Zum Weihnachtsfest 2020 gab es nicht nur den oben abgebildeten prächtigen Kalender zum Leipziger Stadtbad, sondern auch erstaunliche Nachrichten aus der Förderstiftung Leipziger Stadtbad, deren Arbeit zur Rettung des 1916 im Stil des Historismus eröffneten Stadtbades an der Eutritzscher Straße ja mittlerweile ins 15. Jahr geht.
Denn gegründet wurde die Stiftung ja 2006 – damals auf Initiative der Leipziger Wasserwerke GmbH. 2009 wurde eine unabhängige Stiftung daraus, die seitdem vor allem darum ringt, das Stadtbad im Bewusstsein der Leipziger und auch der Leipziger Politik wachzuhalten, wozu ja unter anderem die mittlerweile traditionellen Weihnachsdinner-Shows gehören, die 2020 freilich genauso ausfallen mussten wie die Präsentation auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt.
Aber das Jahr ist nicht ungenutzt verstrichen, berichten die Vorstandsmitglieder Dirk Thärichen, Thomas Fieberg und Thomas Flinth.
Die letzten Versuche der Stadt waren 2018 gescheitert, das historische Gebäude zu verkaufen. Damals hatte die Grünen-Fraktion beantragt, die Verkaufsbemühungen nach zehn Jahren der Erfolglosigkeit endlich einzustellen und das Haus in Kooperation mit Leipziger Partnern selbst wieder in Nutzung zu bringen und auch wieder Badebetrieb darin zu ermöglichen.
Der Antrag kam dann nicht zur Abstimmung in den Stadtrat, weil das Wirtschaftsdezernat die Sache endlich auch so sah. So ein Haus mit seiner ganz speziellen Nutzung lässt sich am normalen Markt renditeberauschter Investoren nicht platzieren. Viele Interessenbekundungen verfehlten den Zweck, das einmalige Gebäude in seiner architektonischen Faszination wieder erlebbar zu machen.
Das Wirtschaftsdezernat formulierte damals in seiner Stellungnahme: „Im Ergebnis der Ausschreibung musste festgestellt werden, dass die eingereichten Konzepte neben wirtschaftlichen Kritikpunkten insbesondere nicht den Anforderungen der denkmalpflegerischen und städtebaulichen gestellten Vorgaben entsprachen. Die geplanten Umnutzungen z. B. für Wohnen, Büro- oder Einzelhandelsnutzungen wurden vom Denkmalschutz jeweils kritisch beurteilt, da die damit verbundenen Ein- und Umbauten jeweils einen Eingriff in die die Gebäudesubstanz bedeutet hätten.
Die Umnutzung der entsprechenden Teilbereiche ist nach Angaben der Investoren jedoch zwingend notwendig, um den geplanten Investitionsaufwand sowie das Zuschussgeschäft aus der laufenden Badbetreibung zu finanzieren. Die Diskrepanzen wurden jeweils als so hoch eingeschätzt, dass eine Justierung und Nachbesserung nicht ausgereicht hätte, um allen Belangen gerecht zu werden.“
Damit lag der Ball wieder bei Stadtverwaltung und Förderstiftung. Und nachdem auch der zweite Versuch fehlschlug, in diesem ganz speziellen Gebäude vielleicht doch das Naturkundemuseum unterzubringen, sollen jetzt zwei sinnvolle Zukunftsoptionen untersucht werden.
Eine entsprechende Vorlage sei in der Stadtverwaltung schon in Arbeit, teilt die Förderstiftung mit. 2021 wird das Jahr der Entscheidung, denn der Vorstand der Förderstiftung hatte nach eigener Auskunft Erfolg mit seinen Bemühungen, das Leipziger Stadtbad „wieder für die Leipziger Bevölkerung erlebbar zu machen“.
Nachdem der Versuch der Stadt gescheitert war, das Stadtbad zu veräußern, wurde die Leipziger Planungsgesellschaft S&P beauftragt, eine aktualisierte Machbarkeitsstudie zu erarbeiten, die Grundlage einer neuen Stadtratsvorlage werden soll. Die könnte durchaus noch 2021 beschlossen werden.
Sie soll unter anderem beinhalten, dass das Stadtbad dauerhaft im Besitz der Stadt verbleibt und das Stadtbad nicht an Investoren vergeben wird. Die Stadt soll stattdessen mit der Förderstiftung und der Sportbäder GmbH zusammenarbeiten, um neue Nutzungsoptionen zu entwickeln.
„Grundsätzlich“, so stellt die Stiftung fest, „ist die denkmalgerechte Sanierung des Gebäudes, der Schwimmhallen und sämtlicher Nebenräume notwendig.“
Wobei zwei Nutzungsoptionen untersucht werden sollen:
In der Option 1 wird die öffentlicher Badnutzung sowohl der Frauen- als auch der Männerschwimmhalle „als Erholungsbad mit integrierter Saunalandschaft“ untersucht. Bei der Variante kann auch der Geschäftssitz der Sportbäder GmbH mit ins Haus verlegt werden.
In Option 2 wird nur die Frauenschwimmhalle reaktiviert „mit einer überwiegenden Badnutzung mit verschiedenen Kursangeboten inklusive einer Saunalandschaft“. Die Männerschwimmhalle soll für multifunktionale Nutzungen (also so ähnlich wie in der jüngeren Vergangenheit) hergerichtet werden.
Der Kalender, den die Förderstiftung für 2021 erstellt hat, zeigt in prachtvollen Aufnahmen, was für ein architektonisches Kleinod das Stadtbad auch heute noch ist. Tausende Neugierige haben das bei den verschiedenen öffentlichen Führungen etwa zum Tag des offenen Denkmals bestaunt. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass ein wieder mit Leben erfülltes Stadtbad ein ganz besonderes Freizeitvergnügen im historischen Ambiente werden kann.
Aber um den ersten Schritt zu tun, muss die Stadt jetzt Planungsmittel zur Erarbeitung einer sinnvollen Nutzungsoption bereitstellen. Dann erst wird auch bezifferbar, was eine Reaktivierung des Stadtbades kosten wird und in welchen Schritten das Haus wieder in Funktion gesetzt werden kann.
Leipzig will jetzt noch ein Nachbargrundstück kaufen, um das Stadtbad doch noch an einen Käufer zu bringen
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