Eifrig trommelt die LVZ gegen die Umbenennung der ArndtstraรŸe im Leipziger Sรผden, auch wenn das โ€“ wie am 20. Februar โ€“ wie eine hรผbsch ausgeglichene Berichterstattung aussieht. โ€žUmbenennung der Leipziger ArndtstraรŸe โ€“ Fรผr und Wider unter Bewohnernโ€œ. Eifrig unterstรผtzt man eine Petition gegen die Umbenennung, obwohl der Stadtrat diese am 22. Januar beschlossen hat. Selbst zur รœberraschung von Thomas KumbernuรŸ (Die PARTEI), der den Antrag dazu geschrieben hatte.

Wรคhrend sich viele Anwohner fรผr den neuen Namen Hannah-Arendt-StraรŸe aussprechen, sorgt der damit verbundene โ€žBehรถrdenkramโ€œ bei einigen verstรคndlicherweise fรผr Unmut, gesteht die Linksfraktion zu. Wie die Stadt vor wenigen Tagen mitteilte, wird die ร„nderung offizieller Dokumente fรผr die rund 1.700 Anwohner kostenfrei sein. AuรŸerdem informiert die Verwaltung automatisch offizielle Behรถrden, wie die Deutsche Post und die Stadtwerke, รผber die Umbenennung der StraรŸe.

Auch wenn dieser Stadtratsbeschluss รผberraschend kam, zeigt er eben auch, wie sehr sich das Klima im Leipziger Stadtrat verรคndert hat. BloรŸ weil 1870 eine erzkonservative Leipziger Stadtverwaltung der Meinung war, man mรผsste auch den Nationalisten Ernst Moritz Arndt mit einem StraรŸennamen ehren, muss das nicht fรผr immer so bleiben.

Fรผr die Linksfraktion war der Beschluss zur Umbenennung jedenfalls โ€žein wichtiger Schritt in die richtige Richtungโ€œ.

Thomas KumbernuรŸ (Die PARTEI), der der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat angehรถrt und den Antrag in die Ratsversammlung einbrachte, erklรคrt dazu: โ€žWer den Antisemitismus eines Ernst Moritz Arndt mit dem damaligen Zeitgeist er- und verklรคrt, verweigert sich der heutigen kritischen Aufarbeitung. Leipzig, als weltoffene und reflektierte Stadt, sollte ein Zeichen setzen gegen jedweden Antisemitismus.โ€œ

Der Schriftsteller Ernst Moritz Arndt war bekennender Antisemit und beliebter Namensgeber von StraรŸen und รถffentlichen Einrichtungen in der Nazi-Zeit.

Eine entsprechende Petition zur Umbenennung der ArndtstraรŸe gab es bereits im August 2019 (www.openpetition.de/petition/online/150-jahre-sind-genug-arndtstrasse-in-leipzig-umbenennen). Im vergangenen Sommer wurde das Thema bereits vielfach in den Medien diskutiert.

โ€žUnser Antrag wurde in der Ratsversammlung am 22. Januar beschlossen, รผberwiegend getragen von Stimmen der Linken und der Fraktion Bรผndnis 90/Die Grรผnen. Ebenso sprach sich am 8. Januar der Stadtbezirksbeirat Sรผd, dessen Sitzungen fรผr jeden Bรผrger รถffentlich zugรคnglich sind, mit deutlicher Mehrheit fรผr den Antrag zur Umbenennung der ArndtstraรŸe ausโ€œ, so KumbernuรŸ.

โ€žSomit konnten wir berechtigt davon ausgehen, dass unser Vorschlag auf offene Ohren stoรŸen wรผrde. Wir sind davon รผberzeugt, dass dies keine Entscheidung รผber die Kรถpfe der Anwohner hinweg ist.โ€œ

Doch genau das verlautbart der Artikel der LVZ.

โ€žIn Greifswald hat man in ,Sachen Arndtโ€˜ รผbrigens lรคngst reinen Tisch gemacht und die Universitรคt, die seit 1933 den Namen des umstrittenen Schriftstellers trug, im Juni 2018 umbenannt. Leipzig sollte nachziehenโ€œ, findet KumbernuรŸ.

Nur die Grรผnen gestehen zu, dass dieser Beschluss zur Umbenennung vielleicht ein bisschen รผberraschend kam.

Ihre Fraktion hat jetzt den Antrag gestellt, dass die Stadt eine temporรคre Kommission bilden soll, die sich gezielt mit den StraรŸennamen in Leipzig auseinandersetzt und Vorschlรคge zum Umgang erarbeitet. Damit sollen die bestehende AG StraรŸenbenennung und der Stadtrat bei ihren Entscheidungen unterstรผtzt werden. Bei vorgeschlagenen Umbenennungen sollen Anwohner stรคrker mit einbezogen werden.

โ€žWir wollen mit diesem Antrag deutlich machen, dass wir uns als Stadt der historischen Verantwortung stellen und bei der StraรŸenbenennung sensibel mit der eigenen Geschichte umgehen. Es reicht nicht aus, ,Antisemitismusโ€˜, ,Rassismusโ€˜ oder ,Kolonialismusโ€˜ und die Vertreter davon dadurch freizusprechen, indem man auf den jeweiligen Zeitgeist abstelltโ€œ, betont Grรผnen-Stadtrat Jรผrgen Kasek, unterstรผtzt damit also die Haltung von Thomas KumbernuรŸ. Keine Stadt muss StraรŸennamen aushalten, mit denen Personen gewรผrdigt wurden, die sich schon zu Lebzeiten verรคchtlich รผber andere Menschen geรคuรŸert haben.

โ€žAntisemitismus, Rassismus und andere Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit sind nicht dadurch entschuldbar, dass es Zeitgeist-Phรคnomene sind. Das sind sie ganz ausdrรผcklich nicht. Wir wollen damit eine Debatte anstoรŸen, wie wir verantwortungsvoll mit diesem Thema umgehen kรถnnen.โ€œ

โ€žUns geht es dabei auch um eine seriรถse wissenschaftliche Grundlage fรผr die Debatte รผber historische Persรถnlichkeiten und deren Vorkommen in der Stadtโ€œ, ergรคnzt der Grรผnen-Fraktionsvorsitzende Dr. Tobias Peter.

โ€žEntsprechend halten wir es fรผr sinnvoll, eine wissenschaftliche Kommission einzusetzen, die sich mit historischen Persรถnlichkeiten im Leipziger Stadtbild auseinandersetzt und Vorschlรคge zum Umgang mit der Geschichte formuliert. AuรŸerdem wollen wir sicherstellen, dass bei StraรŸenumbenennungen die Bรผrger zukรผnftig stรคrker mit einbezogen werden.โ€œ

Mit dem Grรผnen-Vorschlag soll auch sichergestellt werden, dass zukรผnftig vorab umfangreich รผber StraรŸennamen und die damit verbundene Geschichte diskutiert werden kann. Damit sollen zukรผnftig auch Auseinandersetzungen wie bei der ArndtstraรŸe bereits im Vorfeld entspannt werden.

Ist der โ€žFranzosenfresserโ€œ noch akzeptabel? Betroffene Leipziger kรถnnen jetzt vier Wochen Widerspruch anmelden

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