Wann wurde eigentlich im Leipziger Stadtrat zuletzt so intensiv รผber die Zukunft der Leipziger Kleinmesse beraten? Das war Anfang der 1930er Jahre, als man das Gelรคnde an der Frankfurter Allee (heute Jahnallee) als Aufmarschplatz ausbauen wollte und die Schausteller kurzerhand an den Cottaweg verfrachtete, wo sie seitdem unbehelligt ihre Kleinmesse veranstalten konnten. Doch seit Oktober ist ihre Zukunft wieder ungewiss. Ein Runder Tisch muss her.

Den beantragte im Oktober die CDU-Fraktion: โ€žDer Oberbรผrgermeister beruft im Januar 2021 einen Runden Tisch zur Zukunft der Leipziger Kleinmesse ein. Ziel des Gesprรคchs ist die Erstellung eines verbindlichen Zukunftskonzepts fรผr die traditionelle Kleinmesse, in dem die Interessen aller Beteiligten zusammengefรผhrt und die Kleinmesse, vor allem im Hinblick auf ihren Standort, zukunftssicher aufgestellt wird.โ€œWeichen sollen die Schausteller ja, weil RB Leipzig sein Trainingsgelรคnde am Cottaweg erweitern will. Was dann freilich auch andere Veranstalter auf dem Gelรคnde betrifft, das die Stadt ja extra fรผr diese wechselnden Nutzungen hergerichtet hat. Und bislang ist kein รคhnlich vielfรคltig nutzbarer Platz in Aussicht. Es sei denn, die Schausteller kehren dahin zurรผck, wohin sie 1907 weichen mussten: mitten in die Stadt, auf den Wilhelm-Leuschner-Platz zum Beispiel.

Aber das wird es wohl nicht werden. Das Kulturdezernat hatte zwischenzeitlich schon reagiert und das Anliegen der CDU-Fraktion aufgenommen: โ€žDer Oberbรผrgermeister beruft im I. Quartal 2021 einen Runden Tisch zur Zukunft der Leipziger Kleinmesse ein. Ziel des Gesprรคchs ist die Erstellung eines verbindlichen Zukunftskonzepts fรผr die traditionelle Kleinmesse, in dem die Interessen aller Beteiligten zusammengefรผhrt und die Kleinmesse, vor allem im Hinblick auf ihren Standort, zukunftssicher aufgestellt wird. Am Runden Tisch zu beteiligen sind Vertreter des Leipziger Schaustellervereins e. V., der Bรผrgermeister fรผr Stadtentwicklung & Bau, der Bรผrgermeister fรผr Umwelt, Klima, Ordnung und Sport, die Bรผrgermeisterin fรผr Kultur und das Marktamt sowie je eine Vertretung pro Fraktion aus dem Stadtrat zu Leipzig.โ€œ

So gesehen war es dann schon etwas seltsam, dass es am Mittwoch, 24. Februar, keine Diskussion gab, denn die Grรผnen-Fraktion hatte noch einen ร„nderungsantrag eingereicht. Aus ihrer Sicht war es nicht ausreichend, dass nur der Bรผrgermeister fรผr Umwelt, Klima, Ordnung und Sport mit am Tisch sitzen soll. Sie hatten ganz explizit die Hinzuziehung der Umweltverbรคnde beantragt, denn das bisherige Kleinmessegelรคnde liegt eigentlich im Auengebiet und es wรคre keine belastbare Zukunftsperspektive, wenn hier nur neue Parkplรคtze entstehen: โ€žErst wenn sich eine Zukunftsperspektive fรผr die Veranstaltungsflรคche am Cottaweg ergรคbe, wรผrde dies Diskussionen รผber Alternativstandorte fรผr die Kleinmesse notwendig machen. Dieser Punkt ist aktuell nicht erreicht. Unsere Fraktion jedenfalls wird sich nicht fรผr eine Aufgabe des traditionsreichen Standortes der Leipziger Kleinmesse aussprechen, sofern auch nur ansatzweise im Ergebnis die Umnutzung des Veranstaltungsgelรคndes fรผr Pkw-Stellplรคtze die Folge ist.โ€œ

Und dazu kommt, dass die Verwaltung bis heute auch kein belastbares Zukunftskonzept fรผr das ganze Sportforum vorgelegt hat. Eigentlich sollte bis Jahresende 2020 ein Beteiligungskonzept entwickelt werden, um endlich einen belastbaren Masterplan auf die Reihe zu bekommen.

Damals kam auch der Beschlusspunkt vor: โ€žDie Stadtverwaltung wird beauftragt, fรผr den Bereich des Stadionumfeldes bis Ende IV. Quartals 2020 einen Masterplan zu erarbeiten, welcher die Belange der Entwicklung des Stadions, des damit verbundenen Verkehrs, der Realisierung des Sportmuseums und der Absicherung der sozialen Infrastruktur (Grundschulen) unter Berรผcksichtigung des Hochwasserschutzes (mรถgliche ร–ffnung โ€žAlte Elsterโ€œ) zusammenfรผhrt. Dazu ist dem Stadtrat im II. Quartal ein Beteiligungskonzept vorzulegen und im Forum Bรผrgerbeteiligung und bรผrgerschaftliches Engagement vorzuberaten.โ€œ

Doch es gibt weder den Masterplan noch die Bรผrgerbeteiligung. Jetzt wird extra ein Runder Tisch fรผr die Kleinmesse aufgelegt, was ja bedeutet, dass hier wieder nur ein Baustein herausgezogen wird, ohne dass es ein Gesamtkonzept gibt.

Dass die Entwicklungen am Cottaweg eigentlich zwingend in das Gesamtkonzept zum Sportforum gehรถren, hat das Marktamt in seiner Stellungnahme dann auch vรถllig ausgeblendet: โ€žMit ihrer weit รผber 100-jรคhrigen Geschichte ist die Leipziger Kleinmesse eine stรคdtische Institution und das Festgelรคnde am Cottaweg Anlaufpunkt fรผr die Leipziger, ganz gleich ob Jung oder Alt. Durch die Weiterentwicklung des Trainingszentrums am Cottaweg wird fรผr die Schausteller nunmehr aber ein neuer Standort benรถtigt.

Fรผr die Schausteller ist es dabei insbesondere wichtig, รผber einen Veranstaltungsort zu verfรผgen, der den Ausrichtern dauerhafte Heimstatt bietet, dabei eine verkehrsgรผnstige Lage und eine den Anforderungen entsprechende GrรถรŸe aufweist als auch mit der wirtschaftlichen Leistungsfรคhigkeit der Ausrichter vereinbar ist.

Mit der Einberufung eines Runden Tisches zur Sicherung der Zukunft der Leipziger Kleinmesse verpflichtet sich die Stadtverwaltung, die Tradition der Kleinmesse in Leipzig zu bewahren und eine Perspektive fรผr die Zukunft aufzuzeigen. Um den Stellenwert der Schausteller zu unterstreichen, beruft der Oberbรผrgermeister den Runden Tisch persรถnlich ein.

In die Einberufung eines Runden Tisches zur Zukunft der Leipziger Kleinmesse ist das Marktamt einzubinden. Die Koordination des Runden Tisches obliegt dem Dezernat Kultur.

Das Marktamt betreibt seit 30 Jahren den Festplatz Cottaweg und war federfรผhrend fรผr die grundlegende Sanierung 2007-2010. Es ist Ansprechpartner fรผr den Leipziger Schaustellerverein e. V. fรผr die jรคhrlich stattfindenden Kleinmessen und bietet gern seine Beteiligung am Runden Tisch an.โ€œ

Der Grรผnen-Antrag fiel am Mittwoch dann gleichsam unter den Tisch, als die CDU-Fraktion kurzerhand den Alternativstandpunkt der Verwaltung โ€“ also des Marktamtes โ€“ รผbernahm. In 45 Sekunden war die Sache vom Tisch. Das Kuddelmuddel ums Sportforum geht weiter.

Die Debatte vom 24. Februar 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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Der runde Tisch und das Bohei darum sind doch nur Brot, Spiele und Ablenkung.
Fรผr ein Grundstรผcksgeschacher, dass als alternativlos dargestellt wird.
Steht es denn schon fest, dass das Gelรคnde der โ€œWeiterentwicklungโ€ dem Gelรคndezuwachs der Red Bull GmbH dienen muss?
Wer entscheidet denn so etwas oder tat dies eventuell bereits?

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