Da wird wohl so mancher Planer im Stadtkonzern und in der Verwaltung gestöhnt haben: Da wollte man den Stadtrat einfach nur zustimmen lassen, dass die Stadtwerke Leipzig ihre neue Unternehmenszentrale auf eigenem Gelände zwischen Richard-Lehmann-Straße und Arno-Nitzsche-Straße bauen dürfen. Und dann prasseln aus den Fraktionen von Grünen, Linken und SPD Änderungsanträge ins System, die sich mit dem verflixten Umfeld beschäftigen. Denn da ist augenscheinlich noch planerische Wüste.
Auf den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Mai reagierte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau noch mit einem dicken Verwaltungsstandpunkt, der den Grünen erklärte, dass eine öffentliche Wegeverbindung durch das riesige Gelände ein Ding der Unmöglichkeit sei. Denn zu Recht hatten die Grünen festgestellt, dass hier eigentlich eine ganze zentrale Radwegeverbindung entstehen sollte. Aber die scheint bei den Planern überhaupt noch nicht auch nur in die Nähe einer Skizze gekommen zu sein.
Das Stadtplanungsdezernat jedenfalls tat sich ganz schwer und mahnte: „Mit Blick auf die Zielstellung des Antrags nach einer Verbindung der Stadtteile Connnewitz und Südvorstadt ist grundsätzlich Folgendes zu beachten:
Eine Verbindung zwischen Arno-Nitzsche-Str. und Richard-Lehmann-Str. in unmittelbarer Nähe zum Standort gibt es bereits heute: 250 m westlich an der Arno-Nitzsche Straße zwischen Turnhalle und ehemaligem Schwimmbad beginnend, führt ein durchgehender Weg bis zur Richard-Lehmann-Straße und darüber hinaus in die Lößniger Straße. Nur weitere 120 m westlich führt ein weiterer Weg in Verlängerung der Frohburger Straße durch den Kleingartenverein bis zur Richard-Lehmann-Straße. Im Gegensatz zum Stadtwerkegelände, dem südlich und nördlich nur ein kleiner Gewerbestandort bzw. das nicht öffentlich zugängliche Gelände des MDR gegenüberliegen, bieten diese Wege Verknüpfungen zu den Wohnbebauungen von Connewitz und der Südvorstadt.
In der Verwaltung der Stadt Leipzig ist bereits seit längerer Zeit die Planung einer ,Aktiv-Achse-Süd‘ im Gespräch. Die Leipziger Ratsversammlung hat sich am 18.12.2019 für die Errichtung bzw. Masterplanprüfung eines Radschnellweges von der Südvorstadt bis nach Markkleeberg ausgesprochen. Dieser Radweg würde ggf. die Arno-Nitzsche-Str. mit der Richard-Lehmann-Str. verbinden. Falls dies entlang der Grundstücksgrenzen in östlicher Randlage des Standortes erfolgen sollte, kann eine solche Variante mit betrachtet werden.“
Das kann man auch als Eingeständnis lesen, dass man über das erwähnte Gespräch noch nicht hinausgekommen ist.
Das fanden dann auch Linksfraktion und SPD-Fraktion zumindest inakzeptabel und schrieben einen eigenen Änderungsantrag, der die Schaffung genau dieser Wegeverbindung fordert: „Bis zur Fertigstellung der neuen Stadtwerkezentrale Anfang 2024 wird mindestens das Teilstück der Aktiv-Achse-Süd zwischen Richard-Lehmann-Straße und Arno-Nitzsche-Straße realisiert. Hierzu ist spätestens bis Ende 2022 der Abschnitt der Aktiv-Achse-Süd vom Bayerischen Bahnhof bis Arno-Nitzsche-Straße planerisch abzuschließen.“
Das nennt man Fristensetzen. Anders kommt augenscheinlich einfach kein Tempo in die Sache und wir werden allesamt hinfällige alte Tattergreise, bevor auch nur in ersten Konturen ein wirklich als Radnetz zu bezeichnendes Wegenetz in Leipzig entsteht.
Und so wie es auch die Grünen schon skizziert hatten, beantragen auch Linke und SPD die Anbindung an die S-Bahn: „Die Stadtverwaltung setzt sich gegenüber dem ZNVL, der DB AG und dem Freistaat Sachsen dafür ein, möglichst zeitnah mit der Planung sowie Realisierung des zusätzlichen S-Bahn Haltepunktes Marienbrunn zu beginnen. Die Realisierung sollte in zeitlicher Nähe zur Fertigstellung der neuen Stadtwerkezentrale sowie der Aktiv-Achse-Süd stattfinden. (…) Im Zuge der Realisierung des S-Bahn-Haltepunktes Marienbrunn wird auch das Gleisdreieck Connewitz mittels einer Brücke mit dem Haltepunkt sowie der Aktiv-Achse-Süd verbunden.“
Und wenn die Planer dachten, sie müssten sich nur mit den Ratsfraktionen kabbeln, so gibt es seit der vergangenen Woche auch einen Antrag aus dem Stadtbezirksbeirat Süd, wo man die Diskussion aufmerksam verfolgt hat und jetzt ebenfalls Druck macht, auch Radweg, S-Bahn-Station und Gleisdreieck mit zu berücksichtigen.
„Es gibt keine triftigen Gründe einer Zerteilung des Areals der künftigen Unternehmenszentrale der Leipzig-Gruppe an der Arno-Nitzsche-Str. und Widmung als öffentlichen Stadtteil zuzustimmen. Das Areal war immer Betriebsgelände der Stadtwerke Leipzig. Weder durch das Areal des MDR noch südliche der Arno-Nitzsche-Straße gibt es Gründe und Möglichkeiten eine Rad-Gehweg-Trasse zu führen“, kommentiert der Stadtbezirksbeirat den ursprünglichen Antrag der Grünen-Fraktion. „Durch die Lößniger Straße und die Kleingartensparten südlich der der Richard-Lehmann-Straße bestehen Wegebeziehungen für Fußgänger und Fahrradfahrer.“
Aber die Aktivachse Süd sieht man als eine sehr vernünftige Lösung an: „Eine durchgehende bahnbegleitende Fuß-Radwegmagistrale kann im Bereich des ehemaligen Heizkraftwerkes östlich auf der Trasse des ehemaligen Kohleanschlussgleises des alten Gaswerks angelegt werden, die sich dann außerhalb des jetzt eingezäunten Betriebsgeländes befindet. Von dieser Trasse kann über eine Fußgängerbrücke das Kulturzentrum auf dem Gleisdreieck von Westen und Norden für Fußgänger und Radfahrer angebunden werden. Durch ein Tunnelbauwerk könnte beispielsweise die Richard-Lehmann-Straße unterquert werden, was bei der jetzt anstehenden Erneuerung der Schlachthofbrücke zu beachten wäre.“
Die Vorlage zum Neubau der Schlachthofbrücke erwähnt zwar eine mögliche künftige Unterführung für Radfahrer und Fußgänger nicht (nur die Radfahrstreifen auf der Brücke), aber im Brückenquerschnitt ist eigentlich genug Platz für den parallel zum S-Bahn-Gleis verlaufenden Radweg zu sehen. Und während sich das Planungsamt darauf beschränkt, nur für das Stück von der Richard-Lehmann-Straße bis zur Arno-Nitzsche Straße eine Radaktivachse zu planen, gibt es eigentlich auch von der Richard-Lehmann-Straße bis zur Semmelweisstraße kein räumliches Hindernis, die Planungen für diesen Radweg in Angriff zu nehmen.
Und auch der Stadtbezirksbeirat sieht keinen Grund, sich auf das Teilstück zu beschränken, sondern beantragt stattdessen bahnbegleitend die Planung „des Fuß-Radweges vom Areal Grünzug Bayerischer Bahnhof nach Süden bis Connewitz als Teil einer künftigen überörtlichen Fuß-Radwegmagistrale Richtung Süden“.
Die neue Stadtwerke-Zentrale braucht auch Anschluss zu S-Bahn und Aktiv-Achse Süd
Die neue Stadtwerke-Zentrale braucht auch Anschluss zu S-Bahn und Aktiv-Achse Süd
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