In der Ratsversammlung am Mittwoch, 8. Juli, wird wahrscheinlich der Bebauungsplan Nr. 392 „Wilhelm-Leuschner-Platz“ auf der Tagesordnung stehen, zu dem es ganz bestimmt heftige Diskussionen geben wird. Nicht nur, was all die von der Stadt geplanten Ansiedlungen betrifft (was die Freibeuter thematisieren) oder den Verkauf städtischer Grundstücke (was der Stadtbezirksbeirat Mitte kritisiert), sondern auch die Artenvielfalt auf dem Platz, der ja im Grunde eine Nachkriegsbrache ist.

Hier sind zumindest in einigen Ecken des ehemaligen Markthallenviertels einige dichte und artenreiche Biotope entstanden, die der riesigen Freifläche ihren kahlen Charakter nehmen und auch zeigen, wie wichtig solche Grüninseln in einer Großstadt sind.

Aber nicht nur die Leipziger Umweltverbände befürchten, dass das hier über Jahrzehnte gewachsene Grün einfach abrasiert wird wie bei so ziemlich allen Neubauprojekten derzeit in Leipzig. Augenscheinlich können heutige Bauherren nicht so bauen, dass sie wertvolle Baum- und Strauchbiotope dabei unversehrt lassen.

Aber gerade auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz soll das so nicht passieren, beantragen jetzt die beiden Linke-Stadträt/-innen Franziska Riekewald und Michael Neuhaus, die die Absprachen zur künftigen Parkstadt Dösen als Vorbild sehen, auch endlich einmal den Artenschutz zum Bestandteil von Bebauungsplänen zu machen.

„Der Wilhelm-Leuschner-Platz im Stadtzentrum ist ein innerstädtischer Rückzugsraum für zahlreiche Tierarten geworden. Das Konzept der Doppelten Innenentwicklung sieht jedoch die vorrangige Bebauung innerstädtischer Flächen vor, um eine Inanspruchnahme neuer, unberührterer Flächen zu verhindern“, begründen sie ihren Antrag.

„Der vorliegende Antrag hat das Anliegen, die offensichtlichen Zielkonflikte, welche sich hieraus ergeben, abzuschwächen. Die im B-Plan festgesetzten Maßnahmen reichen dafür jedoch nicht aus. Das Anbringen von Nist- und Fledermauskästen bietet Tieren zwar einen Unterschlupf, lässt jedoch weitere artspezifische Bedürfnisse wie das Nahrungsspektrum aus.“

Wie es anders gehen kann, zeige aus ihrer Sicht bereits der Beschluss zum Bebauungsplan „Parkstadt Dösen“.

„Hier haben sich Verwaltung, Stadtrat und Investor verständigt, ein Artenschutzkonzept im Sinne des Animal Aided Designs vorzulegen. Im Rahmen eines solchen Konzeptes gilt es, für jede betroffene Tierart Maßnahmen ihren artspezifischen Ansprüchen entsprechend zu prüfen und festzulegen. Wie so etwas aussehen kann, kann dem Konzept des Bundesamtes für Naturschutz zur Einbeziehung der Bedürfnisse von Tierarten in die Planung und Gestaltung städtischer Freiräume entnommen werden:

Und dabei sollte es vor allem darum gehen, die gewachsenen Bestände möglichst zu sichern. Denn wenn das Grün erst wieder neu gepflanzt wird, dauert es wieder Jahrzehnte, bis die Gehölze groß genug sind, um unterschiedlichsten Tier- und Insektenarten Zuflucht zu geben. Und gerade solche Grüninseln werden mit der Klimaerhitzung auch in der immer mehr verdichteten Stadt noch wertvoller.

Und so beantragen die beiden Stadträt/-innen: „Die Verwaltung wird beauftragt, bis zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplans Nr. 392 ,Wilhelm-Leuschner-Platz, Stadtbezirk Mitte, Ortsteil Zentrum Süd‘ ein Artenschutzkonzept vorzulegen. In diesem Artenschutzkonzept sind für jede von den Bautätigkeiten bedrohte Tierpopulation Maßnahmen darzulegen und festzusetzen, welche nötig sind, um einen Verlust zu vermeiden. Als Leitbild soll das Konzept des ,Animal Aided Designs‘ vom Bundesamt für Naturschutz angewendet werden. Bei der Erstellung sind die Umweltverbände einzubeziehen.“

Stadtbezirksbeirat beantragt: Flächen am Wilhelm-Leuschner-Platz müssen in städtischer Hand bleiben

Stadtbezirksbeirat beantragt: Flächen am Wilhelm-Leuschner-Platz müssen in städtischer Hand bleiben

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Es gibt 9 Kommentare

Alle älteren Brachflächen sind für sich Biotope. Ich würde gar nicht mehr so viele Flächen zum Bebauen freigegeben. Mit der S-Bahn ist man in kurzer Zeit in Borna, Delitzsch, Eilenburg… Dort ist ausreichend Wohnraum vorhanden. Und es schont die überlasteten Schulen, Kitas etc.in Leipzig. Erste Familien haben es gemerkt.

Offensichtlich verbindet die LINKE den Schutz allgemeiner durchschnittlicher Lebensräume für Tiere und Pflanzen auf dem Leuschnerplatz mit der Forderung zum Erhalt einer kleinklimatisch relevanten innerstädtischen Grünfläche. Das ist eine rein politisch motivierte Forderung, die mit dem speziellen bundesrechtlich geregeltem Artenschutz nichts zu tun hat. Damit wird der Rechtsbegriff Artenschutz hier zweckentfremdet. Gleichzeitig ist der Begriff Konzept auch nicht ausreichend definiert, womit es letztendlich nur um eine politische Emotionalisierung geht, was auch nicht anders zu erwarten war. Die Auswirkungen des von den Linken mitgetragenen Forstwirtschaftsplanes auf geschützte Arten sind im Gegensatz dazu als gesetzlich fixierte Verbote klar geregelt. Hier hätte man nur die Umsetzung des Arten- und Gebietsschutzes einfordern brauchen.

Ich denke auch, den Auwaldschutz und den Erhalt von städtischem Grün wie auf dem Leuschnerplatz kann man nicht wirklich vergleichen. Klar, das Tafelsilber Auwald steht ganz ganz vorne!

Aber auch das städtische Grün darf nicht leichtfertig geopfert werden. Und ein Artenschutzkonzept, was den Namen auch verdient, ist sicherlich sehr richtig, übrigens auch gesetzlich gefordert (also keine Kür…). Da kann man nur hoffen, dass nicht wieder die üblichen systemrelevanten Gefälligkeitsgutachter*innen losgeschickt werden und wieder schreiben, dass die Vögel in ungestörte Bereiche ausweichen können, sowieso grundsätzlich unempfindlich gegenüber Störungen sind (was sogar beim Eisvogel versucht wird), dass man nur ein paar Kästen aufhängen muss und gut ist…

Da bin ich mal gespannt, ob diejenigen, die laut den Klimanotstand ausrufen (was sicherlich richtig ist!) sich auch konsequent für den Erhalt des Gehölzbestandes engagieren. Leider bin ich da etwas skeptisch wenn ich z.B. den Artikel lese, wo sich Tim Elschner zum Leuschnerplatz äußerte…

tatsächlich das Artenschutzproblem auf dem Leuschnerplatz und das was mit dem Forstwirtschaftsplan zusammenhängt ist nicht vergleichbar und deshalb auch zu relativieren. Beim ersten geht es um wenige Quadratmeter Lebensraum für Durchschnittsarten beim zweiten um tausende Bäume mit Relevanz für prioritäre Arten nach der FFH-Schutzrichtlinie. Dahingehend relativiert schon die Artenschutzrechtliche Reglung nach dem BNatschG.

Ein wenig sollte man aber schon relativieren.

Wenn es sich um eine Baulücke handelt, die ein paar Jahre währt, dann muss man nicht jeden Käfer problematisieren.

Die “Bombenlücke”, um die es hier geht, besteht seit zig Jahren und dass sich dort etwas Grünes etabliert hat, ist wohl unstrittig. Und war bisher gut.

Die Frage ist doch auch:
Ist es denn Gesetz, dass eine bebaute Lücke auch so “wieder hergestellt” werden muss, wie es mal war
oder
passt man die neue Bebauung an den jetzigen Stand der Erkenntnisse an?
Also Frischluftschneisen, Grünpflanzen, nachhaltige Bebauung, Schutz Flora/ Fauna etc.

Wir wissen vom Klimawandel und bekennen uns zum Handeln, vernichten dann aber ungeprüft und rigoros Grünflächen in der Stadt.

zu EarlGrey das stimmt, leider habe ich die Aussage aus dem ersten Kommentar ungeprüft übernommen. Letztendlich haben aber die Linken mit den Grünen für den Forstwirtschaftsplan gestimmt und ihn nicht verhindern wollen.

Bei soviel Schaum vorm Mund erkennen die Kommentierenden nicht, dass die Stadträt/-innen Franziska Riekewald und Michael Neuhaus der Fraktion Die Linke angehören.
Tja.

m.k. genau richtig. Eine im innerstädtischen Bereich mit hohem Investitionsdruck zu schließende Bombenlücke des zweiten Weltkrieges mit dem Verweis auf dort vorkommende Allerweltsarten zu problematisieren und gleichzeitig Artenschutzhotspots (xylobionte Käfer) mit dem protegierten Forstwirtschaftsplan zu gefährden, ja sogar zu zerstören, ist bigott und entlarvt den politischen Populismus der grünalternativen Mandatsträger.

Man muss nicht verstehen (können), warum DIE GRÜNEN, hier Frau Riekewald und Herr Neuhaus, sich so für den Artenschutz auf einer kleinen Fläche wie den Wildwuchsecken auf dem W.-Leuschner-Platz einsetzen, dem Forstwirtschaftsplan 2018, der in Größenordnungen alte Bäume in EU-geschützten Gebieten des Auwaldes für die Fällung vorsah (diese Bäume stehen Dank NuKLA noch in der Burgaue, markiert vom Verein mit einem §-Zeichen und können besichtigt werden) zugestimmt (!) haben und sich bei der Abstimmung für den 2019/20 (trotz laufendem Gerichtsverfahren gegen die Stadt) lediglich zu einer Enthaltung durchringen konnten. Politik eben.

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