Was ist los in der Johannisallee? Seit ein paar Tagen sorgen dort Baumschnittarbeiten für Irritationen. Sollten die nicht in der Zeit passieren, wenn gerade nichts grünt und blüht? Außerhalb der Vegetationsperiode? Und vor allem außerhalb der Brutsaison? Eine Leserin der L-IZ war geradezu entsetzt: „Es entsteht der Eindruck, dass, wann immer Kapazitäten für Baumschnitt- oder Fällungen frei werden, die Lage plötzlich akut ist und die Arbeiten unverzüglich vorgenommen werden müssen.“

„Allein durch den Lärm wurde heute ein Brutpaar (Rabenkrähen), das in der alten Plantane an der Bushaltestelle Liebigstraße, Linie 60 (Richtung Lindenau) nistet, empfindlich gestört“, schrieb sie uns. „Wie viele Jungtiere dem Baumrückschnitt bereits zum Opfer gefallen sein könnten, lässt sich leider nicht abschätzen.“

Also haben wir mal nachgefragt. Das zuständige Amt für Stadtgrün und Gewässer hat uns geantwortet.

In der Johannisallee werden laut Amt für Stadtgrün und Gewässer „zurzeit in städtischem Auftrag Baumpflegearbeiten zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit durchgeführt. Dabei werden vor allem tote Äste aus den Kronen entfernt und der für den Verkehrsfluss erforderliche lichte Raum über der Straße freigeschnitten.“

Aber die Schnittarbeiten gehen noch ein bisschen weiter: „An insgesamt fünf Bäumen müssen allerdings die Kronen eingekürzt werden, weil diese nicht mehr bruchsicher sind. Wegen des großen Gefährdungspotenzials in dieser intensiv genutzten Straße können die Arbeiten nicht länger aufgeschoben werden“, betont das Amt.

Baumschnittarbeiten in der Johannisallee. Foto: Ralf Julke
Baumschnittarbeiten in der Johannisallee. Foto: Ralf Julke

Aber warum gerade jetzt? Hätte das nicht alles vor dem 1. März, vor Beginn der Vegetationsperiode passieren müssen? Private Grundstücksbesitzer müssen sich doch eigentlich auch an die Fristen halten.

„Die Maßnahmen erfordern keine gesonderte Genehmigung, denn Kronenpflegearbeiten und Arbeiten, die der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit dienen, sind generell von den Restriktionen des Bundesnaturschutzgesetzes ausgenommen“, betont das Amt für Stadtgrün und Gewässer.

„Dem Artenschutz wird dennoch Rechnung getragen, weil die zu bearbeitenden Bäume vor Arbeitsbeginn auf besetzte Nester und Bruthöhlen hin überprüft werden und gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um die Tiere nicht erheblich zu stören. Eine kurzzeitige Störung in ausreichender Entfernung von ihren Fortpflanzungsstätten verkraften Tiere in der Regel, insbesondere wenn sie sich an lauten und viel befahrenen Straßen befinden.“

Aber dass jetzt in der Johannisallee eingegriffen wurde, habe auch mit dem Dürrejahr 2018 zu tun, das ja mit dem Jahreswechsel nicht wirklich zu Ende ging. Auch der Winter war viel zu trocken, das Niederschlagsminus aus dem vergangenen Jahr wurde noch nicht wirklich ausgeglichen. Und das macht sich auch an Leipzigs Straßenbäumen bemerkbar, so das Amt für Stadtgrün und Gewässer: „Generell bemühen sich die städtischen Mitarbeiter, Baumfällungen und stark eingreifende Schnittmaßnahmen außerhalb der Schutzfrist, also zwischen Oktober und Februar durchzuführen. Es ist aber nicht immer möglich, mit der Beseitigung sicherheitsrelevanter Gefährdungen so lange zu warten. In diesem Jahr verschärft sich diese Situation durch die Dürreschäden des letzten Sommers, die jetzt nach dem Austrieb sichtbar sind. Viele tote Bäume und große abgestorbene Äste müssen in den nächsten Monaten beseitigt werden.“

Das heißt: Auch an anderen Straßen muss dann mit solchen Schnittarbeiten gerechnet werden.

„In jedem Einzelfall erfolgt vorher eine artenschutzfachliche Prüfung der Bäume, um zu vermeiden, dass Tiere erheblich gestört werden“, betont das Amt noch.

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