Die seltsame Flyer-Aktion der CDU am 15. Februar im Umfeld des Spiels von RB Leipzig gegen Werder Bremen hat auch noch ein Nachspiel im Stadtrat. Nicht weil die Aktion aus dem OBM-Wahlkampf von CDU-Kandidat Sebastian Gemkow bei den Fußballfans ziemlich schlecht ankam. Sondern weil die Leipziger CDU-Fraktion es wirklich ernst meint damit, mit Kopf-durch-die-Wand-Aktionen von sich reden zu machen.
Dazu versucht die bei der letzten Stadtratswahl von 19 auf 13 Stadträt/-innen zusammengeschmolzene Fraktion jetzt einen Antrag der Grünen-Fraktion zu entkernen. Den hatten die Grünen am 10. Februar eingereicht, um endlich die Verkrustungen aufzulösen, die rund um das Sportforum entstanden sind. RB Leipzig will dort eine neue Geschäftsstelle bauen. Außerdem wird ein großes Parkangebot für Championsleague-Spiele und die Europameisterschaften 2024 gebraucht, um die Anforderungen der UEFA zu erfüllen.
Das sollte nach den ersten Gesprächen zwischen Stadtverwaltung und RB Leipzig ein Parkhaus werden. Die Stadt wollte gar das Grundstück dazu verkaufen. Doch mehrere Fraktionen hatten mit dieser Lösung ihre Bauchschmerzen.
Natürlich auch die Grünen. Zwar wird eine neue Schule kaum noch Platz finden, wenn RB Leipzig hier eine neue Geschäftsstelle baut. Aber eine Kita wäre hier allemal unterzubringen, finden die Grünen. Und für den Stellplatzbedarf schlugen sie in Punkt 4 ihres Antrags „kein Parkhaus, sondern Tiefgarage für Kfz und Fahrräder“ vor.
Doch diesen Punkt will die CDU-Fraktion genauso wegkürzen wie die „eingehende Betrachtung des äußerst umstrittenen Themas ,Freilegung der Alten Elster‘ und ,Nutzung des Elsterbeckens‘.“ Das erinnert einen doch erstaunlich an die aktuellen Vorgänge in Thüringen: Zurück in eine vollkommen verfahrene Situation, aus der der Grünen-Antrag mit dem Vorschlag eines Masterplans fürs ganze Sportforum-Umfeld ja herausführen soll. Und alle Vorschläge der politischen Konkurrenz vom Tisch gewischt.
Denn nichts anderes bedeutet es, wenn die CDU-Fraktion beantragt: „Die Beschlusspunkte 2–6 entfallen.“
Und während die Grünen schon mal 100 Jahre vorausdenken, wenn sie formulieren: „Das Grundstück des ehemaligen Schwimmstadions am Sportforum ist in Abhängigkeit inhaltlicher Ergebnisse eines unter Beschlusspunkt 3. zu erstellenden Masterplans im Wege des Erbbaurechts an RedBull und RB zu veräußern. Eine Veräußerung durch Verkauf der Fläche an RedBull und RB wird ausgeschlossen“, will die CDU-Fraktion das wertvolle Gelände am Sportforum unbedingt dauerhaft verkaufen:
„Der Betreff wird wie folgt neu gefasst: Erfüllung von Zusagen der Stadt Leipzig für die EURO 2024 und Verlässlichkeit gegenüber Verhandlungspartnern.“ Und weiter: „Der Beschlusspunkt 1 wird wie folgt neu gefasst: Das Grundstück des ehemaligen Schwimmstadions am Sportforum ist zum Zweck der Errichtung eines Parkhauses, einer Geschäftsstelle für RB Leipzig und der Schaffung von Räumlichkeiten für die Wiedereröffnung des Sportmuseums zu veräußern. Das Verfahren ist so zu gestalten, dass das angekündigte Parkhaus zur Europameisterschaft zur Verfügung steht.“
Das war genau die Aktion mit den Flyern, die die CDU am 15. Februar vorm Stadion von RB Leipzig verteilt hat.
Eine Tiefgarage würde natürlich genau die sicheren Stellplätze für Fußball-Großereignisse schaffen, die gebraucht werden. Und sie würde nicht – wie ein Parkhaus – alle städtebaulichen Pläne oberirdisch verhindern. Und – das war ja die größte Besorgnis der Grünen – sie würde nicht noch mehr privaten Autoverkehr ins Quartier ziehen.
Und während die CDU mit ihrer Aktion suggerierte, die Stadt würde hier gegen RB Leipzig agieren, gibt es längst intensive Gespräche über die von den Grünen vorgeschlagene Lösung, wie sie in ihrem Antrag feststellten: „Denn wir gehen davon aus, dass der Bau eines oberirdischen Parkhauses auf der Grundstücksfläche des ehemaligen Stadions endgültig vom Tisch ist, es wäre nicht im Sinne eines flächensparenden Bauens und die im Beschlusspunkt 4. genannten Bedarfe, mit denen die Fläche bestückt werden soll, ließen dies auch kaum mehr zu. Wir freuen uns, dass Stadt und RB auf unseren Antrag hin auch schnell nach vorne denkend reagiert haben.“
Aber irgendwie bekommt man von all diesen Dingen in der CDU-Fraktion nichts mit. Anders ist die Begründung für den CDU-Antrag nicht mehr zu verstehen: „Nachdem bereits mehrmonatige Verhandlungen geführt wurden, stünden mit dem vom Antragsteller vorgeschlagenen Beschluss außerdem Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit von Oberbürgermeister und Stadtverwaltung auf dem Spiel.“
Das klingt genauso, als würde man tatsächlich nicht mehr mitbekommen, was im Rathaus passiert.
Und auch diese Begründung klingt eher nach Wahlkampfgetöse: „Es ist weder sinnvoll noch nützlich für die Stadt Leipzig, einen Verkauf des Grundstücks aus ideologischen Gründen auszuschließen. Die Stadt Leipzig hat in den vergangenen Jahren sehr häufig Grundstücke für große Investitionen privater Dritter veräußert. Exemplarisch genannt seien hier BMW, Porsche, Amazon oder jüngst Beiersdorf. Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei diesem, für die Stadt Leipzig sehr wertvollen Projekt anders verfahren werden sollte.“
Warum die Stadt auf den wertvollen Grundstücken am Waldstraßenviertel anders verfahren muss als im extra für Industrieansiedlungen vorgesehenen Leipziger Norden, wird ja im Grünen-Antrag ausführlich aufgelistet. Aber alle diese Punkte würde die CDU-Fraktion ja gern streichen lassen.
OBM-Wahl 2020: Mach’s wie Trump bei RB Leipzig
Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 24. Januar 2020): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen. Doch eben das ist unser Ziel.
Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen (zur Abonnentenseite).
Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Aufrechterhaltung und den Ausbau unserer Arbeit zu unterstützen.
Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 350 Abonnenten.
Keine Kommentare bisher