Der Eiertanz rund ums Sportforum geht weiter. Nachdem die Grünenfraktion, nachdem sie sich mit dem Thema eingehender beschäftigt hat, einen detaillierten Antrag eingereicht hatte, für das gesamte Sportforum einen Masterplan aufzulegen, und die CDU gleich mal eine OBM-Wahlkampf-Kampagne daraus machte, hat das Dezernat Stadtentwicklung und Bau jetzt eine neue Stellungnahme vorgelegt, die ein Zugeständnis mit zwei Wollen-wir-nicht verbindet.
Erstmals macht die Stellungnahme sogar deutlich, dass es gar nicht RB Leipzig war, das auf einmal so einen Handlungsdruck am Sportforum nötig machte, dass schnell ein Beschluss zu einem Grundstück gefasst werden sollte, auf dem RB wichtige Stellplätze bauen könnte.
RB hat schon länger Interesse an dem Grundstück. Aber dass die Stadt die Fläche des ehemaligen Schwimmstadions verkaufen wollte, darüber verhandelte die Verwaltung völlig ohne Zustimmung des Stadtrates.
Und an dem Punkt lenkt die Verwaltung jetzt tatsächlich ein. Der Verkauf ist vom Tisch. Es wird über Erbbaupacht verhandelt.
„Der Antrag zielt darauf ab, mit RB Leipzig erst nach Abschluss der Rahmenplanung (Masterplanung) über das Areal ARENA II zu verhandeln“, heißt es jetzt in der Stellungnahme. „Aus Sicht der Verwaltung ist dies jedoch nicht zielführend, da die Gesamtentwicklung dieser Fläche und insbesondere des Sportmuseums über einen längeren Zeitraum unmöglich gemacht werden würde.“
Und dann kommt der eigentliche Grund, warum die Stadt auf einmal so eine Eile hat: „Die Fördermittel für das Sportmuseum stehen nur bis Ende 2022 – und demnach begrenzt – zur Verfügung.“
Das dürfte selbst die CDU-Fraktion interessieren, die ja nun seit Jahren beharrlich nachfragt, wo denn nun die Pläne der Stadt für das Sportmuseum bleiben. Und siehe da: Die Stadt hat längst Fördergeldzusagen, könnte das Projekt also zeitnah umsetzen – oder eben umsetzen lassen, denn RB Leipzig würde das Museum ja in sein neues Verwaltungsgebäude integrieren.
Bürgerbeteiligung zum Masterplan ab Mai
Und wie ist das mit dem von den Grünen beantragten Masterplan für das ganze Sportforum?
Den hat die Stadtverwaltung sogar schon in Auftrag gegeben, erfährt man jetzt: „Das Stadtplanungsamt hat Ende Dezember 2019 ein Landschaftsarchitekturbüro (Rehwaldt Landschaftsarchitekten) mit der Erarbeitung eines Rahmenplans für den öffentlichen Raum (Masterplan) des Stadionumfeldes betraut. Die Bearbeitung befindet sich derzeit in der Grundlagen- und Analysephase. Die Zeitschiene sieht eine Bearbeitung bis Ende 2020 vor.
Der Bearbeitungsbereich erstreckt sich von der Friedrich-Ebert-Straße, Jahnallee, Straße am Sportforum und Goyastraße. Zudem ist vorgesehen, ergänzend die Festwiese und den vorgelagerten Vorplatz mit in das Bearbeitungsgebiet aufzunehmen.
Einer westlichen Erweiterung über das Elsterflutbecken hinaus, wird seitens der Stadtverwaltung nicht zugestimmt, da die aktuellen Nutzungen der Fläche am Cottaweg sowie die räumliche Entfernung zum Stadionareal aktuell kein planerisches Handeln erfordern. Zudem sprechen die Belange des Naturschutzes (SPA/Vogelschutzgebiet, FFH, Landschaftsschutzgebiet) sowie derzeit fehlende sinnfällige Verkehrsbeziehungen gegen planerische Maßnahmen, wie zum Beispiel einer Fußgängerbrücke über das Elsterflutbecken.
Entsprechend der Aufgabenstellung für die Rahmenplanung ist eine zweistufige Bürgerbeteiligung vorgesehen. Ein erster Beteiligungsprozess ist für Mai/Juni 2020 geplant. Eine zweite Veranstaltung soll im Oktober/November 2020 erfolgen. Ein detailliertes Beteiligungskonzept wird durch den Auftragnehmer erarbeitet und im Mai 2020 im Forum Bürgerbeteiligung und bürgerschaftliches Engagement vorberaten werden.“
Im Mai könnte es also mit einer Bürgerbeteiligung losgehen. Falls Leipzig dann aus der Corona-Stilllegungs-Phase heraus sein sollte.
Aber der eigentliche Eiertanz, der auch den Bau einer leistungsfähigen Wendeschleife für die Straßenbahn verhindert, geht weiter.
Wer hat jetzt eigentlich wem die Alte Elster versprochen?
Und auch das Planungsdezernat ist sich nicht zu fein, die Tatsachen dabei ein bisschen zu verdrehen.
In der Stellungnahme heißt es konkret: „Gemäß den Beschlussvorlagen (Stadtratsbeschluss vom 18.02.2004 Nr. RBIII-1563/2004 Integriertes Gewässerkonzept (IGK) und vom 21.03.2012 Nr. RBV-1172/12 Kooperationsvereinbarung zur Umsetzung des IGK) hat sich die Stadt Leipzig dazu verpflichtet, die Trasse der Alten Elster für die Entwicklung einer grün/blauen Infrastruktur freizuhalten. Die flächenbezogene Rahmenplanung soll daher in einer Variante sicherstellen, dass die Möglichkeit zur späteren Öffnung der Alten Elster uneingeschränkt bestehen bleibt. Die komplexen wassertechnischen und wassertouristischen Aspekte sind in nachfolgenden Planfeststellungsverfahren zu klären.“
Heißt im Klartext: Auf 30 Meter Breite wird quer durch das Gelände die Trasse für den Neubau einer Alten Elster freigehalten, was sämtlichen Planungen auf diesem Streifen auf Jahrzehnte verhindert.
Die Aussage klingt so, als hätte sich die Stadt gegenüber der Landestalsperrenverwaltung verpflichtet, den Gewässerstreifen frei zu halten. Aber Initiator dieses Plans, die „Alte Elster“ neu zu bauen, war 2004 die Verwaltung in persona von Umweltdezernent Holger Tschense. Der Grund dafür lag in der Bereitschaft des Freistaats Sachsen, den Kommunen beim Hochwasserschutz mit Geld massiv unter die Arme zu greifen, nachdem 2002 die sogenannte „Jahrhundertflut“ durch Sachsen gerauscht war.
Und Leipzig meldete umgehend alle freizulegenden alten Mühlgräben als Hochwasserschutzvorhaben an, packte sie in ein Integriertes Gewässerkonzept. Und zwar nicht nur die Gewässer 2. Ordnung, für die tatsächlich die Stadt zuständig ist (z. B. Elstermühlgraben und Pleißemühlgraben), sondern auch den Wunschtraum der Leipziger Wassertouristiker, die „Alte Elster“ parallel zur Friedrich-Ebert-Straße freizulegen. Das wurde dann 2012 zwischen Leipzigs Stadtverwaltung und Landestalsperrenverwaltung auch noch vertraglich abgesichert.
Und der Leipziger Stadtrat hat dem tatsächlich zugestimmt, ohne auch nur auf die Kostennote oder gar den wirklichen Sinn im Hochwasserschutz zu schauen. Oder gar auch nur zu überlegen, wer sich da eigentlich wem gegenüber verpflichtet hat oder ob der Vertrag nichts anderes war als eine Absicherung der Verwaltung für das für Leipzig nicht finanzierbare Spaßprojekt Alte Elster.
Gerade in der Gegenwart, wo endlich auch in Leipzig an Visionen zur Revitalisierung der Nordwestaue gearbeitet wird, wären die Pläne zur „Alten Elster“ eine Katastrophe.
Da fällt schon auf, dass das Planungsdezernat einige Punkte aus dem Grünen-Antrag einfach unter den Tisch fallen lässt.
So etwa den „Ausbau der Wendeschleife der LVB“, das geforderte „Konzept für eine nachhaltige Abdeckung des örtlichen Grundschul- sowie des notwendigen Freiflächenbedarfes“, aber ganz explizit die „eingehende Betrachtung des äußerst umstrittenen Themas ‚Freilegung der Alten Elster‘ und ‚Nutzung des Elsterbeckens‘“.
Daran will aber Leipzigs Verwaltung nicht rühren lassen und betont sogar noch, dass man sich vom Stadtrat in die kühnen Pläne, einen neuen Flusskanal zu bauen, nicht hineinreden lassen will: „Die flächenbezogene Rahmenplanung soll daher in einer Variante sicherstellen, dass die Möglichkeit zur späteren Öffnung der Alten Elster uneingeschränkt bestehen bleibt.“
Eine Studie von 2014 verrät, wie kleinkariert der Beschluss zum Verkehrskonzept Sportforum ausgefallen ist
Das Fußballstadion von RB braucht endlich eine leistungsfähige Wendeschleife
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Es gibt 5 Kommentare
Ich verstehe nicht, warum die Brücke westlich des Stadions nicht in die Jahn-Allee-Radweg Planung aufgenommen wird. Es kommen sehr viele Radler*innen aus Lindenau über die Erich-Köhn-Str. und fahren dann über die Capa-Straße zur Kreuzug mit der Jahnalle. Weil die Ampel über die Jahn-Allee Richtung Innenstadt ewig dauert, fahren sie dann auf der falschen Seite der Jahn-Allee bis zum Sportforum.
Für den Radverkehr wäre es super, wenn der bestehende Weg von der Erich-Köhn-Str zum Cotta-Weg geöffnet würde. Man dort auf einer Fußgänger/Radfahrerbrücke das Gewässer queeren könnte und dann eine Rampe hoch zur Jahn-Allee führen würde. An der Straßenbahn-Haltstelle könnten dann alle die Jahn-Alle mit aushaltbar langen Ampelwartephasen queren. Für den alltäglichen Radverkehr aus Lindenau in die Stadt und zurück wäre dies eine wirkliche Erleichterung. Auch die Gefahrenstelle Einmündung Cotta-Weg würde massiv entschärft werden.
Zudem wäre eine Durchbindung des Radwegs zur Gustav-Adolf-Str. denkbar. In diesem Fall könnte ich mir vorstellen, dass Radverkehr signifikant von der Jahn-Allee in die Gustav-Adolf-Str. wechseln würde.
An wen müsste man denn in der Stadtverwaltung mit dieser Idee ran treten? Und warum macht es den Eindruck, als ob die Frage des Alltagsverkehrs zwischen Innenstadt und Lindenau sowie im gesamten Stadion-Umfeld und des Veranstaltungsverkehrs kaum zusammen gedacht werden?
@Rudi
Interessante Fakten.
Wann hat man so etwas zugesagt? Verbindlich?
Wenn es denn aber technisch und physikalisch nicht anders geht, muss man sich von solchen Aussagen lösen. Das Tschense-Schnaps-Projekt ist ja auch schon uralt und Erkenntnisse überholen solche Ideen dann dann auch mal.
Man kann doch den Stadtausbau nicht nach ein paar Ruderern (Leipzig als weltbekannte Ruderstadt) ausrichten und völlig unsinnige Projekte deswegen ins Visier nehmen. Nur, weil irgendjemand mal etwas “versprochen” hat.
Warum können die Vereine nicht auf den mittlerweile zahlreichen Seen trainieren?
@Christian
Es ist bekannt, dass die Alte Elster keinen Beitrag zum Hochwasserschutz leistet. Es stellt sich eher die Frage, ob sie dahingehend nicht kontraproduktiv ist. Denn wenn das Wehr geöffnet wird, wird das Wasser der alten Elster zusätzlich einen Weg finden und der ist wahrscheinlich das niedrigere Elsterbecken – da Wasser eher abwärts- als aufwärts fließt. Wasser ist auch im flüssigen Zustand nicht stapelbar.
Der Grund, weshalb man an der alten Elster festhält: Man hat den Ruderclubs/-vereinen das Elsterbecken fürs Training zugesagt. Von dieser Zusage will sich niemand mehr lösen, weil man dann auch am Elster-Saale-Kanal nicht mehr so frei agieren kann wie heute.
Wie ich die kürzliche Vergangenheit verstehe, bemühen sich die Grünen ja, die Alte Elster zu hinterfragen.
Jedoch die Stadt selber müsste sich angesichts der Platznot mit Ansage eigentlich darum kümmern. Es ist kein Geld für dieses Gewässer da, man braucht es nicht (Elsterflutbett vorhanden) und es ist ein “Fördergeilheit-Relikt”.
Jeder normal tickende Mensch fasst sich wegen dieser weiterhin vegetierenden Idee an den Kopf!
Die L-IZ könnte aber gern einen Beitrag dazu leisten und Fakten mit der LTV auf den Tisch legen. Das wäre durchaus wegweisend; auch der Verwaltung, die den Bürgern eben auch am liebsten diese “alte” unnötige Variante zum “Diskutieren” vorlegen möchte.
Die Verbindlichkeit, jene Alte Elster in die Planung einbeziehen zu müssen, sollte gelöst werden (Stadtrat) und in den Akten verschwinden.
Zum Schmunzeln für später.
Sehr geehrter Herr Julke,
das eine Masterplanung für den Platz am Sportforum vorgesehen wird, ist doch schon mal ein Fortschritt. Die Mitarbeiter im Dezernat Stadtentwicklung und Bau machen sich sicher genauso wie die Leipziger und die L.IZ ihre Gedanken zu diesem Thema, haben ihre Erfahrungen und müssen Vorgaben und Verträge beachten. Neben RB ist anscheinend ein Knackpunkt die Trasse zur Öffnung der Alten Weißen Elster. Neben der Stadt wäre der wichtigste Partner dabei die LTV. Aber seltsamerweise spricht anscheinend Keiner mit den Leuten der LTV. Ich hatte Ihnen als L.IZ und den B90/Grünen schon mehrmals vorgeschlagen, ein Gespräch mit der LTV zu suchen, zur Klärung, ob die Öffnung der alten Trasse entlang der Fr-Ebert-Str. für den Hochwasserschutz für Leipzig überhaupt noch erforderlich ist oder schon andere Lösungen gefunden wurden. Aber mit seltsamer Ignoranz wird solche Kompromisfindung übergangen. Lieber wird auf der Verwaltung herum gehackt, die aber doch imstande ist sich zu bewegen. Ich hoffe, dass das Bürgerforum dann aber im Frühsommer konstuktiver damit umgeht um Lösungen zwischen den verschiedenen Interessengruppen zu finden.
Mit freundlichem Gruß
C. Korth