Das ist wohl gründlich in die Hose gegangen. Obwohl Umweltvereine und ADFC warnten und die Linksfraktion 2019 extra beantragt hatte, die Radwegverbindung über die Neue Linie zum Cospudener See zu asphaltieren, folgte Leipzigs Verwaltung doch lieber dem seltsamen Votum, das der Stadtbezirksbeirat Süd in seiner Sitzung am 8. Mai 2019 gefällt hatte: Mit 8 : 0 Stimmen wünschte man sich diese wichtige Wegeverbindung geschottert und geschlämmt.
Dabei hatte nicht einmal das Umweltdezernat so einen Vorschlag gemacht, wohl wissend, wie stark beansprucht diese wichtige Radwegeverbindung vom Schleußiger Weg bis zum Equipagenweg ist. In seiner Stellungnahme hatte das Dezernat auch den Antrag der Linksfraktion nicht abgelehnt, die beantragt hatte: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit den zuständigen Behörden die Asphaltierung mit Termin 31.03.2020 zu veranlassen.“
Ein nur zu begründeter Antrag, in dem die Fraktion dann weiter ausführte: „Dieser Fuß-/Radweg ist die meistfrequentierte Verbindung zwischen Innenstadt und südlichem Leipziger Neuseenland. Während nahezu alle Radwege im Bereich des Cospudener Sees und – mit Abstrichen – des Zwenkauer Sees Asphaltdecken besitzen, ist dies für die wichtigste Anbindung von Leipzig bisher nicht der Fall. Die durch den Radverkehr bedingte Staubentwicklung bei trockenem Wetter, die Verschmutzung von Fahrrädern und Radfahrern bei nassem Wetter sowie die gesundheitsschädlichen Erschütterungen durch den derzeit schlechten Belag sind keine Werbung für das Radfahren und die Fahrradstadt Leipzig.“
Was da am 8. Mai bei der Sitzung des Stadtbezirksbeirats Süd im Immanuel-Kant-Gymnasium genauer geschah, verrät das Protokoll nicht. In seltsamer Einigkeit stimmten alle acht Mitglieder des Beirats dafür, den Weg zu schlämmen: „Der SBB Süd empfiehlt, statt einer Asphaltdecke eine sandgeschlämmte Schotterdecke aufzubringen und regelmäßig zu pflegen sowie das Geld dafür entsprechend ab dem Haushaltsjahr 2021ff. planmäßig einzustellen.“
Obwohl ein Asphaltweg genau diese Pflege nicht braucht und wesentlich länger hält. Auch wesentlich länger als jede Asphaltstraße, wenn der schwere Kfz-Verkehr fehlt. Vom Fahrkomfort ganz zu schweigen.
Selbst im Verwaltungsstandpunkt wurde vernünftigerweise empfohlen, erst einmal mit den Beteiligten (auch der Landesverwaltung) zu prüfen, inwiefern eine Asphaltierung in diesem Wegabschnitt möglich ist: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Genehmigungsfähigkeit der Asphaltierung der genannten Fuß- und Radwegeverbindung besteht und das Ergebnis bis zum IV. Quartal 2019 dem Stadtrat vorzulegen.“
In der Begründung hieß es: „Die von der Asphaltierung betroffenen Flächen befinden sich zu Teilen im Besitz des Freistaates Sachsen, sodass die dort umzusetzenden Maßnahmen insbesondere mit der Landestalsperrenverwaltung abzustimmen sind. Darüber hinaus sind umfängliche naturschutz- und wasserrechtliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Daher ist zunächst ein umfänglicher Abstimmungs- und Klärungsprozess erforderlich, erst dann kann über einen möglichen Investitionsbedarf entschieden werden.“
Doch in der Ratsversammlung am 15. Mai wurde daraus etwas völlig Schizophrenes. Da beschloss die Stadtratsmehrheit dann irgendwie beides: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen die Genehmigungsfähigkeit der Asphaltierung der genannten Fuß- und Radwegeverbindung besteht und das Ergebnis bis zum IV. Quartal 2019 dem Stadtrat vorzulegen.“ Das ging mit einer Mehrheit von 47 : 16 Stimmen durch.
Aber auch der eigentümliche Vorschlag aus dem Stadtbezirksbeirat wurde akzeptiert: „Es wird empfohlen, statt einer Asphaltdecke eine sandgeschlämmte Schotterdecke aufzubringen und regelmäßig zu pflegen sowie das Geld dafür entsprechend ab dem Haushaltsjahr 2021ff. planmäßig einzustellen.“ Das fand eine Mehrheit von 42 : 20 Stimmen.
Was das bedeutete, konnten die Radfahrer/-innen im südlichen Auwald dann ab August desselben Jahres erleben, denn verblüffend schnell beauftragte das Umweltdezernat ein Landschaftsbauunternehmen, ab August den Weg vom Schleußiger Weg bis zur Brücke über die Pleiße zu schottern und zu schlämmen. 20.000 Euro wurden hier verbaut. Und im Dezember wurde dasselbe auf der Neuen Linie bis zum Wildpark gemacht.
Seitdem hört man nur noch ein Fluchen, Stöhnen und Schimpfen im Wald. Denn es ist genau das passiert, was die Umweltverbände kritisiert hatten: Der Schlamm wird breitgefahren. Und das nicht nur, weil das Material aufweicht und weggespült wird, sodass an der Pleißebrücke schon wieder die Betonkanten der Brücke bloßliegen. Das Schlämmmaterial wurde auch noch so aufgetragen, dass sich die Wege eigentlich in eine Art Buckel verwandelt haben, der zu den Rändern steil abfällt.
Da bricht das Material logischerweise ab, suppt nicht nur in den angrenzenden Auwald, der eigentlich genau davor geschützt werden sollte. Die Kanten sind teilweise so steil, dass entgegenkommende Radfahrer sich nur unter riskanten Ausweichmanövern aneinander vorbeischlängeln können. Die Gefahr, mit dem Rad einfach abzurutschen und zu stürzen, ist überall hoch.
Was die Landesbehörden zu einer Asphaltierung sagen, ist bis heute nicht geklärt. Und statt die Wege zu befestigen und das Zerfahren der Seitenränder endlich einzudämmen, wurde das Gegenteil erreicht: Ein gelb-grauer Wegbuckel, dessen Schlämmmaterial ins Unterholz wandert, während sich gerade die Brückenauffahrten wieder in einen gefährlichen Steilhang verwandelt haben, der Radfahrer wie Fußgänger gefährdet.
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Es gibt 3 Kommentare
Besonders krass ist es an der Kreuzung an der Fußgänger- und Radfahrerbrücke nahe der Schleuse Connewitz. Das wurde in der Vergangenheit schonmal ausgebessert, weil ein Teil des Weges regelrecht weggebrochen war, aber mittlerweile ist es wieder in einem sehr zweifelhaften Zustand.
Hmm, ich denke, mit einer 2 Meter breiten Asphaltdecke auf einem 3 bis 4 Meter breiten Weg würde es auch nicht viel anders aussehen.
Es sei denn, in die verdichtete Lehmschicht drunter wäre ein (wasserstauender?) Graben eingelassen worden.
Ansonsten bleibt bei Aufbauten nur, ein Gefälle zum Waldrand-Oberflächen-Niveau herzustellen, quasi als “Bahndamm”.
Oder die “Deckschicht” mit 4 Meter Breite als “Hochweg” zu beauftragen.
Die beauftragte Breite vermute ich,
weil lt. ADFC(1*) 1 km Wassergebundene Decke (2m breit) 40-50.000 € (Asphalt (freie Strecke)90.000 €)kosten
und die 20.000 € sich wohl auf 500-600 m beziehen?
So zum Laufen mag ich Asphalt persönlich nicht (von Erdöl in Magarine und Creme hier mal abgesehen),
aber auch keine Schlammlöcher.
Eigentlich geht es doch um grobe Steine, deren Zwischenräume mit feinem Sand/Lehm gefüllt werden
und deren “spitze” Oberfläche ebenso geglättet wird.
Und diese feinkörnige Oberfläche schwimmt entweder mit dem Wasser davon (Wassergebunden)
oder wird durch (elastisches) Erdöl oder
(harten, wasserdichten) Zement-Beton “hydraulisch” gebunden.
Und dann gibt es da noch so einen alten Bauzusatz wie Kalkmörtel, der elastischer bleibt, Feuchte durchläßt und so als Kalk im Wald, wohl eher Schadstoffe bindet.
Problem scheinen mir da eher irgendwelche Baugesetzgebungen zu sein bzw. Baufirmen, die da den “Din-bürokratischen” Aufwand scheuen.
Wie wäre es eigentlich, wenn man z.B. die HTWK mal wegen eines Forschungsprojektes (inklusive Umsetzung) zum Thema anfragt?
Vielleicht können die ja mehr als nur “Beton”(2*)..
1*)
https://www.adfc-sachsen.de/index.php/component/content/article/2-verwaltung-und-politik/176-radwegoberflaechen
2*)
https://www.beton.org/fileadmin/beton-org/media/Dokumente/PDF/Service/Zementmerkbl%C3%A4tter/S21.pdf
Da ist doch Leipzig, das Klein-Paris, von der Lage her bestens geeignet eine Stadt für Menschen zu sein, die welchem Alters auch immer, gern mit dem Rad unterwegs sein möchten. Doch die Wirklichkeit ist zum heulen. Ihre große Schwester an der Saine macht es da sehr viel besser. Ach könnte ich nur Anne Hidalgo auch als Oberbürgermeisterin von Leipzig wählen! Eine Frau die genau weis was eine lebenswerte Stadt auszeichnet. Vielleicht sollte Burkhard Jung für einige Wochen ihr Assistent sein?