Schon im November schlug der Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg Alarm, denn das verlassene Gelände von Schlobachshof wurde immer stärker zum Spielfeld von Vandalen. Dabei hatte die Stadt das Gelände doch erst gekauft? Ließ sie es jetzt verwüsten? „Die Stadtverwaltung stellt sicher, dass auf dem Areal des Schlobachshofs Vandalismus und Plünderungen verhindert werden und leitet umgehend die dazu erforderlichen Verkehrssicherungsmaßnahmen ein“, beantragte der Ortschaftsrat.

„Seit geraumer Zeit gibt es immer wieder Vorfälle im Objekt, die Zerstörungen nach sich ziehen. Da das Eingangstor nicht mehr verschlossen ist, steht das Gelände offen. Auch gibt es keine Hinweisschilder mehr mit ,Betreten verboten‘. Es scheint so, dass einige Menschen denken, es handelt sich um niemandes Eigentum“, hieß es im Antrag des Ortschaftsrats, der sich dann aber doch drei Monate lang durch die Gremien schleppte. „Die zuständigen Mitarbeiter der Stadt wurden bereits zu diesen Vorgängen informiert. Leider tut sich nichts. Schutzmaßnahmen werden nicht getroffen.“

Ganz entkräften kann das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport die Vorwürfe nicht.

Denn auch nach dem Antrag des Ortschaftsrats gingen die Vorfälle an dem in der Nordwestaue gelegenen ehemaligen Reiterhof weiter.

„Die Stadtverwaltung ist bereits seit dem erfolgreichen Eigentumserwerb im Zwangsversteigerungsverfahren auf der Grundlage des Beschlusses VI-DS-02709 aktiv mit der Liegenschaft selbst und insbesondere mit dem Eigentums- und Besitzübergang befasst. Die Sicherung der Liegenschaft und insbesondere der Gebäude erfolgte durch die Besitzer im Rahmen der Nutzung des Geländes. Nachdem der Umfang der Nutzung durch die Besitzer reduziert wurde, kam es im letzten Quartal 2019/Anfang 2020 zum unberechtigten Zutritt, verbundenen mit einzelnen Vorfällen, darunter ein Hausfriedensbruch am 15.11.2019, ein Einbruch am 15.12.2019, ein Einbruch mit versuchtem Diebstahl am 06.01.2020 und ein Vandalismusschaden am 09.01.2020 auf dem Gelände“, teilt das Umweltdezernat mit.

Was im erwähnten Beschluss VI-DS-02709 steht, kann schlicht nicht nachvollzogen werden. Dieser Beschluss erfolgte nichtöffentlich. Sodass man auch nur raten kann, welche Kauf- und Übertragungstermine eigentlich gelten. Denn den Grünen gegenüber gab die Stadt 2017 an, das Gelände 2016 ersteigert zu haben.

Jetzt klingt es so, als habe man es erst Ende Januar 2020 übernommen und die alten Besitzer waren dort noch bis Dezember verantwortlich. Und ganz ausgezogen sind sie auch nicht.

Das Umweltdezernat dazu: „Die Stadtverwaltung hatte bereits auf die reduzierte Nutzung ab Herbst 2019 unmittelbar reagiert und bei den Besitzern interveniert, mit dem Ziel, dass diese dem erhöhten Sicherungsbedarf im Bereich des Schlobachshof nachkommen. Weiterhin wurde auf die einvernehmliche und alsbaldige Übergabe des unmittelbaren Besitzes gedrängt. Schon vor Besitzübergabe wurden durch die Stadt Leipzig Anfang Dezember 2019 ein Wachdienst mit dem Objektschutz beauftragt und Sicherungsmaßnahmen an einzelnen Gebäuden veranlasst, um Vandalismus und Beschädigungen zu verhindern. Für die Zeit nach Besitzübergang wurde ein Bewachungs- und Sicherheitskonzept erarbeitet.“

Aber selbst das war nicht ausreichend, um weitere Vandalismusschäden auf dem Gelände zu verhindern: „Neben der täglichen, mehrfachen Bestreifung des gesamten Geländes durch die Sicherheitsfirma finden unregelmäßige Kontrollen durch das Ordnungsamt, den Bürgerpolizisten und dem Streifendienst der Polizei statt.

Außerdem wurden die Gemälde aus dem denkmalgeschützten Pavillon bei der Bewachungsfirma sichergestellt. Dies ist jedoch nur eine Übergangslösung, da die Lagerhalle ab 5. März 2020 für andere Zwecke genutzt werden wird. Es werden zurzeit Gespräche mit dem Kulturamt und dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege zur Unterbringung der Gemälde geführt.

Trotz der umfangreichen Sicherungsmaßnahmen kam es in der Nacht vom 21. zum 22. Februar 2020 zu einem Brand auf dem Gelände des Schlobachshofes. Beim Eintreffen der Feuerwehr kurz nach Mitternacht wurde festgestellt, dass das Gebäude Nr. 1 (ehemaliger Geflügelstall) bereits bis zur Hälfte abgebrannt war. Zur Sicherstellung der Löschwasserversorgung wurden weitere Einheiten der Feuerwehr Leipzig nachgefordert. Gegen 2:30 Uhr war das Feuer gelöscht. Insgesamt waren sieben Fahrzeuge beteiligt.“

Einzige Beruhigung: „Personenschäden und Schäden an weiteren Gebäuden sind nicht zu verzeichnen. Das Gebäude sollte im Rahmen der externen Kompensationsmaßnahmen zum B-Plan 208 ,Seehausen II‘ zurückgebaut werden.“

Zu dem Zeitpunkt hatte die Stadt schon die ganze Verantwortung für das ersteigerte Gelände. Der Brand aber zwang zum Handeln: „Aufgrund des aktuellen Brandereignisses zeigt sich die Notwendigkeit, die Bewachung von drei Mal täglich auf 24 h zu erweitern, um weiteren Schäden vorzubeugen.“

Und so ganz nebenbei erfährt man, dass die Stadt gar nicht das komplette Gelände ersteigert hat.

„Mit Wirkung vom 31.01.2020, 12:00 Uhr, ist der vollständige Besitz an den städtischen Flächen auf die Stadt Leipzig übergegangen. Allerdings ist ein Teil des Areals, Flurstück 477 von Gundorf (Großteil des Reitplatzes und Nebengebäude), weiter Eigentum der früheren Eigentümerin des Gesamtareals, weil es kein Gegenstand der Zwangsversteigerung war“, so das Umweltdezernat.

Und es wird noch schöner, denn der Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg fühlt sich zwar verantwortlich.

Aber: „Es wird darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit für den Schlobachshof nicht bei einem Ortschaftsrat liegt, auch wenn die Verwaltung dessen Anliegen berücksichtigt. Neben dem Antragsteller sind der Ortschaftsrat Burghausen, der Stadtbezirksbeirat Alt-West und der Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln mit der Entwicklung des Schlobachshofes befasst: Im Ortschaftsrat Burghausen wurde am 26.02.2019 die Initiative des Schlobachshof e. V. vorgestellt.

Der Ortschaftsrat Lützschena-Stahmeln hat sich mit Vorlage VII-DS-00094-ÄA-03 die Vorstellung der Ausgleichsmaßnahmen zur Ansiedlung im GI Seehausen 2 zusichern lassen. Der Stadtbezirksbeirat Alt-West hat am 13.11.2019 den aktuellen Stand zum Konzept abgefragt. Zudem hat die seit Erwerb vorgesehene Verwendung für Ausgleichsmaßnahmen stadtweite Bedeutung.“

Der Schlobachshof e. V. will auf dem Gelände ein „interaktives“ Bauernhofmuseum mit Tierzucht und -haltung aufbauen, einen Informationspunkt für das Projekt „Lebendige Luppe“ integrieren, Streuobstwiesen und Biotope pflegen, „Außenarbeitsplätze“ für Behinderte schaffen und einen Gnadenhof für Pferde.

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