Der offizielle Tag des Leipziger Auenwaldes ist zwar erst im Frühjahr. Aber gefeiert haben wir ihn auf der L-IZ schon lange nicht mehr. Aus gutem Grund: Es gibt nichts zu feiern. Und das wissen auch alle, die irgendwie versuchen, von diesem größten noch irgendwie existierenden Auenwald Deutschlands irgendetwas zu retten. Sie scheitern immer wieder an „Geht nicht“-Schildern.
Am 27. Februar verschickte das Projekt „Lebendige Luppe“ wieder seinen Projektnewsletter, in dem für gewöhnlich berichtet wird, wie es um das 2011 gestartete Projekt steht, welche Projektschritte als nächstes folgen und welche öffentlichen Termine es gibt. Für gewöhnlich. Denn seit über zwei Jahren gibt es keine Projektfortschritte mehr zu verkünden. Das Projekt steckt fest.
Nicht weil man nicht emsig versucht hätte, einen Flusslauf in der Burgaue wieder neu zu modellieren und damit die Voraussetzungen zu schaffen, künftig wirklich wieder ein bisschen Wasserdynamik in die Aue zu bringen. Aber schon in den Vorjahren schmolz das einplanbare Wasserdargebot immer weiter, die Zahl der möglichen Hochwasser, die in der Burgaue für Vernässung sorgen sollten, reduzierte sich auf ein Minimum.
Seit zwei Jahren wird über das Problem der notwendigen Wasserzuführung diskutiert.
Und dabei wissen die Projektmacher sehr genau, dass selbst die Umsetzung des Projekts „Lebendige Luppe“ nur der Beginn einer richtigen Auenwiederbelebung wäre. Denn eine regulierte Aue ist keine Aue. Eine Flussaue lebt davon, dass das Wasser frei fließen kann und sich die typischen Auenbiotope ganz natürlich entwickeln.
Da wirkt dann der Beitrag im „Fließtext“, der da heißt „Die Leipziger Aue und die grün-blaue Infrastruktur der Stadt“, wie ein Rufen in der Wüste, wie ein Wehklagen im Wald und wie ein Appell an einen untätigen „Umwelt“bürgermeister, jetzt endlich das zu tun, was er in flauschigen Sonntagsreden gern behauptet und lobpreist: den Auenwald wirklich wieder zu dem wertvollen Biotop zu machen, das er in seinen schönen Malereien zur blauen und grünen Infrastruktur immer ist.
Im „Fließtext“ kann man dazu lesen: „Nicht nur das zentrale Auenband des südlichen und nordwestlichen Auenwaldes, auch die Auen weiterer Flüsse wie der Rietzschke, des Zschampert und der Parthe müssen dabei im Zusammenhang als Lebensraumverbund betrachtet werden. Nur so sind z. B. Wanderungen von teils seltenen Amphibien möglich und nur so kann sich die Wildkatze auch über den nordwestlichen Auwald hinweg ausbreiten. Daneben stellen diese Auenausläufer wichtige Klima- und Erholungskomponenten für die Bevölkerung dar. Natur in der Stadt reduziert die sommerliche Hitze, fängt Feinstaub und trägt zur Gesundheit der Anrainerinnen und Anrainer bei. Diese sogenannten Ökosystemleistungen treten in der öffentlichen Wahrnehmung immer stärker in den Vordergrund. Der Mensch profitiert von der Natur auf vielfältige Weise. Aber: Nur ein gesundes, stabiles Ökosystem ist in der Lage, seine Aufgaben optimal zu erfüllen.“
Das „Aber“ ist sehr deutlich. Denn tatsächlich sagen die Autoren genau an dieser Stelle: Dieser Auwald, wie er da steht, ist kein gesundes Ökosystem (mehr).
Und das erklären sie auch: „So verlieren Auenlandschaften, die von ihren Lebensadern, den Flüssen, abgeschnitten sind, wichtige Funktionen – zum Beispiel im Hochwasserschutz. Aber auch beim Erhalt der Biodiversität wirkt sich die Degradierung einer Landschaft negativ aus. Umso wichtiger ist es, diesen Wirkungsraum und verlorene Landschaftsstrukturen wiederherzustellen – zum Beispiel durch Revitalisierung trockener Flussbetten und Wiederherstellung einer möglichst naturnahen Wasserdynamik im Auwald.“
Wenn das kein Appell an einen Bürgermeister ist, was dann?
Das „möglichst naturnah“ klingt dabei wie eine Beschwichtigung: Man wäre ja schon froh, wenn wenigstens das Projekt „Lebendige Luppe“ verwirklicht werden kann. Eigentlich sollte es schon ab 2017 umgesetzt werden. Jetzt hofft man, 2019 irgendwie die Planungen abgesegnet zu bekommen. Aber davon kann keine Rede sein, wenn nicht mal klar ist, wo das Wasser herkommen soll.
Natürlich ist das Wasser da: Es fließt in tief eingeschnittenen Kanälen von Neuer Luppe und Nahle einfach an der Burgaue vorbei. Hinter verschlossenen Türen tagt seit ein paar Monaten eine Arbeitsgruppe, die ein neues Leitbild für die Aue entwickeln soll. Von der man ja bekanntlich den NuKLA e.V. gleich ganz ausgeladen hat, weil NuKLA das Sinnvollste fordert, was man für eine deutschlandweit berühmte Flussaue tun kann: sie wieder komplett dem Fluss zu öffnen.
Denn wenn die Aue wieder als Aue funktioniert, muss niemand mehr künstlich den richtigen Auenwald herstellen. Der bildet sich dann von selbst heraus.
Warum, das erzählen heute in einer fünfteiligen Serie Johannes Hansmann und Bernd Gerken, die den NuKLA e.V. wissenschaftlich begleiten beim Kampf um diese sinnvollste und nicht nur naturnahe, sondern natürliche Vision. Die Serie wird uns heute über den Tag begleiten.
Eine Aue ist nicht steuerbar, sondern ein besonderer Lebensraum
Eine Aue ist nicht steuerbar, sondern ein besonderer Lebensraum
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