsischen Naturschutzgesetzes zum 1. März 2021 sind die landesrechtlichen Beschränkungen im Baumschutz aufgehoben. Mit der Änderung des Paragrafen 19 durch den sächsischen Landtag vom 3. Februar 2021 hat Leipzigs Baumschutzsatzung ihre umfassende Gültigkeit zurück. Alle Baumarten sind nun wieder unabhängig von der Bebauung der Fläche, auf der sie sich befinden, ab einem Stammumfang von 30 Zentimeter geschützt. Auch Obstbäume auf bebauten Grundstücken sind wieder geschützt, hier gilt wie bisher ein Umfang von 100 Zentimetern.
Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal sieht in der Gesetzesnovelle einen wichtigen Schritt zum Erhalt des Baumbestandes in der Stadt Leipzig: „Die Bäume übernehmen wichtige Funktionen zur Sicherung der Lebensgrundlagen und der Lebensqualität in unserer Stadt. Sie bieten wertvolle Lebensräume für viele Tierarten, fördern unsere Gesundheit und leisten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Daher ist es wichtig, dass sich die Baumschutzsatzung der Stadt Leipzig wieder vollumfänglich und wirksamen für den Schutz der Bäume einsetzen kann.“
Für Fällungen, Rückschnitte und andere Eingriffe in geschützte Gehölze im Sinne der Baumschutzsatzung ist ein Antrag auf Genehmigung beim Amt für Stadtgrün und Gewässer zu stellen. Das Genehmigungsverfahren bleibt weiterhin kostenfrei. Die Informationen zu den aktuellen Regelungen der Baumschutzsatzung und zu dem Genehmigungsverfahren stehen unter www.leipzig.de/baumschutz.
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Es gibt 2 Kommentare
Der herbei gerufene NABU kann gefällte Bäume auch nicht mehr aufrichten.
Mir sind die einschlägigen Vorschriften der Stadt bzw. Land/Bund nicht im Detail bekannt, aber ich frage mich fast täglich: Wo bleibt hier der gesunde Menschenverstand?
Ich bin täglich mit meinem Hund im Leipziger Nordwesten unterwegs und muss seit längerer Zeit beobachten wie junge und gesunde Bäume ohne ersichtlichen Grund gefällt werden.
Letztes Beispiel: eine größere, mit gesunden Bäumen bewachsene Fläche in der Damaschkestr. in Wahren. Hier erfolgte ein totaler Kahlschlag! Der herbeigerufene NABU konnte es auch nicht mehr verhindern.
Will Leipzig nicht eine baumstarke Stadt sein!?!
Mit solchen Aktionen funktioniert das garantiert nicht!