Vor zwei Jahren berichteten wir zum ersten Mal um die Vorgänge am Forstweg in Böhlitz-Ehrenberg, wo die Stadt einen ganzen Streifen ehemaligen Gartenlandes als Bauland zu verkaufen versuchte, am Ende keinen Bieter fand, den Versuch aber nicht einstellte, sondern einen neuen Bauträger suchte, der die Grundstücke dann weiterverkaufte. Das Problem war schon damals: Das Gelände liegt auf dem Hochufer der Alten Luppe und hätte nach gültigem Wasserrecht nie bebaut werden dürfen.
Und nicht nur dieser eigentlich von jeder Bebauung frei zu haltende Gewässerrandstreifen hätte nie bebaut werden dürfen. Auch der Abstand zum Wald hätte eingehalten werden müssen. Der Wald der Burgaue grenzt hier direkt an die Alte Luppe. Neue Wohnbebauung hätte hier 30 Meter Sicherheitsabstand einhalten müssen.
Doch vergeblich versuchten die Anwohner, das Vorhaben zu bremsen. Erst mit Einwänden an die Stadt, wo man sich stur stellte und auf den Bauträger verwies. Dann vor Gericht, wo die Richterin der Argumentation der Stadt folgte, was nicht wirklich nachvollziehbar ist auf die existierende Gesetzgebung zu Wald und Wasser in Sachsen bezogen. Die Anwohner unterlagen nicht nur, wie es so vielen ging und geht, die in Leipzig versuchen, Umweltschutzgüter gerichtlich einzuklagen. Sie sollten auch noch den Anwalt der Gegenpartei bezahlen, die sie gar nicht beklagt hatten.
Das schwelt bis heute und nimmt sonderbare Formen an.
Vier der Häuser wurden gebaut, augenscheinlich mit einigen markanten Abweichungen zu den einstigen Planungsunterlagen. Das fünfte aber, das gleich am Ende des Forstwegs vor der Brücke über die Alte Luppe entstehen sollte, wird wohl nie gebaut. Noch im Sommer 2018 wurde hier das Gelände schon einmal vorbereitet. Aber dann kam der Stopp, rückten die schweren Baufahrzeuge ab, ließen ein kahles Gelände zurück, auf dem aber heute noch die Reste alter Asbestdächer liegen, zurückgeblieben von einem sehr eiligen Abriss der alten Schuppen, die hier standen.
Sie erinnern an die etwas rabiate Übernahme des Geländes, das die Stadt zuvor verpachtet hatte, aber samt Pachtvertrag an die Baufirma weiterverkaufte, die dann mit allen Mitteln die Herausgabe des Grundstückes forcierte.
Doch gebaut wurde das letzte geplante Gebäude nicht. Vielleicht auch deshalb, weil eine Anzeige bei der Stadt tatsächlich einmal einen kompetenten Sachbearbeiter munter machte: „Inwieweit die Errichtung der Häuser von der Baugenehmigung abweichend ist, wurde zur Klärung an die zuständige Behörde, dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege, weitergeleitet“, hieß es im Mai aus dem Amt für Umweltschutz, das auch selbst hätte tätig werden können. Man habe das Gelände mehrfach begangen und keinen der angezeigten Verstöße festgestellt, heißt es.
Auch nicht den zur fehlenden Asbestentsorgung: „Die Prüfung der von Ihnen benannten Asbestverunreinigungen ergab, dass kein unsachgemäßer Umgang bzw. keine unsachgemäße Entsorgung festgestellt werden konnte. Entsprechende Entsorgungsnachweise für das Asbest liegen dem Amt für Umweltschutz vor.“
Teile der alten Asbestdächer liegen noch heute auf dem Gelände.
Und wie ist das mit den Verstößen gegen Wald- und Wassergesetzgebung?
„Bezüglich der Einhaltung der Schutzgebietsverordnung sind die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde sensibilisiert und haben die Kontrollen in diesem Bereich intensiviert.“
Was sie festgestellt haben, teilt das Umweltschutzamt in diesem Fall nicht mit.
Die Geschichte ist nicht beendet. Sie ist nur zu einem Stillstand gekommen. Die Baufahrzeuge sind abgezogen worden. Dafür sorgen Plakate der Anwohner am Zaun für Aufmerksamkeit bei den Spaziergängern, die hier vom unsachgemäßen Umgang mit gesetzlich geschützten Gütern erzählen, auch von den 57 Bäumen (darunter viele Obstbäume), die gefällt wurden, um das einstige Gartengrundstück bebauen zu können.
Ersatzpflanzungen wurden bislang keine bekannt. Nur das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege kündigte schon mal an, die möglichen bauordnungsrechtlichen Verstöße zu prüfen. Mit der bekannten Ankündigung, die man aus Leipzigs Ämtern kennt, wenn sie partout kein Verschulden auf städtischer Seite sehen wollen: Eine „ergebnislos verlaufende Überprüfung“ werde kostenpflichtig sein.
Eigentlich werden die Mitarbeiter des Amtes dafür bezahlt, dass sie die Übereinstimmung von Baugenehmigung und Bauausführung irgendwann überprüfen. Und dann genügt ein Blick in die Unterlagen, um festzustellen, ob es Abweichungen gab und Abstandsregeln eingehalten wurden. Das Drohen mit der Kostennote erzählt eher davon, dass man das bislang nicht für nötig hielt.
Aber was schreibt das Bauordnungsamt noch? – „Eine Auskunft über die ermittelten Inhalte erfolgt nicht.“
Und dafür eine Kostennote?
Aber vielleicht ist das die viel beschworene Bürgernähe der Leipziger Verwaltung.
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Das ist rechtswidriges Handeln mit hoher krimineller Energie mindestens einer städtischen Behörde. Geschützt vom Gericht.
Wenn mich da wieder mal jemand fragt, ob ich denn der Meinung wäre, wir würden hier in einem Unrechtsstaat leben – was nur soll ich dann antworten?