In den letzten Wochen ging der neue „Forstwirtschaftsplan 2019/2020“ zur Beratung in die Gremien des Leipziger Stadtrates. Seitdem wird emsig diskutiert, melden sich Kritiker und Befürworter der forstwirtschaftlichen Maßnahmen zu Wort. Bevor der Plan zur Beschlussfassung in die Ratsversammlung geht, meldet sich jetzt Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal mit einem Offenen Brief zu Wort.
Für ihn entspricht die Bewirtschaftung des Leipziger Auwaldes naturschutzrechtlichen Zielen und ist konform mit der entsprechenden Flora-Fauna-Habitat- (FFH) sowie der Vogelschutzrichtlinie. Der Anspruch der Stadt sei es dabei, artenreiche und langlebige Waldgesellschaften zu erhalten und zu entwickeln, die unter den Bedingungen des Klimawandels ein stabiles Ökosystem bilden.
Mit dem Offenen Brief hat sich Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal daher an die Kritiker des aktuellen Forstwirtschaftsplanes und an Bürger gewandt, die hier naturschutzrechtliche Bedenken hegen. Alle Zuschriften, die ihn erreicht haben, werden beantwortet, teilt er mit, und der Forstwirtschaftsplan 2019 dabei auch in seinen Zielen und Inhalten erläutert. Heiko Rosenthal hofft, so in einen Dialog über die Waldwirtschaft in Leipzig zu treten und diesen faktenorientiert und sachlich zu führen.
In seinem Brief heißt es unter anderem: „Es ist schlicht falsch, dass […] massiv wertvolle Altbäume gefällt und damit wertvolle Teile des Leipziger Auwaldes vernichtet werden. Die im Forstwirtschaftsplan vorgesehenen Maßnahmen dienen dazu, den Auwald als artenreiche und langlebige Waldgesellschaft zu fördern und zu entwickeln. Hierfür werden beispielsweise amerikanische Roteichen gefällt, die für eine neue Generation der heimischen Stieleiche Platz machen.“
Kritik gibt es unter anderem für den Holzeinschlag im FFH-Gebiet. Der Umweltbürgermeister schreibt hierzu: „Wichtig ist auch, im Leipziger Auwald wächst insgesamt deutlich mehr Holz nach, als eingeschlagen wird. […] Selbstverständlich werden die wertvollen Waldböden beim Holzeinschlag und Transport größtmöglich geschützt und Studien belegen, dass im Leipziger Auwald keine nachhaltigen Schäden der Böden durch unsere Waldwirtschaft entstehen. Dass die Waldbewirtschaftung im Leipziger Stadtwald nach hohen ökologischen Standards erfolgt, belegt auch die durch unabhängige Experten durchgeführte Zertifizierung des Forest Stewardship Council (FSC) Deutschland.“
Der Forstwirtschaftsplan 2019 für Leipzig ist das verbindliche Konzept der Bewirtschaftung des Stadtwaldes im kommenden Vegetationsjahr, das im März 2020 beginnt. Er wird jetzt den politischen Gremien zum Beschluss vorgelegt.
Der Offene Brief von Heiko Rosenthal.
Ökolöwe: Im Leipziger Forstwirtschaftsplan fehlen verbindliche naturschutzfachliche Auflagen
Ökolöwe: Im Leipziger Forstwirtschaftsplan fehlen verbindliche naturschutzfachliche Auflagen
Es gibt 5 Kommentare
J. bringt es auf den Punkt! FSC ist leider ziemlich wenig (greenpeace ist ja auch ausgestiegen aus gutem Grunde!), auch in Deutschland (viele Ausnahmen und wenig Kontrolle), das sieht man ja im Auwald. Naturland ist ein deutlich höheres level (z.B. Verzicht auf Kalhschläge, auch keine Kleinkahlschläge!), womit man dann wieder beim Lübecker Modell wäre…
Und zu den Rückegassen und -schäden (die Harvester werden ja sogar auf den Schildern in der Nonne gezeigt). Da sind sich die Waldökologen einig, die Böden regenerieren sich wieder, nach der nächsten Eiszeit…
Im Leipziger Auwald hat man eine besondere Artenvielfalt auf den Rückegassen entdeckt, mehrere Zeigerarten für Bodenverdichtung nachgewiesen und hält das für Biodiversität. Ich verstehe diese Auffassung von Biodiversität einfach nicht. Dann kann man im Auwald auch Betonpflaster verlegen und sich an den neuen Arten der Pflasterritzenvegetation erfreuen….
Rosenthal führt absichtlich in die Irre, er macht das bewusst. Eine Stadt wie Leipzig, muss auch nicht mit einem offenen Brief hantieren, hat sie doch eine (eigene) Zeitung, die LVZ, und, ja den Schreiberling besagter Zeitung welcher das “Gewünschte” 1: 1 unrecherchiert übernimmt. Fake News, halt..
Die LINKEN halten zusammen. Der neue Stadtrat Neuhaus ist ja auch so eine Blitzbirne
Das mit den Roteichen ist mir auch aufgefallen. Das betrifft doch nur ein winzig kleines Eckchen des Gebietes, in das eingegriffen werden soll. Nun klingt es so, als würde man auf dem gesamten Stadtgebiet nur Roteichen entnehmen. Dies ist schon sehr irreführend formuliert von diesem Umweltbürgermeister.
Bei den Bodenschäden wäre ich skeptisch. Also ich sehe durchaus noch die tiefen Rinnen in der Burgaue, und die sind wirklich schon lange da (seit 2014 wenn ich mich nicht irre). Man muss nur am Nahleauslaufbauwerk vorbei, den Weg parallel des Kilometerwegs nach Westen langgehen und spätestens da, wo diese Mittelwaldfläche beginnt, findet man Rückegassen, wo man heute noch die tiefen Rillen von den Maschinen sieht. Die Fahrspuren auf dem Femelloch in der Nonne sahen auch diesen Sommer noch böse aus. Das sind die zwei Stellen, die mir spontan einfallen, wenn ich lese, dass die Stadt den Waldboden schonen will.
Zum FSC-Siegel: traurig aber dieses Siegel ist offenbar mehr Schein als sein. Viele große internationale Natur- und Umweltschutzverbände kritisieren es (Greenpeace, Robin Wood, Friends of the Earth). Einfach mal “FSC” und “Kritik” googeln. Da kommt so einiges zusammen.
Ein hübsches Siegel, dass man sich auf das Holz kleben kann, damit es sich besser verkauft, aber ob es nun belegt, dass das Holz aus einem Wald kommt, der nach hohen ökologischen Standards bewirtschaftet wird, ist zu bezweifeln. In Russland und Schweden wurden von FSC-zertifizierten Betrieben schon ganze Urwälder gerodet. Und bei Regenwald sieht es nicht anders aus, und auch in Rumänien wurde in einem Unesco-Welterbe übel kahlgeschlagen. Der WWF hat gerade eine Studie erstellen lassen zum FSC (begrenzt auf FSC Russland), man findet sie auch im Internet. Fazit in meinen Worten: Ein reines Greenwashing-Label.
Überraschend wenige Kommentare hier bisher. Vielleicht liegt das daran, dass viele etwas müde geworden sind, sich zu solchen argumentatorisch kaum untersetzten Statements mit dem Tenor “Alles ist schön weil alles schön ist” fachlich zu äußern (ich eigentlich auch). Seitens der Kritiker des Forstwirtschaftsplans ist ja fachlich umfangreichst Stellung bezogen worden.
Neu ist hier allerdings, dass die forstlichen Eingriffe nun sogar auch als Neophytenbekämpfung deklariert werden (Roteiche). In der Tat gibt es in dem Waldstück am Elsterstausee, das gemelt werden soll (Kleinkahlschlag), ein paar Roteichen (dennoch ist der Wald hier als FFH-Eichen-Hainbuchenwald ausgewiesen), die womöglich dann auch geerntet werden. Aber diese wenigen Festmeter bilden lediglich einen extrem winzigen Teil der eingeplanten Holzernte. Fokussiert wird eindeutig auf die Esche, eine Charakterart des Leipziger Auwaldes (der Eschenbestand im Jahr 2019 war übrigens nach eigenen Angaben der Stadtförsterei gesünder als im Jahr zuvor!), z.B. in der Nonne und v.a. im Ratsholz (dort 1.210 Festmeter Sanitärhieb, der genau und gezielt auf die Esche geht).
Der offene Brief ist ja auch an viele besorgte Bürger außerhalb von Leipzig gerichtet, die die Details hier nicht so gut kennen (z.B. die nicht wissen, dass die Roteiche im FFH-Gebiet selten und kein Problem ist). Diese könnten den Eindruck bekommen, dass sie bewusst in die Irre geführt werden sollen (wenn sie sich selbst informieren oder informiert werden) durch eine solche Argumentation, und das finde ich ein bißchen schade, das war doch sicherlich nicht so gewollt.
Im FFH-Gebiet sollen immerhin rund 7.500 Festmeter eingeschlagen werden (eine alte Esche oder Eiche bringt ca. 6 Festmeter). Auch Eichen werden eingeschlagen, dass kann man im Forstwirtschaftsplan leicht nachlesen (für die Nonne gibt es etwas genauere Angaben, in den restlichen Waldbereichen sind die Spielräume noch größer). Das negiert die Stadtförsterei doch auch gar nicht. Somit ist die Aussage, dass nicht massiv wertvolle Altbäume gefällt werden, nicht wirklich überzeugend… Wiederum könnte der Eindruck einer Irreführung entstehen.
Vielleicht zeigt der offene Brief, dass absehbar ist, dass der “Kipppunkt” in der Bevölkerung schon erreicht oder überschritten ist? Peter Wohllebens Bücher mit dem dringlichen Appel eines sorgsamen Umgangs mit dem Wald sind Bestseller, er hat sich auch sehr klar zum Leipziger Auwald geäußert (tausende Klicks), sein Buch kommt im Januar 2020 ins Kino (unbedingt hingehen!), die L-IZ berichtet schon fast täglich über den Leipziger Auwald, die Online-Petition war sehr erfolgreich. Die Grünen haben signalisiert, dass sie gegen den Forstwirtschaftsplan stimmen werden, der Ökolöwe hat nach eigenen Bekundungen eine ziemliche Kehrtwendung hingelegt, was mich besonders freut.
Es bleibt also spannend und auch die Hoffnung bleibt, dass der Auwald in näherer Zukunft so pfleglich behandelt werden wird wie er es verdient!
“Es ist schlicht falsch, dass […] massiv wertvolle Altbäume gefällt und damit wertvolle Teile des Leipziger Auwaldes vernichtet werden.” Hoffentlich auf holzfreiem Papier geschrieben, sonst würde es sich rollen und winden…