22.497 Hunde gab es 2019 ganz offiziell in Leipzig. Jedenfalls waren das die offiziell gemeldeten Hunde, die der Stadt immerhin eine kleine Hundesteuereinnahme von 2 Millionen Euro einbrachten. Gewissermaßen als Service für die Steuer gibt es in Leipzig auch 43 offizielle Hundewiesen bzw. Hundefreilaufflächen.
Die dringend benötigt werden, damit die Tiere regelmäßig Auslauf bekommen. Aber in jüngster Zeit nehmen immer mehr Zweibeiner ihr Recht in Anspruch, quer über die Wiesen zu fahren. Motto: Ich darf das.
Was eher nicht mit Corona zu tun hat, sondern mit einer gewissen Rücksichtslosigkeit, die sich bei einigen Zeitgenossen eingeschlichen hat, die Regeln nicht mehr akzeptieren und dabei auch Naturgüter zerstören. Bislang waren das meistens nur Rasenlatscher, denen die befestigten Wege zu weit waren, die einfach querwiese marschierten und so mit der Zeit breite Pfade in das wertvolle Grün gefräst haben. Neuerdings ist auch einigen Radfahren das Nutzen der befestigen Wege zu mühsam.
Ein Problem für mehrere Hundehalter in Lindenau, die bislang gern die Hundewiese zwischen Bowmanstraße und dem Palmgartenteich genutzt haben. Doch dort sind ihre Hunde mittlerweile nicht mehr sicher, stellten sie in einer Petition fest, die das Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport jetzt abgelehnt hat. Aber nicht, weil das Dezernat das Anliegen nicht versteht, sondern weil die vorgeschlagene Ausweichwiese im Palmengarten aus Sicht der Ordnungshüter nicht zur Verfügung steht.
„Wir, mehrere Hundebesitzer, weisen die Fahrradfahrer öfters darauf hin, dass man bitte die für Fahrradfahrer & Fußgänger gemachten Wege nutzen soll. Entweder werden wir komplett ignoriert, oder in den meisten Fällen beleidigt. Nur sehr wenige zeigen Einsicht“, schrieben die Hundehalter in ihrer Petition.
„Wir verlangen daher eine Lösung. So kann es nicht mehr weitergehen. Wir wollen den einzigen Platz nutzen, dass sich unsere Hunde austoben können. Daher schlagen wir eine Verlegung der Hundewiese auf die daneben vor. Auch aus dem Grund, da sich viele Leute gern auf der Hundewiese sonnen, ein Picknick veranstalten, oder mit dem Ball spielen und sich dann beschweren, wenn die Hunde zu ihnen angerannt kommen. Auf der Wiese daneben befindet sich allerdings nie jemand, auch Fahrradfahrer meiden die Wiese.“
Was ja heißt: Die Zweibeiner, die sich gern auf Wiesen tummeln, ignorieren einfach die Ausschilderung Hundewiese und machen den kläffenden Vierbeinern ihre Tobewiese streitig. Während das Stückchen Grün daneben augenscheinlich zu unattraktiv ist.
Aber was sagt das Ordnungsdezernat dazu?
„Die geschilderte Situation im Palmengarten ist im Amt für Stadtgrün und Gewässer bekannt“, schreibt dieses in seiner Stellungnahme für den Petitionsausschuss. „Aufgrund des gestiegenen Nutzungsdrucks hat sich im Palmengarten ein informeller Trampelpfad im Bereich der Hundefreilauffläche etabliert. Dieser führt ungeregelt über die Hundefreilauffläche und führt zu den geschilderten Konflikten. In den vergangenen Jahren wurde die Nutzung des Trampelpfades durch Baumstämme am Parkeingang erschwert. Diese und weitere Maßnahmen haben bisher nicht zu einer Verbesserung der Situation geführt.“
Das heißt: Gegen die Sturheit einiger Zeitgenossen hilft alles nichts. Bliebe doch wohl die Möglichkeit, die Nachbarwiese neu auszuweisen, oder etwa nicht?
Leider nein, teilt das Dezernat mit. Denn das Gras dort gehört schon jemandem: „Eine Verlagerung von Hundefreilaufflächen in den Leipziger Parkanlagen ist grundsätzlich nicht möglich. Die angrenzende Langgraswiese der Hundefreilauffläche im Palmengarten ist beispielsweise verpachtet und wird für die Futtermittelgewinnung für Tiere genutzt. Die Bewirtschaftung als Langgraswiese leistet darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Förderung der biologischen Vielfalt.“
Womit man also wieder bei den Zweibeinern wäre, von denen sich ja immer mehr in den Leipziger Grünanlagen tummeln. Die Stadt wächst und immer längere Sommer locken die Menschen immer öfter zum gemeinsamen Picknick ins Grün. Selbst der Auenwald ist ja an vielen Stellen schon Opfer der Übernutzung.
Was tun?
Das Umweltdezernat versucht die Sache systematisch anzugehen: „Im Rahmen des Förderprogramms ,Zukunft Stadtgrün‘ werden durch die Stadt Leipzig ,Handlungsempfehlungen zur Attraktivitätssteigerung des Fuß- und Radverkehrs im Clara-Zetkin-Park, Johannapark und Palmengarten‘ für den Fuß- und Radverkehr erarbeitet. Attraktive Angebote sollen zukünftig zur Entlastung der Parkanlagen führen. Für die Verbesserung der Situation im Palmengarten sollen mehrere Maßnahmen geprüft werden. Beispielsweise soll mittelfristig ein neu zu errichtender Transitweg zu einer Verbesserung der Situation führen. Im Rahmen der Prüfung der Maßnahmen werden auch die Nutzungsansprüche an die Hundefreilauffläche berücksichtigt.“
Transitweg heißt dann wohl: Herstellung einer befestigten Ost-West-Route durch den Palmengarten, da die aus Lindenau kommenden Radfahrer augenscheinlich so in Eile sind, dass sie die verschlungenen Parkwege ignorieren.
Aktuell zählt die Stadt Leipzig 43 Hundewiesen bzw. Hundefreilaufflächen mit einer Größe von insgesamt rund 17 Hektar, betont das Umweltdezernat noch: „Für die artgerechte Haltung von Hunden wird auch auf Beispiele außerhalb der öffentlichen Grün- und Freiflächen der Stadt Leipzig verwiesen.
Wo sich diese Hundewiesen befinden, kann man hier nachlesen.
Und da man auch im Umwelt- und Ordnungsdezernat ahnt, dass alle attraktiven Angebote nicht genügen, die Querfeldeinradler zu bändigen, betont das Dezernat in seiner Stellungnahme noch: „Der Stadtordnungsdienst weist darauf hin, dass das Radfahren in Parkanlagen gemäß § 1 Abs. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO vom 26.01.2001) grundsätzlich erlaubt ist. Vielmehr ist es ein Problem der fehlenden gegenseitigen Rücksichtnahme gemäß § 1 der Straßenverkehrsordnung durch Radfahrer/-innen gegenüber anderen Parkbesucher/-innen.“
Na ja, nur ist meistens keine Polizeistreife vor Ort, wenn die Wiesen-Biker durchbrettern.
„Durch die Bediensteten des Stadtordnungsdienstes, insbesondere durch die Fahrradstaffel, werden derartige Verstöße gegen die o. g. Rücksichtnahmepflicht bereits geahndet bzw. gegenüber der Bußgeldbehörde der Stadt Leipzig zur Anzeige gebracht“, betont die Stellungnahme zwar.
Aber: „Voraussetzung dafür ist jedoch die eigene Feststellung durch die gemeindlichen Vollzugsbediensteten, da diese nicht zur Überwachung des fließenden Verkehrs und somit nicht zu gezielten bzw. systematischen Radfahrkontrollen berechtigt sind. Letztgenannte systematische Kontrollen obliegen allein dem Polizeivollzugsdienst. Die gemeindlichen Vollzugsbediensteten dürfen lediglich im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens bei einer tatsächlichen Verdachtslage, welche es als möglich erscheinen lässt, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen wurde, die Identität des Betroffenen feststellen. Im Rahmen der personellen Möglichkeiten und der gegenwärtigen Schwerpunktsetzung auf Kontrollen zur Einhaltung der Regelungen der SächsCoronaSchVO werden auch weiterhin Kontrollmaßnahmen der Außendiensteinheiten, insbesondere der Fahrradstaffel, durchgeführt.“
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