Es geht nicht um Gewinn beim Baumfällen im Leipziger Auwald, versicherte uns ein freundlicher Stadtrat im kurzen Gespräch über das, was im Leipziger Auwald derzeit passiert. Oder auch nicht passiert, weil es erst einmal durch eine Klage der Grünen Liga gestoppt wurde. Es ginge um Waldumbau. Dabei glaubt nicht einmal das sächsische Umweltministerium, dass der Leipziger Auwald umgebaut werden muss. Und nun kommen die nächsten Alarmmeldungen aus dem Auwald, diesmal dem Schkeuditzer und Gundorfer Teil.
Und sie erzählen davon, dass die Geschichten, die Leipzigs Stadtförster, der Sachsenforst und auch wenige beteiligte Wissenschaftler den Stadträten erzählt haben, so nicht stimmen können. Schon beim Leipziger Forstwirtschaftsplan war schlicht nicht erklärbar, warum der Stadtrat einem Plan zustimmt, bei dem bis zu 8.000 Festmeter wertvoller Auwaldbäume gefällt werden sollen, um an ihre Stelle einen künstlichen Wald zu setzen.
Denn ein künstlicher Wald wird es, egal, ob der Forst nun mit Femelfreischlägen arbeitet oder gleich hektarweise Mittelwaldwirtschaft einführt. In beiden Fällen geht es darum, alte Baumbestände zu beseitigen, um Freiraum für Neuanpflanzungen zu gewinnen.
Was selbst Deutschlands bekanntesten Förster Peter Wohlleben nur den Kopf schütteln ließ: „Lasst doch die Bäume einfach stehen!“
Denn auch wenn Leipzigs Auwald seit 80 Jahren auf dem Trockenen steht (und Leipzigs Verwaltung sich beharrlich weigert, die Renaturierung endlich in Gang zu setzen), stehen dort keine falschen Bäume. Auch wenn sie nicht den Baumbestand widerspiegeln, den Leipzigs Stadtrat 1992 beschlossen hat. Der damalige Beschluss atmet noch ganz den Machbarkeits-Geist aus sozialistischen Zeiten. Da wurde mit dem Auwald zwar noch rücksichtsloser umgegangen, machte man sich wirklich nicht viele Gedanken, ob der nachwachsende Wald dann ein standortgerechter Auenwald wird oder nicht.
Aber verbessert hat sich mit dem Beschluss von 1992 nichts. Und der Blick in den Forstwirtschaftsplan, den Leipzigs Stadtrat im September 2018 zum allerersten Mal überhaupt beschloss, zeigt, dass auch die Argumente nicht stimmen können, mit denen die massiven Baumfällungen (wie jetzt in der Burgaue geplant und auch in einem wertvollen alten Eichenwaldstück am Elsterstausee) begründet werden. Hier wird kein mehrfach naturrechtlich geschützter Wald sorgsam gepflegt.
Hier wird versucht, einen lebendigen Wald systematisch durch einen Idealwald zu ersetzen, wie die Beteiligten glauben, dass er aussehen sollte. Und das in einem Hauruck-Verfahren, denn nichts anderes ist die robuste Freischlagung von Femellöchern und die Anlage von künstlichen Mittelwaldflächen, die übrigens nicht die ursprüngliche Waldbewirtschaftung im Auenwald widerspiegeln. Sie imitieren diese alte Waldbewirtschaftung nur. Und führen nicht zu den behaupteten Ergebnissen.
Weil eben das Grundlegendste fehlt: das Wasser.
Und was eben auch die natürliche Eichenverjüngung bremst, die als (forstwirtschaftlicher) Prüfstein Grundlage aller Planungen ist.
Und deshalb fiel es auch beim Besuch in der Burgaue auf, dass es eben doch um wertvolle und auf dem Markt gut vermarktbare Bäume geht, die zum Fällen markiert waren. Wenn Naturschützer durchgehen und wichtige Habitatbäume kennzeichnen, damit sie eben nicht gefällt werden, ist das nur eine leichte Entschärfung des Dramas, ändert aber wenig daran, dass trotzdem Dutzende 100-jähriger Bäume (auch Eichen darunter) gefällt werden sollen, um dann irgendwie Licht zu schaffen für eine neue Eichensetzlingplantage. Wenn überhaupt.
Aber was dieser Tage in den Forstrevieren Fuchslöcher und Verschlossenes Holz bei Dölzig geschah, die ebenfalls zum Auwald gehören, macht deutlich, dass das forstwirtschaftliche Denken in Sachsen noch immer in reinen Ertragskategorien stattfindet.
Denn als der NuKLA e.V. – wer auch sonst? – dieser Tage an der Domholzschänke und der B186 auf Waldexkursion war, stieß er auf mehrere gefällte alte Eichen in diesen Waldstücken, die zum größten Teil zur Schkeuditzer Flur gehören, ein Teil am Rand von Gundorf aber liegt noch auf Leipziger Flur. Bewirtschaftet werden die Flächen aber vom landeseigenen Sachsenforst. Aber der, so stellte auch die zuständige Umweltschutzbehörde des Landkreises Nordsachsen fest, hatte überhaupt keine Fällgenehmigung.
Trotzdem hat er Dutzende alter Eichen in dem wertvollen Waldbestand markiert und teilweise schon gefällt. Die Fällarbeiten mussten sofort beendet werden, die verantwortlichen Förster wurden einbestellt und möglicherweise gibt es auch eine Klage gegen Sachsenforst.
Und möglicherweise werden Sachsens Umweltverbände langsam munter und machen mehr Druck auf die Landespolitik, die immer noch darauf beharrt, dass eine rein forstwirtschaftlich denkende Behörde wie Sachsenforst auch die sächsischen Nationalparks und Schutzgebiete bewirtschaften soll. Die Bilder aus dem Verschlossenen Holz ähneln denen, die man auch aus den Leipziger forstwirtschaftlichen Maßnahmen kennt: Es sind alte, in diesem Fall wohl sogar über 200 Jahre alte gesunde Eichen, die hier gefällt wurden, Bäume, die in der Regel 300, manchmal auch 500 Jahre alt werden.
Aber seit in den vergangenen Jahren die deutschen Nadelholzplantagen durch Stürme hektarweise niedergemäht wurden, sind die Verkaufspreise für diese Hölzer in den Keller gestürzt. Sachsens Umweltministerium verbreitet eine regelrechte Alarmstimmung, als wenn dieser Effekt durch die vermehrten Wetterextreme nicht genau so zu erwarten war.
Nadelholzwälder sind schnell wachsende Wälder. Binnen weniger Jahrzehnte steht das Holz zur Verfügung. Aber da das alles Monokulturen sind, sind sie geradezu Einfalltor für Stürme und ein gefundenes Fressen der Borkenkäfer. Anders als die (noch) stabilen Laubwälder in der Elsteraue, bei denen auch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie davon ausgeht, dass sie nicht umgebaut werden muss.
Aber die markierten und gefällten Eichen erzählen eben nicht vom Waldumbau, sondern von einer Forstwirtschaftabteilung, die immer noch wie in DDR-Zeiten denkt, nur heute etwas marktwirtschaftlicher: Wenn es für massenhaftes Nadelholz keine ordentlichen Erlöse mehr gibt, dann muss man eben wertvolle Eichen aus den noch vorhandenen Beständen holen.
In diesem Fall auch wieder gesunde Eichen, die locker noch 100, 200 oder mehr Jahre hätten stehen und wachsen können. Und das geht in den Waldrevieren schon seit 2010 so, meldet NuKLA an die Umweltbehörde des Landkreises Nordsachsen. Und hat die durchaus berechtigte Frage, ob das überhaupt jemals amtlich genehmigt wurde.
Und dann hat man auch noch die Worte von Yadegar Asisi im Ohr, der sich noch an den 2007 viel zu früh verstorbenen Leipziger Baumforscher Wilfried Morawetz erinnert, der zwar durch seine Tropenwaldforschungen bekannt wurde, der aber auch die Aufstellung des Auwaldkrans in der Burgaue in die Wege geleitet hat. Und der zum Leipziger Auwald gesagt hat: „Das ist der eigentliche Urwald …“
Ein Urwald, der behandelt wird wie eine Baumplantage …
Krieg der Farben oder Wer sucht die Fledermaus in der Burgaue?
Krieg der Farben oder Wer sucht die Fledermaus in der Burgaue?
Es gibt 9 Kommentare
@ framo
Hab ich gemacht. War auch nichts wirklich Neues: Die Samen von resistenten Bäumen zu sammeln und gezielt “auszusäen”, ist eine Möglichkeit, die natürlich stattfindenden Prozesse (resistente Bäume leben weiter und säen sich aus, die kranken tun das irgendwann nicht mehr, ergo: nur die gesunden pflanzen sich fort) zu beschleunigen. Zu klonen ist hingegen hybrider menschlicher Größenwahn: wenn dann auf einer (großen) Fläche genetisch alle Eschen gleich sind und ein neuer Erreger kommt (und der wird kommen!), gegen den diese Klone dann ALLE (da genetisch gleich) keine Resilienz mehr haben, stirbt alles. Evolution geht anders: Stehen und die Natur machen lassen. Die braucht uns nicht. Für die ForstWIRTSCHAFT ist das natürlich ein riesiges Problem. Für einen EU-geschützten Wald, in dem Forstwirtschaft nichts zu suchen hat, überhaupt nicht. Denn: nicht die Baumart ist “in Not”, die kann sich gut selber helfen. Die Förster/Holzverkäufer sind in Not, nicht die Bäume! LiebeR framo
@framo
Richtig, Loriot hätte seine helle Freude…
@m.k.
Lesen bildet. Youtuben auch. Die Österreicher sind da etwas weiter. Sehenswert: “Die Esche Baumart in not”
LiebeR framo, Sie lesen doch die LIZ, jedenfalls kommentieren Sie immer mal wieder zum Thema. Da sollten Ihre Fragen doch bereits mehrheitlich eine Antwort gefunden haben. Ich versuchs noch mal: etwas so Besonderes wie einen mitten in der Stadt gelegenen Auwald, gibt es sonst europaweit nicht. Zudemn sind Auwäder, sofern sie denn eine hydrologische Dynamik zur Verfügung gestellt bekommen, die sie brauchen um Auwald zu sein, Orte besonderer Biodiversität. In Zeiten massiven Artensterbens vielleicht durchaus von Relevanz. Große Bäume produzieren ein Vielfaches an Sauerstoff im Vergleich zu jungen Bäumen (die Produktion wächst nicht linear sondern expotentiell zum Kronenumfang). Und je älter ein Baum, dest mehr ist er Lebensraum für andere (geschützte und vom Ausssterben bedrohte) Arten. Totholz, dass Sie beklagen, ist wichtiger Lebensraum für viele geschützte Arten. Übrigens vor allem stehendes Totholz, weswegen man absterbende Bäume unbedingt noch viel mehr stehen lassen sollte, als das bisher (hier) der Fall ist. Außerdem, sehr geehrteR framo, ist der Leipziger Auwald mehrheitlich EU-geschütztes Gebiet, also wegen seiner Artenzusammensetzung unter Schutz gestellt – kein Wirtschaftswald! Über das Thema Eschentriebsterben (sic) stand auch schon genug in der LIZ: Die Natur entwickelt Resistenzen, wenn man sie denn lässt und nicht alles totmacht, was krank ist und zu 60% damit lange leben und sich sogar z.T. wieder erholen würde (mit dann resistenten Nachkommen).
Ja, die Mücken und die Malaria. Wir werden noch ganz andere Probleme bekommen. Und ökologische Flutungen lassen sich durchaus so steuern, dass sie weder Mensch noch Hab und Gut beeinträchtigen und zu Zeiten stattfinden, wo die Mücken gerade wenig zu Gange sind. Abgesehen davon, dass auch dann noch mehr Menschen im Autoverkehr, wegen Zigarettenkosums oder Übergewicht ums Leben kommen als wegen Malaria. Und keiner käme deswegen auf die Idee, Autos, Zigaretten, fettes Essen und überzuckerte Lebensmittel zu verbieten. Bzw. diese Menschen, weil sie krank sind, “aus dem Bestand zu entnehmen”.
Ja wo laufen sie denn? Ja wo laufen sie denn hin? Ach ist der Rasen schön grün!….
St. Florian, St. Florian, verschon mein Haus, zünd andere an! Was ist so besonderes am leipziger Auewald? In erster Linie das Verhältnis der Bürger zu ihrem Stadtforst. Ja Forst, nicht (Ur)wald. Zurecht wehren sich die Leipziger, wenn in ihrem Vorgarten ein Baum gefällt wird. Aber im Auewald wird seit Menschengedenken Waldnutzung betrieben. Warum soll, lieber Olaf, der Auewald in Leipzig anders behandelt werden als jeder x-belielibige andere Forst? Verbrauchen die Leipziger etwa kein Holz? Für Möbel, Dachstühle, Kaminöfen, Amazonkartons oder Zeitungen? Warum sollen die Lasten immer die anderen tragen? Wenn wir hier für Windstrom sind, warum sollen nur die Dörfler den Tag und Nacht zuckenden Horizont aushalten müssen? Wenn wir Städter Bio essen wollen, dann hat die Verringerung der Produktionsmenge Auswirkungen auf die Nahrungsmittelbereitstellung für weniger wohlhabende im In- und Ausland. Wie der Maisanbau für “Biosprit” und “Bioerdgas” oder die Solarpanelfelder auch.
Kurz und gut: Eine vernünftige Nutzung des Auewaldes ist geboten. Das Eschensterben zwingt im Übrigen dazu. Eine Diskussion, wie die leipziger Aue in naher Zukunft ohne ihre Hauptbaumart aussehen soll findet übrigens öffentlich nicht statt. Was mit den umfallenden Baumleichen geschehen soll, auch nicht. Die Idee mit der (Wieder)vernässung hat mit der spürbaren Erwärmung der letzten Jahre einen Pferdefuß. Malaria.
Die ist nach dem 2. Weltkrieg in Südeuropa ausgerottet worden. Mittels DDT.
…..
Ein Auwald, der auch noch mehrfach (!) geschützt ist, gehört nicht dazu.
Es ist einfach nur zum Kotzen! Nicht nur, dass es stalinistischer nicht zugehen könnte! Oder dass vermutlich keiner den Überblick hat, was da gefällt wird, von wem und für welches (schwarze) Konto. Die etablierten Naturschutzvereine, die jahrelang weggeschaut bzw. diesem Treiben zugestimmt haben, sind immer noch still: mit welcher Begründung?! Scham wird es ja wohl nicht sein (für Fehler, die man gemacht hat und als solche erkennt und sich dazu bekennt, kann man die Verantwortung übernehmen und eine andere Richtung einschlagen), eher ein Abtauchen angesichts dieser unglaublichen und immer offensichtlicher werdenden Peinlichkeit. Und was ist mit den BürgerInnen? Schweigen im Walde? Ein paar vereinzelte Austritte: hallo, es geht um unseren einzigartigen Auwald, die kostbare grüne Lunge unserer Stadt, dem gerade die wertvollsten, alten Bäume entrissen werden. Für schlappe 2.400,- € das lange 300 Jahre gewachsene Stück. Ist das alles? Haben wir noch immer nicht verstanden, dass DAS unsere Lebensgrundlagen sind und die unserer Kinder, weil man Geld nicht atrmen und essen kann? Am Ende haben es die (Schul-)Kinder eher verstanden, als die so mit sich selbst und ihrem bedrohten Wohlstand beschäftigten Älteren. Nur haben die Kinder keine Chance, wenn wir nicht endlich aufwachen und antreten für das, was wirklich wichtig ist.
Da wird NuKLA nun noch einen Zahn zulegen müssen. Und dafür Geld brauchen. Jetzt. Damit diesen Machenschaften ein Ende und den Kindern ein Zeichen gesetzt werden kann: Dass wir ihr Rufen verstanden, dass sie recht haben und es Zeit wird, dass wir sie ernst nehmen.
Legal, illegal, scheißegal – und was es da sonst noch für Sprüche gibt.
Es weht ein Geist durch die Wälder, der da heißt “Inwertsetzung”. Behörden wollen Natur “In-Wert-setzen”. Unter freundlicher Betrachtungsweise….. Und unter tätiger Mithilfe von ein paar “Wissenschaftlern” und, ja leider, auch ein paar Verbänden. Mit Forstwirtschaftsplänen und Wassernutzungsplänen. Im Auwald. Der Wasser braucht.
Halloooo? Jemand zu Hause?! Oder wegen Beschränktheit geschlossen?
Es gibt Wälder, in denen man Forstwirtschaft betreiben kann und muß. Schließlich brauchen wir auch in Zukunft Holz. Für Möbel und – ja auch! – für Häuser, ihr Ignoranten.
Ein Auenwald, deraauch nocugehört verdammt noch mal nicht dazu!