Es hatte ein bisschen gedauert. Wir hatten ein paar Fragen zu den Entwicklungen und fachlichen Einschätzungen am Forstweg in Böhlitz-Ehrenberg an die Verwaltung gestellt. Die Kolleginnen in der Kommunikation waren auch fleißig, haben auch alle Antworten eingesammelt. Das dauerte wieder ein Weilchen. Und dann ließen wir das Fragenpaket noch liegen, weil einige Antworten ganz unübersehbar davon erzählen, dass manche Antwortgeber gar nicht wissen wollen, was vor Ort wirklich los ist. Und deswegen auch sichtlich falsche Antworten geben.

Die größten Probleme gibt es dabei im Amt für Umweltschutz, das sich nicht einmal geneigt zeigte, die Tatsachen vor Ort zu überprüfen und jetzt in der Antwort einfach noch einmal wiederholt, was man vor einigen Jahren im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens an das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege gemeldet hatte.

So etwa zum Abstand zum Wald, der nach dem Sächsischen Waldgesetz 30 Meter betragen muss. Der Grund ist simpel: Feuerstellen sollten nicht in Waldnähe gebaut werden. Die 30 Meter sind ein Sicherheitsabstand. Aber der ist bei den neuen Häusern am Forstweg, die auf einstigem Gartenland, das die Stadt Leipzig verkauft hat, gebaut wurden, eindeutig nicht eingehalten.

Der Wald beginnt gleich an der Alten Luppe, die die Hausgrundstücke begrenzt. Verantwortlich ist hier der Staatsbetrieb Sachsenforst, der ganz sicher gesagt hätte, dass der Waldabstand nicht eingehalten wurde – wenn man ihn nur gefragt hätte.

Ob der nach Wassergesetz einzuhaltende Gewässerrandstreifen eingehalten wurde, darüber kann man streiten. Innerorts muss er auf fünf Meter eingehalten werden und es darf darauf nichts gebaut werden und nichts stehen, was den ungehinderten Wasserabfluss behindert. Außerorts sind zehn Meter frei zu halten.

Neues Pflaster für das Gewässergrundstück? Foto: privat
Neues Pflaster für das Gewässergrundstück? Foto: privat

Auch im Bauordnungsamt ist man sich sicher, dass alles rechtens ablief. Auch wenn man hier eindeutig einen ganzen geschlossenen Häuserriegel in die Abflussbahn des Hanges gebaut hat, der von der Alten Luppe hinaufsteigt bis zur Leipziger Straße. Wer weiß, was bei Starkregen passiert an solchen Hängen, der weiß auch, was diesem Häuserriegel passiert, wenn es regnet. Bei leichterem Regen laufen nur die Garagen voll.

Das mit dem Gewässerrandstreifen mussten die Bewohner der neu gebauten Häuser jetzt lernen. Das hatte ihnen der Hausverkäufer nämlich nicht gesagt, dass sie die Grundstücke bis zur Alten Luppe zwar nutzen dürfen, aber nichts darauf bauen dürfen, auch keine Zäune, Terrassen oder Ziermauern. Das erfuhren sie nun in dieser Woche, denn jetzt erschien ein Leipziger Verwaltungsmitarbeiter, den die auffälligen Abladearbeiten gleich auf dem ersten, noch unbebauten Grundstück am Forstweg auf den Plan gerufen hatten.

Eine Gartenbaufirma war hier beauftragt worden, das Grundstück, auf dem ursprünglich auch noch ein Haus gebaut werden sollte, zu begradigen und gartenbaulich instand zu setzen. Aber die vielen Steine mussten die Gartenbauarbeiter alle wieder aufladen. Das Grundstück ist auch ein direktes Wassergrundstück. Hier darf nichts gebaut werden.

Was die Stadtverwaltung uns zwar so nicht bestätigen will. Aber die Worte des kompetenten Stadtmitarbeiters vor Ort waren deutlich. Und die bekamen auch die Bewohner der schon gebauten Häuser zu hören, die jetzt ihre Gartengestaltungen hinterm Haus alle wieder zurückbauen müssen.

Andere Probleme, die schon vor Baubeginn allzu offensichtlich waren, sind weiterhin ungelöst. Jetzt soll das Regenwasserproblem durch einen neuen Ablaufkanal gelöst werden. Das sieht nach neuen, sehr unkonventionellen Lösungen aus. „Der Stadt Leipzig sind keine entstandenen Verstöße gegen die Umweltschutzgüter bekannt. Unabhängig davon wurde die gesicherte Ableitung von Niederschlagswasser von Grundstücken im Baurechtsverfahren geprüft“, teilte uns die Verwaltung mit.

Das ist schwer zu glauben.

***

Hier der kleine Katalog mit Fragen und Antworten aus der Verwaltung:

1. Wurde bei diesem Bauvorhaben inzwischen die Abstandhaltung nach sächsischem Wassergesetz zur Alten Luppe überprüft? Wenn ja: Mit welchem Ergebnis?

Antwort: Die Abstände des Bauvorhabens zur Alten Luppe nach dem Sächsischen Wassergesetz wurden bereits im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durch das Amt für Umweltschutz geprüft. Dabei gab es seitens des Fachamtes keinerlei Beanstandungen.

2. Wurde inzwischen die Abstandspflicht zum Wald nach Sächsischem Waldgesetz überprüft? Wenn ja: Mit welchem Ergebnis?

Antwort: Die Abstände des Bauvorhabens zum Wald nach dem Sächsischen Waldgesetz wurden bereits im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durch das Amt für Stadtgrün und Gewässer geprüft. Im Ergebnis wurde dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege durch das Fachamt mitgeteilt, dass der gesetzlich geforderte Abstand von 30 Metern gemäß § 25 Abs. 3 SächsWaldG eingehalten wird.

3. Hat die bauordnungsrechtliche Prüfung der neu errichteten Häuser mittlerweile stattgefunden? Mit welchem Ergebnis?

Antwort: Die neu errichteten Eigenheime auf den Grundstücken Forstweg 34 und 34 a bis d wurden nochmals am 09.07.2019 durch das Amt für Bauordnung und Denkmalpflege besichtigt. Abweichungen von den geprüften Bauvorlagen waren nicht feststellbar.

4. Stimmt es, dass es für das Grundstück direkt am Forstweg einen Baustopp gab? Womit wird er begründet? Gab es eine offizielle Zurücknahme der Baugenehmigung?

Antwort: Es gab für das Bauvorhaben zu keinem Zeitpunkt einen Baustopp und auch keine Zurücknahme der Baugenehmigung.

5. Wem gehört das unbebaute Grundstück jetzt? Fällt es zurück an die Stadt und wird es wieder mit Bäumen bepflanzt? Oder gibt es dazu noch Rechtsstreitigkeiten etwa mit der Fa. Reinbau?

Antwort: Das Grundstück befindet sich nach Kenntnisstand des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege derzeit im Privateigentum. Gegenwärtig ist beim Verwaltungsgericht Leipzig eine Klage eines angrenzenden Nachbarn gegen die erteilte Baugenehmigung anhängig.
Weitere Informationen liegen dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege nicht vor.

6. Was geschieht mit den Asbestrückständen auf dem Gelände? Wer ist jetzt für eine ordnungsgemäße Beräumung zuständig?

Antwort: Bei einer Vor-Ort-Besichtigung des Geländes am 19.07.2019 wurden seitens der Abfall-/Bodenschutzbehörde drei sehr kleine Bruchstücke Asbest vorgefunden und sichergestellt.
Für eine ordnungsgemäße Beräumung ist grundsätzlich der Grundstückseigentümer verantwortlich.

7. Wie gedenkt die Stadt, die entstandene Verstöße gegen die Umweltschutzgüter zu heilen? Wer wird dafür in die Pflicht genommen? Und wer haftet, wenn – zum Beispiel im Starkregenfall – Grundstücke und Gebäude Schaden erleiden? Fallen dann die Versicherungspflichten auf die Stadt zurück?

Antwort: Der Stadt Leipzig sind keine entstandenen Verstöße gegen die Umweltschutzgüter bekannt. Unabhängig davon wurde die gesicherte Ableitung von Niederschlagswasser von Grundstücken im Baurechtsverfahren geprüft. Die Grundstückseigentümer sind für die Einhaltung umweltrechtlicher Vorschriften verantwortlich. Bei eventuellen Verstößen haben sie für einen gesetzeskonformen Zustand zu sorgen. Umfangreiche Informationen zu Starkregen, so u. a. zu den Objektpflichten für den Eigentümer, können der Broschüre „Wassersensibel planen und bauen in Leipzig – Leitfaden zur Starkregenvorsorge für Bauherren, Hauseigentümer, Planer und Architekten“ entnommen werden.

Die Broschüre kann unter nachfolgendem Link https://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.6_Dez6_Stadtentwicklung_Bau/63_Amt_fuer_Bauordnung_und_Denkmalpflege/14771_Brosch_Starkregen_Web.pdf eingesehen werden.

8. Wie geht die Stadt mit dem Umstand um, dass die kurze Zubringerstraße zu den neu bebauten Grundstücken weder die Einfahrt von Abfallfahrzeugen noch von Feuerwehr ermöglicht? Wird es hier noch Veränderungsauflagen für die neuen Besitzer geben? Und wer steht dann dafür finanziell ein?

Antwort: Gemäß des dem Bauvorhaben zugrunde liegenden Erschließungsvertrages für die Errichtung einer Wendeanlage entspricht diese der „Gestaltungsrichtlinie für Erschließungsstraßen in Siedlungsgebieten der Stadt Leipzig“. Gemäß einer Mitteilung des Verkehrs- und Tiefbauamtes vom 08.02.2016 dient der private Stichweg zur Gewährleistung der Wendevorgänge für die Feuerwehr. Nach Abstimmung mit der Stadtreinigung wird der Stichweg nicht von 3-achsigen Abfallsammelfahrzeugen befahren, d.h. die Stadtreinigung wird die Wendeanlage nicht nutzen. Der Standort der Abfallsammelbehälter am jeweiligen Entsorgungstag ist mit der Stadtreinigung abzustimmen. Laut Aussage des für den Erschließungsvertrag zuständigen Verkehrs- und Tiefbauamtes wurde die Wendeanlage von der Branddirektion nach Fertigstellung abgenommen und anerkannt.

Bauleute am Forstweg 34 abgezogen und Bauordnungsamt droht Bürgern mit kostenpflichtiger Nichtauskunft

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Es gibt 2 Kommentare

Die kleinen hängt man, die großen läßt man laufen.
Bestenfalls…

Alles schon dagewesen: “Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!” Hoffentlich klagen die geprellten Anwohner auf Schdensersatz: ihr Grundstück kann nicht so genutzt werden, wie es ihnen verkauft worden ist.

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