Seit 2016 war das eigentlich Beschluss: Die Spinnerei braucht eine ordentliche Anbindung durch den ÖPNV. Auf die Tagesordnung gekommen war das durch die Pläne, das Naturkundemuseum in der Baumwollspinnerei unterzubringen – in einer Halle mit dem Leipziger Tanztheater und dem Lofft, die dort tatsächlich 2019 ihre Spielstätten eröffnen konnten. Doch am 9. Januar warnte die Stadt Leipzig wieder vor dem Parkchaos in der Spinnereistraße.
Denn auch ohne Naturkundemuseum, Lofft und LTT hat das beliebte Gelände mit seinen Ateliers und Galerien mehrmals im Jahr einen überschäumenden Publikumsverkehr zum Spinnereirundgang. Und weil alle ÖPNV-Anbindungen in mehreren hundert Metern Entfernung enden oder vorbeiführen, kommen jedes mal hunderte Besucher mit ihrem Automobil, obwohl sie wissen, dass der Parkraum begrenzt ist.
Schon 2016 war klar, dass die Stadt gut daran täte, die Spinnerei mit ÖPNV besser anzubinden. Ideal wäre natürlich eine Straßenbahnlinie, die auch gleich weitere Teile von Lindenau mit erschließt. Aber dazu ließen sich die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) nicht bringen. Sie stellten nur die Möglichkeit einer Buslinie in den Raum.
Aber diese Anbindung gab es weder 2019 noch zum Jahresstart 2020.
Was Franziska Riekewald, Sprecherin für Mobilität der Linksfraktion und OBM-Kandidatin der Linken, zum jüngsten Spinnereirundgang kritisierte. Sie fordert die unverzügliche Einrichtung der Bushaltestelle Spinnereistraße/Saarländer Straße.
Und sie sieht die Anbindung auch unter dem wirtschaftlichen Aspekt. Denn: Mittelständler mit einer großen Zahl von Arbeitsplätzen in den klassischen Leipziger Industriegebieten Lindenau und Plagwitz bilden eine wichtige Stütze der Leipziger Wirtschaft. Der bequeme Zugang zum Kreislauf der Wirtschaft über den ÖPNV sei auch in diesen beiden Stadtteilen notwendig.
Deshalb sei die im Stadtrat mehrfach beschlossene und zuletzt im Dezember 2019 von Baubürgermeisterin Dubrau offiziell zugesicherte Bushaltestelle an der Spinnereistraße/Saarländer Straße im Kontext der geforderten Verkehrswende von großer Bedeutung für die über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz bei Kirow oder Heiterblick umweltverträglich erreichen wollen, aber auch ebenso für die Kultureinrichtungen in der ehemaligen Baumwollspinnerei.
„So, wie im sächsischen Jahr der Industriekultur 2020 zu Recht immer wieder auf die Pionierfunktion der Verkehrsinfrastruktur in der Phase der Hochindustrialisierung verwiesen wird, muss das ÖPNV-Angebot heutzutage die herangereifte Verkehrswende tragen. Ich fordere mit Nachdruck die Einrichtung der zugesagten Bushaltestelle an der Spinnereistraße für die zahlreichen dort Beschäftigten sowie für die Akteure und Gäste des LOFFT und des Tanztheaters“, sagt Riekewald.
Eigentlich wären sogar zwei Bushaltestellen angeraten – eine direkt vor dem Tor des Spinnereigeländes und die zweite am Beginn der Saarländer Straße, dort wo die benannten Unternehmen ihren Sitz haben.
„Das ÖPNV-Angebot in Leipzig müsse besonders im Berufsverkehr so durchdacht und zuverlässig sein wie der arbeitsteilige Kreislauf der Wirtschaft in den Industriebetrieben unserer Stadt”, fordert Franziska Riekewald nach einem Besuch vor Ort. „Die Fraktion Die Linke wird daher für die Stadtratssitzung am 22. Januar 2020 eine entsprechende Anfrage an den Oberbürgermeister einreichen. Die Bushaltestelle muss unverzüglich kommen!“
Die Anfrage wurde dann auch umgehend eingereicht. Und sie spricht auch die große Skepsis der Linksfraktion in Bezug auf die stets mühsam ausgehandelten Leipziger Nahverkehrspläne und ihre Verbindlichkeit an: „Seit Januar 2016, fast auf den Tag genau seit nunmehr 4 Jahren, besteht die Beschlusslage, den Standort Spinnereistraße/Ecke Saarländer Straße mit einer Direktverbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr anzuschließen. Wiederholt wurde dieser Beschluss 2018 und mit dem neuen Nahverkehrsplan 2019 gefasst.“
Da dürfte dann durchaus interessant sein, wer für die Nichterfüllung des Stadtratsbeschlusses die Verantwortung übernimmt.
Die Linksfraktion fragt zumindest: „Warum gibt es bis zum heutigen Tage die schon mehrmals vom Stadtrat beschlossene und zuletzt im Dezember 2019 von Frau Bürgermeisterin Dubrau zugesagte Bushaltestelle in der Spinnereistraße (Ecke Saarländer Straße) noch immer nicht? Wann wird diese Bushaltestelle endlich eingerichtet? Welche Linie wird diese Bushaltestelle bedienen und in welcher Taktung?“
Vielleicht wird bei der Beantwortung auch deutlich, warum sich in der Weiterentwicklung des Leipziger Nahverkehrs nichts tut. Denn seit 14 Jahren gilt eine Art Sparregime, das die Eröffnung neuer Linien, die sich „noch nicht rechnen“, fast unmöglich macht. Und das Vertrauen, dass neue Linien sich etablieren könnten, wenn sie erst einmal existieren, ist denkbar gering.
Die Spinnerei braucht trotzdem eine richtige ÖPNV-Anbindung
Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. November 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.
Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.
Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.
Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 400 Abonnenten.
Keine Kommentare bisher