Die Diskussion um die Umbenennung der Arndtstraße in der Leipziger Südvorstadt in Hannah-Arendt-Straße, die der Leipziger Stadtrat im Januar beschloss, wogt seitdem hin und her. Die einen poltern einfach los mit „Wollen wir nicht!“, ohne zu begründen, warum. Andere versuchen das Dilemma aufzulösen, das es ja durchaus gibt: Wie geht eine Stadt mit Straßenbenennungen aus einer ganz anderen Zeit um? Darf die heutige Stadtgesellschaft ihre moralischen Maßstäbe auch an die Straßenbenennungen des Jahres 1870 anlegen?

Ein Thema, über das L-IZ-Leser Roman Yos ja am 3. März einen sehr nachdenklichen Beitrag geschrieben hat.

In dem verweist er auch auf die von der Grünen-Fraktion beantragte Kommission, die sich im Vorfeld solcher Straßen(um)benennungen gründlicher mit der nötigen historischen Einordnung beschäftigen soll.

Tatsächlich hat der Umbenennungsbeschluss zur Arndtstraße schon jetzt das Nachdenken darüber in Gang gesetzt, wie Leipzig sich zu solchen Namensgebern positionieren könnte, die vor 150 Jahren durchaus mit nationalem Pathos und einer gewissen nachgeholten Preußenbegeisterung ins Stadtbild gehoben wurden.

In seiner Sitzung vom Donnerstag, 5. März, hat das Jugendparlament anlässlich der erneuten Debatte um die Arndtstraße beschlossen, den im Januar gefällten Stadtratsbeschluss zur Umbenennung dieser in Hannah-Arendt-Straße zu unterstützen. Es fordert eine zeitnahe Umsetzung des Beschlusses.

Friedrich Finkenstein, Mitglied des Jugendparlamentes und Antragstellender, erklärt dazu: „Die Umbenennung ist für uns als Jugendparlament ein klares Zeichen und Bekenntnis gegen Antisemitismus und Nationalismus. Sie muss durchgesetzt werden, auch um endlich eine stärkere Würdigung von jüdischen Mitmenschen und Frauen bei den Straßennamen herbeizuführen.“

Und während mancher Beteiligte an der Diskussion meint, man könne die Haltung Ernst Moritz Arndts doch nur in seiner Zeit verstehen und damals sei das doch normal gewesen, gehen die jungen Parlamentarier auf diese Relativierungsmasche gar nicht erst ein.

Arndts Antisemitismus, Nationalismus und Frankophobie werden in vielen seiner Werke deutlich, stellt das Jugendparlament fest. Die erneute Beschäftigung mit diesen Äußerungen hätte bereits an anderer Stelle zu einem Umdenken geführt. 2018 entschied beispielsweise die Universität Greifswald, sich von ihrem früheren Namen „Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald“ zu trennen.

Hannah Arendt ist hingegen auch für die Mitglieder des Jugendparlaments eine Vordenkerin der politischen Theorie, die 1933 nach der nationalsozialistischen Machtergreifung emigrierte und sich zeit ihres Lebens immer wieder gegen Antisemitismus und Nationalismus engagierte.

Quentin Kügler, Sprecher des Jugendparlamentes, sagt dazu: „Die klar rassistische, antisemitische und nationalistische Sprache in Arndts Werken steht komplett im Gegensatz zur Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit, die Leipzig in unseren Augen ausmacht. Mit der Umbenennung wird hingegen Hannah Arendt als herausragende Person, die genau diese Werte gelebt hat, geehrt.“

Die Hannah-Arendt-Straße werde außerdem die erste nach einer Frau benannten Straße in der Südvorstadt sein. Das Jugendparlament will das Thema Straßennamen auch weiterhin im Auge behalten und gegebenenfalls Anträge dazu verfassen. „Wichtig ist uns dabei stets die Beteiligung der Anwohnenden vor Ort und der Einbezug von historischen Expert/-innen im Vorfeld“, betont die Vertretung der Leipziger Jugendlichen zwischen 14 und 21 Jahren.

Auch zu Arndts Zeiten war Antisemitismus keine entschuldbare Haltung

Auch zu Arndts Zeiten war Antisemitismus keine entschuldbare Haltung

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