Im Oktober gibt es die nächste große Kunstaktion auf dem Jahrtausendfeld in Lindenau an der Viertelgrenze zu Plagwitz: „Welcome to Lucky Town“, ein „Tanztheaterwalk durch eine Hüpfburgen-Stadt auf dem Leipziger Jahrtausendfeld“, wie das Urban Collective ankündigt. Aber vorher wird das Gelände schon einmal Thema im Stadtrat. Denn fast schon vergessen ist heute, dass hier der Eiertanz um eine Bebauung mit dringend benötigten Schulen schon viel länger im Gang ist als an den drei innerstädtischen Riesenbrachen, wo immer noch nicht gebaut wird.

Es ist die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, die das Jahrtausendfeld jetzt wieder aus dem Vergessen holt und die Stadtverwaltung verdonnern möchte, „bis Ende 2022 ein B-Plan-Verfahren entsprechend § 1 Abs. 3 BauGB für die Grundstücke 583, 583/a, 748, 775 und 775/2 einzuleiten.“

Also den Besitzer des riesigen Grundstücks genauso wie jene am Bayerischen Bahnhof, auf der Westseite des Hauptbahnhofs und auf dem Eutritzscher Freiladebahnhof durch einen durchdeklinierten Rahmenplan auf Entwicklungsziele festzulegen: „Ziel ist es, das Jahrtausendfeld als wertvolle Brachfläche im Leipziger Westen kooperativ mit der Stadtgesellschaft zu entwickeln und für das Areal eine angemessene städtebauliche Lösung zu finden. Daher wird dem B-Plan-Verfahren vorgelagert im Jahr 2021 ein Dialogverfahren durchgeführt, in welches Bürgerinnen und Bürger und alle relevanten Stadtteilakteurinnen und -akteure einzubeziehen sind.“

„Bereits frühzeitig hat die Stadt Leipzig Zielvorstellungen für eine Flächenentwicklung erarbeitet, die zunächst aus den Zielen für die bestandsorientierte Weiterentwicklung des früheren Industrie- und Gewerbegebietes Plagwitz abgeleitet wurden. In der unmittelbaren Umgebung wurden Einrichtungen wie das Bildungszentrum ,GaraGe‘, oder Business Innovation Center BIC von der Stadt Leipzig unter Fördermitteleinsatz etabliert.

Noch im konzeptionellen Stadtteilplan für den Leipziger Westen von 2009 war vorgesehen, ein ,abgestimmtes Handlungskonzept für Mischnutzung für ‚Neues Wohnen‘ und Gewerbe (…)‘ aufzustellen“, geht die Linksfraktion auf die ganzen Vorüberlegungen ein, dieses einst industriell genutzte Gelände zu einem attraktiven Wohnquartier umzugestalten.

„Seit der Prüfung auf die Möglichkeit zur Unterbringung eines Gymnasiums und einer Grundschule auf dem Jahrtausendfeld – für beide wurden dann andere Standorte gefunden – hat die Verwaltung keine weiteren Schritte unternommen, städtebauliche Zielsetzungen für die Gesamtfläche zu formulieren.“

So geht es ja auch anderen Städten in Deutschland: Beim Kauf der großen innerstädtischen Brachen kamen sie selten zum Zug, konnten ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben. Und gleichzeitig wurden die wertvollen Areale von großen Immobiliengesellschaften aufgekauft, die über Jahre keine Bemühungen zeigen, die Flächen auch zu bebauen.

„Bei der über 2,5 Hektar großen Fläche handelt es sich um die letzte große Brache in zentraler Lage im Leipziger Westen“, betont die Linksfraktion. „Bis in die 1990er Jahre befand sich hier die Landmaschinenfabrik Rudolph Sack bzw. ihr Nachfolgebetrieb BBG. Bauliche Relikte auf dem betreffenden Areal oder Spuren der früheren Nutzung sind nicht mehr vorhanden, abgesehen von Altlasten auf Flurstück 775/2. Dennoch steht die Brachfläche mindestens seit ihrer erstmaligen künstlerischen Bespielung anlässlich der EXPO 2000 im Fokus der Stadtteilöffentlichkeit. Das gesamte Areal ist an drei Seiten sehr gut an das Liniennetz des Leipziger ÖPNV (Straßenbahn, S-Bahn, Bus) angebunden.“

Eine stadtverträgliche Bebauung würde für die Karl-Heine-Straße in diesem Abschnitt einen regelrechter Entwicklungsschub bedeuten.

„Schon aus der Lage der Fläche an der Nahtstelle zwischen der homogenen Blockstruktur des 19. Jahrhunderts entlang der Karl-Heine-Straße, dem Freiraumsystem des Karl-Heine-Kanals und den eher großmaßstäblichen, heute neu genutzten Baukörpern des ehemaligen Industriegebietes ergeben sich städtebauliche Fragestellungen, die eine intensive Befassung mit dem Stadtraum erforderlich machen“, betont die Linksfraktion.

„Zu klären sind u. a. Fragen einer angemessenen städtebaulichen Dichte und einer sinnvollen Nutzungsmischung, die geeignet sind, diesen ‚Stadtbaustein‘ mit seinem wertvollen Potenzial umfassend zu erschließen. Eine besondere stadtökologische Bedeutung im Kontext der künftigen Bebauungsstruktur kommt der Bewahrung der Frischluftschneise zu.“

Aber hier sollte ja auch schon seit zehn Jahren eine Schule entstehen.

„Im Flächennutzungsplan ist das gesamte Jahrtausendfeld als ,Fläche für Gemeinbedarf (Schule/Bildung)‘ dargestellt. Auch diese Zielstellung ist zu überprüfen, denn selbst das angedachte Projekt einer weiterführenden Schule wird nur eine Teilfläche des Jahrtausendfeldes einnehmen“, so die Linke.

Aber wenn man hier etwas voranbringen will, bleiben ja vor allem die Instrumente, die am Bayerischen Bahnhof und am Eutritzscher Freiladebahnhof schon angewandt wurden: „Als vorbereitende Schritte für das förmliche Bauleitplanverfahren steht eine ganze Reihe von informellen planerischen Instrumenten zur Verfügung, die sich bestens bewährt haben. Wegen der besonderen Bedeutung, die das Jahrtausendfeld in der Wahrnehmung der Stadtteilöffentlichkeit besitzt, soll zunächst eine Art von ,Dialogverfahren‘ durchgeführt werden, in Anlehnung an das derzeit in Kleinzschocher zur Entwicklung des ehemaligen Rittergutes laufende Verfahren, das ebenfalls in die Änderung bestehenden Bauplanungsrechtes münden soll. Ein solches Verfahren ist dazu geeignet, einen Ausgleich der Interessen von Flächeneigentümern, der Stadt Leipzig sowie der Öffentlichkeit herzustellen.“

Insofern der Flächeneigentümer mit sich reden lässt. Denn in Kleinzschocher ist ja die stadteigene Wohnungsgesellschaft LWB der Ansprechpartner.

Aber ein Bebaungsplan macht immerhin Vorgaben, was gebaut werden darf – und was nicht. „Aus der Notwendigkeit, Antworten auf all diese Fragen zu finden, ergibt sich das Erfordernis zur Aufstellung eines Bebauungsplanes“, betont die Linksfraktion.

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