Seit Juni ist die Beethovenstraße Fahrradstraße. Eine Ausschilderung, auf die sich auch viele Anwohner gefreut hatten. Denn damit müsste sich normalerweise auch der Durchfahrtverkehr von Lastkraftwagen deutlich verringern. Und auch die dicken Busse der Stadtrundfahrten dürften hier nicht mehr fahren. Doch diese Busse aus der Straße zu bekommen, ist selbst für Leipzigs Stadtverwaltung ein ganz zähes Unterfangen.
Im September jedenfalls sah es für Anwohner noch immer so aus, als hätte sich gar nichts geändert.
„Nach der ersten Freude über die Einführung ist mir sehr früh aufgefallen, dass die meisten Kraftfahrer scheinbar gar nicht wussten, dass hier mittlerweile eine Fahrradstraße entstanden ist. Dieses kleine Schild am Eingang der Straße wird offenbar gar nicht richtig wahrgenommen“, schrieb uns ein Leser.
„Es wurde und wird geschimpft, gehupt und gerast. Die vielen nach wie vor durchfahrenden Touristen- und Reisebusse stellen eine übrige Gefahr dar. Eine wirkungsvolle Kennzeichnung, wie sie in anderen Städten zum Teil erfolgreich angewandt wird, fehlt nach wie vor. Eine Rückfrage dazu bei der Stadtverwaltung blieb bis jetzt unbeantwortet. Der Höhepunkt war ein heutiger Verkehrsunfall, bei dem eine Radfahrerin durch einen Kleintransporter übersehen und verletzt wurde. Hier fehlt mir meiner Meinung nach ein solides Konzept seitens der Stadt, wie man die Radfahrer entsprechend schützen und ein sicheres Befahren ermöglichen kann. Na ja, vielleicht sieht es ja in ein paar Monaten schon anders aus.“
Doch gerade das mit den Bussen der Stadtrundfahrten ist ein Problem. Noch immer versucht das Verkehrs- und Tiefbauamt, diese Busse aus der Straße herauszubekommen. Eigentlich wollte sie diese Busse dort auch gar nicht haben. Schon die Haltestelle dort wurde gegen den Willen der Stadt eingerichtet.
„Der Stadtrundfahrt Dresden GmbH (Tochterunternehmen ist die Stadtrundfahrt Leipzig GmbH) wurde vom dafür zuständigen Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) eine Liniengenehmigung zur Durchführung von Stadtrundfahrten nach § 42 Personenbeförderungsgesetz erteilt. Von der Stadt Leipzig wurde die Erteilung der Liniengenehmigung nicht befürwortet“, teilt uns das Verkehrs- und Tiefbauamt mit. „Zur Streckenführung der Linie gehört auch die Beethovenstraße. Daraufhin haben wir auf Antrag der Stadtrundfahrt Dresden GmbH in der Beethovenstraße eine Haltestelle für den Linienverkehr angeordnet.“
So regiert das Land in die Hoheit der Stadt hinein. Und die hat nun Probleme, selbst die Regeln der Fahrradstraße gegen die Unternehmen durchzusetzen.
„Mit Einrichtung der Fahrradstraße in der Beethovenstraße ist entsprechend der vorgesehenen Nutzung und der sich daraus ergebenden Beschilderung mit Verkehrszeichen die Durchfahrt mit Bussen nicht mehr gestattet. Diese Änderung haben wir dem LASuV mitgeteilt und das weitere Verfahren zur Liniengenehmigung angefragt“, so das Verkehrs- und Tiefbauamt.
Und siehe da: Das Landesamt fühlt sich nicht verantwortlich.
„Das Ergebnis war, dass eine Änderung der Linienführung nur auf Antrag des Busunternehmens vorgenommen wird“, benennt das Verkehrs- und Tiefbauamt das Ergebnis. „Da nicht zu erwarten ist, dass die Stadtrundfahrt Dresden GmbH hier tätig werden wird, werden wir die Stadtrundfahrt Dresden GmbH explizit auf die geänderte Verkehrsregelung aufmerksam machen und die Haltestelle in der Beethovenstraße zur Entfernung anordnen.“
Anders sei der Fall bei den anderen Stadtrundfahrtsunternehmen.
„Diese betreiben die Stadtrundfahrten im sogenannten Gelegenheitsverkehr. Die Genehmigung dafür wird von der Stadt Leipzig erteilt. Allerdings ist es in diesem Zusammenhang nicht möglich, eine bestimmte Streckenführung vorzugeben. Wie alle Verkehrsteilnehmer müssen sich auch die Fahrer der Stadtrundfahrtsbusse an die bestehenden Verkehrsregeln halten“, so das Verkehrs- und Tiefbauamt. „Wie oben schon erläutert, darf die Fahrradstraße Beethovenstraße aufgrund der vorhandenen verkehrlichen Regelungen von Bussen nicht befahren werden.“
Mit der Einrichtung eigener Haltestellen hat sich die Stadtrundfahrt Leipzig GmbH gleich noch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Stadtrundfahrtsunternehmen geschaffen. Weshalb die Leipziger Stadtrundfahrten GmbH (nicht zu verwechseln mit der Stadtrundfahrt Leipzig GmbH) schon im Sommer beim LaSuV den Antrag gestellt hat, ebenfalls eine Liniengenehmigung zu bekommen.
Das Verkehrs- und Tiefbauamt: „Die Leipziger Stadtrundfahrten GmbH hat allerdings nunmehr ebenfalls einen Antrag auf Liniengenehmigung beim LASuV gestellt. Die Stadt Leipzig hat die geplante Linienführung – auch wiederum durch die Beethovenstraße – im Rahmen des Anhörungsverfahrens gegenüber dem LASuV abgelehnt. Dem Busunternehmen ist dies bekannt. Zusätzlich wurde Vertretern des Busunternehmens der Sachverhalt in einem Gespräch am 29.08.2019 erläutert und darauf aufmerksam gemacht, dass das Befahren der Fahrradstraße Beethovenstraße nicht gestattet ist und auch nicht zu erwarten ist, dass dies erlaubt wird.“
Warum die Beethovenstraße von Kraftfahrern überhaupt nicht als Fahrradstraße erkannt wird
https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2019/09/Warum-die-Beethovenstrasse-von-Kraftfahrern-ueberhaupt-nicht-als-Fahrradstrasse-erkannt-wird-296626
Hinweis der Redaktion in eigener Sache (Stand 1. Oktober 2019): Eine steigende Zahl von Artikeln auf unserer L-IZ.de ist leider nicht mehr für alle Leser frei verfügbar. Trotz der hohen Relevanz vieler unter dem Label „Freikäufer“ erscheinender Artikel, Interviews und Betrachtungen in unserem „Leserclub“ (also durch eine Paywall geschützt) können wir diese leider nicht allen online zugänglich machen.
Trotz aller Bemühungen seit nun 15 Jahren und seit 2015 verstärkt haben sich im Rahmen der „Freikäufer“-Kampagne der L-IZ.de nicht genügend Abonnenten gefunden, welche lokalen/regionalen Journalismus und somit auch diese aufwendig vor Ort und meist bei Privatpersonen, Angehörigen, Vereinen, Behörden und in Rechtstexten sowie Statistiken recherchierten Geschichten finanziell unterstützen und ein Freikäufer-Abonnement abschließen.
Wir bitten demnach darum, uns weiterhin bei der Erreichung einer nicht-prekären Situation unserer Arbeit zu unterstützen. Und weitere Bekannte und Freunde anzusprechen, es ebenfalls zu tun. Denn eigentlich wollen wir keine „Paywall“, bemühen uns also im Interesse aller, diese zu vermeiden (wieder abzustellen). Auch für diejenigen, die sich einen Beitrag zu unserer Arbeit nicht leisten können und dennoch mehr als Fakenews und Nachrichten-Fastfood über Leipzig und Sachsen im Netz erhalten sollten.
Vielen Dank dafür und in der Hoffnung, dass unser Modell, bei Erreichen von 1.500 Abonnenten oder Abonnentenvereinigungen (ein Zugang/Login ist von mehreren Menschen nutzbar) zu 99 Euro jährlich (8,25 Euro im Monat) allen Lesern frei verfügbare Texte zu präsentieren, aufgehen wird. Von diesem Ziel trennen uns aktuell 450 Abonnenten.
Es gibt 3 Kommentare
Auch ich bin kein Jurist, aber soweit ich weiß ist ein Verstoß eine bewusste Entscheidung. d.h. fährst du mit 200 durch die Autobahnbaustelle und wirst da drinnen 2x geblitzt, zählt nur ein Verstoß. Weil du halt bewusst 200 gefahren bist. Fährst du aber ab und wirst auf der Landstaße nochmal mit 200 geblitzt, bist du bewusst ein 2. mal zu schnell gefahren und wirst neu bestraft.
Ähnlich müsste es ja hier sein, erneute Einfahrt = erneute Strafe
Naja, man zahlt ja nicht einmal Strafe und hat damit ein Ticket für den ganzen Tag gelöst. Jede Fahrt durch eine Verbotszone wäre ein eigenes Vergehen, würd ich mal sagen. Sofern es denn wirklich eine Verbotszone ist. Wird im wiederholten Fall nicht sogar eine höhere Strafe verhängt wegen Uneinsichtigkeit?
Liest sich wie Rechtsbruch (in diesem Fall der StVo) mit Unterstützung eines Landesamtes. Denn wenn ich es richtig verstehe, wird nur vom Busunternehmen erwartet die Haltestelle dort zu entfernen.
Da wünsche ich mir, dass die Polizei sich mal einen Tag dorthin stellt, den Bus jedesmal anhält und sobald ein anderer Fahrer drinsitzt wird erneut abkassiert. Jedesmal den gleichen dürfte nicht gehen, sofern das juristisch nicht als erneutes Vergehen zählt. Was das angeht bin ich nicht sicher.