Der Kulkwitzer See, einst die Lieblingsbadewanne der Leipziger, hat derzeit eine ganze Latte von Problemen – niedrige Wasserstände wegen Dürre, leider auch Badeunfälle und Diebstähle. Und die seit Jahren diskutierte Weiterentwicklung hängt und klemmt, was auch mit heftigen Problemen im Zweckverband Erholungsgebiet Kulkwitzer See (ZEG) zu tun hat. Da kam auch ein Haushaltsantrag der Linken aus dem Januar eher ungelegen.
Die hatte forsch, aber auch ganz selbstverständlich beantragt: „In den Investitionshaushalt der Stadt Leipzig werden für das Haushaltsjahr 2019 100.000 € als zweckgebundene Zuwendung an den Zweckverband ,Kulkwitzer See‘ eingestellt. Das Geld wird verwendet für die Anschaffung von geeigneten Spiel- und Sportgeräten (und) für die Installation auf einer geeigneten Fläche nahe am bewachten Badestrand.“
Doch just dieser Zweckverband, der eigentlich nur zwei Mitglieder hat, nämlich die Seeanrainer Leipzig und Markranstädt, hat sich in den vergangenen Jahren in eine Position der Handlungsunfähigkeit manövriert. Er hat eigentlich nicht genug Geld, um überhaupt irgendwo investieren zu können, nicht mal in all das, was der Leipziger Stadtrat an Infrastrukturen für den neuen Bebauungsplan seit zehn Jahren diskutiert hat. Ergebnis: Der Verband arbeitet nur mit vorläufiger Haushaltsführung. Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Weshalb das Umweltdezernat jetzt lieber eine andere Beschlussformulierung vorschlägt: „Die Vertreter der Stadt Leipzig im ZEG werden beauftragt, sich für die Schaffung hinreichender Investitionsvoraussetzungen für die auf dem Gebiet der Stadt Leipzig liegenden Flächen des Verbandsgebietes einzusetzen.“
In gewisser Weise ist das auch ein Selbstauftrag an den Leiter des Leipziger Umweltschutzamtes, Peter Wasem, der Leipzig in der Verbandsversammlung der ZEG vertritt: Räume den Laden erst mal auf und bringe die Finanzen in Ordnung.
Das Umweltdezernat liefert auch gleich zur Erklärung einen Teil der Leidensgeschichte mit.
„Ziffer 5 des Beschlusses vom 22.08.2018, wonach die Stadt Leipzig als Mitglied des Zweckverbandes Erholungsgebiet Kulkwitzer See (ZEG) alles veranlasst, dass von diesem bis zum Ende des 1. Quartals 2019 ein Investitionskonzept für öffentlich zugängliche Sanitäranlagen, Spielplätze und weitere Freizeitanlagen auf der Leipziger Seite des Sees vorgelegt wird, mit dem über einen Planungszeitraum von 5 Jahren mittels geeignetem Weg entsprechende Investitionen in die Infrastruktur am See ermöglicht und vorgeschrieben werden, wurde im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten umgesetzt.“
Nämlich gar nicht. Es gibt nach wie vor kein Investitionskonzept.
Was Leipzigs Stadtverwaltung dann im November erfuhr, nachdem der Verwaltungsrat des ZEG am 26. November 2018 getagt hatte und auch das eben genannte Anliegen der Stadt Leipzig behandelte.
Das Sitzungsprotokoll führt dazu nun aus: „Nach der Erläuterung des Beschlusses der Stadt Leipzig zur Renovierung Spielgeräte/Toiletten am Rad-/Rundweg wurde dies mit Hinweis auf die vorläufige Haushaltsführung gem. § 58 Abs. 1 SächsKomZG i.V.m. § 78 SächsGemO abgelehnt. Die Beauftragung eines solchen Konzeptes kommt derzeit nicht in Betracht, weil die vorläufige Haushaltsführung nur Aufwendungen des ZEG im Rahmen des Nothaushaltsrechtes an den vorhandenen Objekten zulässt.“
Heißt im Klartext: Unterhaltsmaßnahmen sind machbar, Investitionen nicht.
Was dann auch das Umweltdezernat zu der Feststellung zwingt: „Damit steht fest, dass der Zweckverband derzeit nicht in der Lage ist, die beantragten Investitionen zielgerichtet umzusetzen. Ein Zuschuss der Stadt Leipzig würde durch die Einstellung in die Haushaltsführung des Zweckverbandes gebunden, könnte aber nicht zweckentsprechend ausgegeben werden.“
Dahinter steckt ganz offensichtlich ein veritabler Streit zwischen den beiden See-Städten, die sich dabei regelrecht in eine Sackgasse manövriert haben.
Zumindest der Umweltbürgermeister sieht noch ein wenig Hoffnung, dass man sich aus dieser verfahrenen Situation wieder herausarbeiten kann: „Der Zweckverband strebt die Überwindung der vorläufigen Haushaltsführung an. Der Verwaltungsrat wird in der nächsten Verbandsversammlung die Eröffnungsbilanz zur Beschlussfassung vorlegen. Parallel erfolgt die Prüfung, ob und wie perspektivisch die Arbeit im ZEG fortgeführt werden kann sowie auf welchem Wege gegebenenfalls eine Zurückerlangung des Eigentums an den in den Zweckverband eingebrachten Grundstücken durch die Stadt Leipzig möglich ist, um die beantragten Investitionen zielgerichtet und rechtssicher sicherzustellen.“
Was ja verklausuliert heißt: Wenn man mit Markranstädt im ZEG nicht zu einer gemeinsamen Lösung kommt, spielt Leipzig auch mit dem Gedanken, den Zweckverband platzen zu lassen und auf seiner Seite des Kulkwitzer Sees alles wieder in Eigenregie zu übernehmen.
Im Kulkwitzer See fehlen rund 1 Million Kubikmeter Wasser
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