Mit OBM-Kandidat Burkhard Jung haben die Grünen ja eine Aussetzung des umstrittenen Wassertouristischen Nutzungskonzepts (WTNK) vereinbart. Aber seit Herbst 2019 läuft auch schon ein Antrag der Grünen-Fraktion, der das Thema von einer anderen Seite anpackt: „Auwaldentwicklungskonzept erstellen“. Damit scheinen sie tatsächlich offene Türen einzurennen. Das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport jedenfalls stimmt dem Antrag weitestgehend zu.

„Derzeit wird in Leipzig über die Fortschreibung des Forstwirtschaftsplans und des Wassertouristischen Nutzungskonzepts beraten. Beide Pläne beschäftigen sich mit Fragen der Entwicklung des Leipziger Auwaldes“, hatten die Grünen festgestellt.

„Dabei fehlt es an einem verbindlichen Plan und Konzept, welche Entwicklung des Leipziger Auwaldes angedacht ist und wie sich bislang laufende Planungen dazu verhalten. Insbesondere vor dem Hintergrund des ausgerufenen Klimanotstandes einerseits und der klimatischen Veränderungen andererseits ist ein abgestimmtes Entwicklungskonzept, das die Ziele der Entwicklung des Auwaldes definiert, zwingend notwendig.“

Tatsächlich geisterte im Antrag der Grünen-Fraktion noch eine Idee aus dem Umweltdezernat, die schlicht nur eine Notlösung war, die die Diskussion um das WTNK nicht retten konnte.

Der erste Antragspunkt der Grünen lautete: „Die Verwaltung wird beauftragt, ein Auwaldentwicklungskonzept bis zum 4. Quartal 2020 vorzulegen. Das Konzept soll nach § 1 Abs. 6 BauGB in den Stand eines Bauleitplanes erhoben werden.“

Mit der Idee, das WTNK quasi zu einem richtigen Bauleitplan weiterzuentwickeln und damit die gesetzlich verbürgten Beteiligungsrechte der Umweltverbände endlich pflichtgemäß zu gewährleisten, scheiterte Leipzigs Umweltdezernat freilich. Die Umweltverbände sahen überhaupt keinen Sinn daran, mit so einem Konstrukt ihre Mitwirkungsrechte zugestanden zu bekommen, die sie laut Umweltgesetzgebung in Naturschutzgebieten sowieso haben.

Der Köder brachte sie 2019 auch nicht wieder zurück an den Runden Tisch zum WTNK.

Und so stellt jetzt das Umweltdezernat auch trocken fest: „Da bei dem hier angestrebten Auenentwicklungskonzept Natur- und Umweltschutzbelange im Vordergrund stehen sollen und es nicht um städtebaulich begründete Nutzungen und Maßnahmenumsetzungen geht, wird vielmehr eine die Landschaftsentwicklung in den Fokus stellende Beschlusslage angestrebt, die dann eine Anknüpfung an das BauGB konkret über § 1 Abs. 6 Nr. 7g ermöglicht. Darüber hinaus ist das angestrebte Auenentwicklungskonzept dann nicht nur als sonstige naturschutzfachliche Planung im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 7 g BauGB für die Bauleitplanung abwägungsrelevant, sondern kann auch eine entsprechende Bedeutung auf regionaler Ebene für die Raumordnung, insbesondere die Regionalplanung, gemäß §§ 6 und 7 SächsNatSchG erlangen.“

Ein Satz, der im Grunde gebündelt zeigt, dass der Umgang mit Naturschutzrefugien in Westsachsen bislang geradezu auf dem Kopf stand.

Den ersten Einzelplan soll es für die Nordwestaue geben

Aber auch die Umsetzung bis zum Herbst 2020 ist aus Sicht des Umweltdezernats nicht zu schaffen. Nur ein erster Teil – die Entwicklung der Nordwestaue – lasse sich bis 2022 in ein richtiges Auwaldentwicklungskonzept gießen.

Die Neue Luppe in der Nordwestaue.Foto: Ralf Julke
Die Neue Luppe in der Nordwestaue. Foto: Ralf Julke

Dazu heißt es in der Stellungnahme des Umweltdezernats: „In der ersten Stufe wird die Erarbeitung eines entsprechenden Konzeptes für den Teilraum der Leipziger Nordwestaue (zwischen Palmengartenwehr bis zur Landesgrenze Sachsen-Anhalt unter Einbeziehung der Auenbereiche auf Schkeuditzer Flur) erarbeitet. Für diesen Teilraum wird die Erarbeitung eines entsprechenden Konzeptes in den kommenden drei Jahren durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer bereits im Rahmen des Projektes ,Lebendige Luppe‘ aktuell vorbereitet. Eine entsprechende Änderung des derzeit bestehenden Planungsbeschlusses, der auch die Erarbeitung dieses Gesamtkonzeptes für die Nordwestaue enthält, wird der Ratsversammlung Anfang 2020 zum Beschluss vorgelegt.

In den Erarbeitungsprozess sind schon in der Vorbereitungsphase, die seit Ende 2018 läuft, zahlreiche regionale Akteure wie Natur- und Umweltverbänden, das Landesamt für Umwelt und Geologie (LfULG), die Unteren Naturschutz- und Wasserbehörden, die Landesdirektion, die Stadt Schkeuditz sowie Vertreter der wissenschaftlichen Begleitforschung des Projektes ,Lebendige Luppe‘, in eine eigens dafür etablierte Arbeitsgruppe ,AG Landschaftswasserhaushalt‘ eingebunden.

Vorgesehen ist, in diesem Teilraum den Fokus des integrierten Ansatzes, mit der auenfördernden Zielsetzung der Fließ- und Stillgewässerrevitalisierung, der Verbesserung der Grundwassersituation sowie der Beförderung typischer Überflutungsereignisse auf die integrierte Betrachtung der hier besonders relevanten Themen zu legen.

Dieses sind für die Nordwestaue insbesondere Themen wie Wasserdargebot, Hochwasserschutz, Siedlungsentwässerung, Land- und Forstwirtschaft sowie weitere raumrelevanten Themen wie Infrastrukturentwicklung (Siedlung, Verkehr, Leitungen), Erholung und Tourismus.

Eine wichtige Grundlage werden auch die aktuellen Arbeiten des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) zum naturschutzfachlichen Leitbild und einer Potentialanalyse zur naturschutzfachlich optimierten Hochwasserverteilung in der Nordwestaue (LfULG und LTV) liefern, die für diesen Teilraum über die letzten Jahre erarbeitet worden sind und nun kurz vor Abschluss stehen.“

Die Weiße Elster in der Nordwestaue. Foto: Ralf Julke
Die Weiße Elster in der Nordwestaue. Foto: Ralf Julke

Und dabei soll es nicht bleiben. Denn nicht nur der nordwestliche Auenwald steht ja unter Naturschutz und muss dringend wieder ans natürliche Flutungsregime angeschlossen werden.

Der südliche Auenwald soll folgen

Wenn das Konzept für den nordwestlichen Auenwald steht, soll nach demselben Muster eines für den südlichen Auenwald erstellt werden. Wobei dann auch mittelfristig ein Gesamtkonzept entstehen soll, so das Umweltdezernat: „Hiermit soll die Aufstellung eines gesamträumlichen, integrierten Auenentwicklungskonzeptes nicht nur für den Auwald sondern für das Auensystem der Elster-Pleiße-Luppe-Aue insgesamt beauftragt werden, wobei ein integrierter Ansatz als erforderlich erachtet wird, um die unterschiedlichen Schutz- und Nutzungsansprüche, die aktuell und in Zukunft zu berücksichtigen sein werden, gemeinsam zu betrachten.“

Wobei zwischenzeitlich auch noch eine „Potentialanalyse zur naturschutzfachlich optimierten Hochwasserverteilung in der Nordwestaue“ aus der Landestalsperrenverwaltung erwartet wird. Und ein „naturschutzfachliches Leitbild für den Leipziger Auwald“ stehe kurz vor dem Abschluss, merkt das Umweltdezernat noch an.

Was alles schon sehr verblüfft, denn dann steht tatsächlich die Frage im Raum, in welchem Rahmen bislang naturschutzfachlich im Leipziger Auensystem gearbeitet wurde.

Erarbeiten soll das „Naturschutzfachliche Leitbild für das Leipziger Auensystem“ übrigens wieder das Hellriegel-Institut, das auch bisher schon regelmäßige Gutachten für den Auenwald erstellt hat. Was aber soll da drinstehen?

„Das Leitbild wird eine fachlich sehr fundierte und detaillierte Grundlage für die Abschätzung von Maßnahmenplanungen aus Naturschutzsicht sein“, meint das Umweltdezernat. „Es wird Hinweise enthalten, welche Maßnahmen zukünftig erforderlich sein werden, damit eine Auendynamisierung erfolgen kann und welche Fachkonzepte und -planungen erforderlich und sinnvoll sein können, um bestimmte Ziele zu erreichen.“

Sachsen braucht endlich eine andere Politik für die Auen der Flüsse

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Es ist wirklich erfreulich, wie die GRÃœNEN des Stadtrates sich ins Zeug legen! Bei all dem Trörö sollten sie sich vielleicht mal kundig machen: auf Landesebene (LfULG) wird seit geraumer Zeit bereits an einem naturschutzfachlichen Grundlagenpapier zum Leipziger Auwald gearbeitet. Man hätte sich auch schon vor Jahren an den entsprechenden Intiativen z.B. zu einer wirklich als solche zu bezeichnenden Renaturierung der Nordwestaue (gemeinsames Positionspapier der Leipziger Verbände!) beteiligen können. Man hätte auch dafür sorgen können, dass die ICE-Brücken nicht so gebaut werden dürfen, wie sie jetzt gebaut werden und damit wirkliche Wiedervernässung von Flächen, auf denen man das ohne große Beeinträchtigung von Menschen und Gütern umsetzen könnte, mit diesen Brückenneubauten definitiv verhindert wird. Man hätte auch, so wie es die Basis der GRÃœNEN wollte, den Frostwirtschaftsplan 2019/20 in der entsprechenden Stadtratsabstimmung ablehnen können (statt ihm zuzustimmen – man sollte das nicht vergessen!).
Wir wiederholen: jetzt, wo in der 2. Instanz bei Gericht geklärt wird, was zumindest bezogen auf Forstwirtschaft im Leipziger Auwald alles (nicht) geht, aus dem Busch zu kommen, ist entweder ziemlich verspätet oder umsonst. Oder (abgesprochenes) Post-Wahl-Theater. Das vermutlich am wenigsten dem Auwald nützt.

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