Es ist irgendwie immer wieder dasselbe. Im Oktober beantragte die Linksfraktion: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, gemeinsam mit der oberen Wasserbehörde zu prüfen, ob das Elsterbecken in ein stehendes Gewässer umgewandelt werden kann. Alternativ ist zu prüfen, ob zwischen Palmgartenwehr und dem Luppenwehr ein mäandrierender Flusslauf in einer Wiesenlandschaft angelegt werden kann.“ Nun teilt die Obrigkeit mit: Interessiert uns nicht. Das habt ihr 2012 alles anders beschlossen. Wir ändern nix.
Das Umweltdezernat ist in seiner Antwort auf den Linke-Antrag sogar ganz forsch: „Die Beschlusspunkte 1 und 2 werden abgelehnt, da bereits Verwaltungshandeln.“
Was schlicht nicht stimmt.
Aber augenscheinlich schwebt dieses Dezernat schon über allen Dingen. Vielleicht auch, weil man mit diesem Stadtrat wirklich alles machen kann. Denn in wichtigen Projekten fehlt den ehrenamtlichen Stadträten jede Kompetenz. Die Stadt nutzt ihren Informationsvorsprung und zurrt Verträge fest, die Folgen für Jahrzehnte haben. Und das Beängstigende dabei: Auch die Kompetenz der Leipziger Umweltvereine wird ignoriert. Auch sie lassen sich von einer Verwaltung am langen Zügel führen und rennen mit berechtigter Kritik an den Beschlüssen gegen verschlossene Türen.
„Das Elsterbecken ist ein Gewässer I. Ordnung und liegt somit in der Verantwortlichkeit des Freistaates Sachsen und nicht in der Zuständigkeit der Stadt Leipzig. Somit liegen eventuelle Veränderungen des Elsterbeckens in der Zuständigkeit des Freistaates. Die Stadt Leipzig wirkt bei diesen Prozessen mit. Ebenso werden die zuständigen Wasserbehörden bei Umgestaltungsprojekten durch den Vorhabenträger (Freistaat Sachsen) einbezogen“, untermauert das Umweltdezernat seine Position. Und erzählt dann noch einmal die Vorgeschichte.
„In den umfangreichen Untersuchungen zur Optimierung des Gewässerknotens unter Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in den Jahren 1997 bis ca. 2004 wurden verschiedene Varianten zur Umgestaltung des Elsterbeckens untersucht. Eine der Varianten war die Herrichtung des Elsterbeckens als stehendes Gewässer mit Mindestwasserabfluss. Eine andere Variante war die Herstellung eines in einer Rinne fließenden Gewässers innerhalb des Elsterbeckens. Alle Varianten wurden umfangreich begutachtet, diskutiert und modelliert.“
Das stimmt so weit.
Aber dann hat irgendjemand in der Verwaltung seine Handlungshoheit genutzt und festgezurrt, wo es jetzt hingehen soll.
„Im Ergebnis der Abwägung aller Randbedingungen wurde festgestellt, dass die Sanierung des Elsterbeckens grundsätzlich notwendig ist, dieses jedoch in einer solchen Art und Weise erfolgen soll, dass die gegenwärtige Ausprägung des Beckens erhalten bleibt. Diese Festlegung wurde unter Abwägung der ökologischen, hydrologischen, aber auch stadtgestalterischen Aspekte getroffen. Ebenso wurden der finanzielle Aufwand und die Realisierungszeit in die Entscheidungsfindung einbezogen. Dies spiegelt der Beschluss des Stadtrates von 2004 (Beschluss-Nr. RBIII-1563/04) wider.“
Ein Beschluss, in dem auch die Öffnung der Alten Elster festgezurrt wurde. Wahrscheinlicher Kostenrahmen: Irgendwo über 50 Millionen Euro. Effekt für den Leipziger Hochwasserschutz: gleich Null.
Schon damals haben sich Leipzigs Stadträte hier vom damaligen Umweltbürgermeister am Ring durch die Manege führen lassen.
Und beim Elsterbecken geht es weiter: „Es ist notwendig, das Elsterbecken zur Ableitung extremer Hochwässer zu erhalten. Das Elsterbecken ist Bestandteil des Integrierten Gewässerkonzeptes (IGK) und soll zukünftig mit einer solchen Wassermenge beaufschlagt werden, dass Sedimentationen, die u. a. Hochwassergefährdungen bedingen, ausgeschlossen werden“, meint das Umweltdezernat.
Das ist ein Widerspruch in sich. Denn nicht die Wassermenge bestimmt, ob die Sedimente (im Hochwasserfall) im Becken ablagern, sondern die Fließgeschwindigkeit. Indem die Stadt darauf beharrt, das Becken mit seiner minimalen Geschwindigkeit zu erhalten, sorgt sie dafür, dass die Probleme nicht gelöst werden.
Die löst nur ein Fluss mit schmalerem Querschnitt und höherer Fließgeschwindigkeit. Worüber damals – 2004 – eben auch ein fachkundiges Gutachten erstellt wurde. Es verblüfft schon, wie beharrlich das Umweltdezernat an seiner falschen Sichtweise festhält. Und wie dem Stadtrat nun seine beiden Beschlüsse von 2004 und 2012 regelrecht um die Ohren gehauen werden: Ihr habt das damals so beschlossen.
„Zur schrittweisen Umsetzung des IGK wurde weiterhin eine Kooperationsvereinbarung mit der Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen abgeschlossen, die u. a. die Sanierung des Elsterbeckens umfasst. Die in der Kooperationsvereinbarung enthaltenen Maßnahmen in Zuständigkeit der Stadt Leipzig stehen mit der vollständigen Öffnung des Elstermühlgrabens bis 2023 vor dem Abschluss eines der beiden Maßnahmenkomplexe für die Gewässer II. Ordnung. Die Offenlegung des Pleißemühlgrabens wird in Abschnitten ebenfalls realisiert, umfasst jedoch einen Zeitraum bis mindestens 2030“, so die Antwort des Umweltdezernats weiter.
Das heißt: Das Elsterbecken und die teure, letztlich aber völlig überflüssige Alte Elster müssen von der Landestalsperrenverwaltung gebaut werden. Allein die Beseitigung der hochbelasteten Sedimente aus dem Elsterbecken würde 100 Millionen Euro kosten, ohne die Probleme der Sedimentfalle Elsterbecken zu lösen.
Und völlig ungelöst ist ebenfalls das damals geschaffene Problem einer Überleitung der Parthe zur Neuen Luppe.
Noch einmal alles in der Übersicht, so wie in der Meldung der Verwaltung von 2012: „Die Vereinbarung beinhaltet die Überleitung der Parthe über die Weiße Elster zur Neuen Luppe (beides Gewässer 1. Ordnung), die Offenlegung des alten Elsterbettes zur Rückverlegung der Weißen Elster (1. Ordnung) sowie die Beräumung und Profilierung des Elsterbeckens im wasserwirtschaftlich zwingend notwendigen Umfang für den künftigen Betrieb als Gewässer im Nebenschluss.“
Der Stadtrat wäre wahrscheinlich gut beraten, diese ganzen überteuerten Vorhaben auf den Prüfstand zu stellen und mit der LTV eine wirklich kluge und nachhaltige Lösung zu finden. Genauso wie von der Linksfraktion beantragt: „Inhalt der Untersuchung sollen neben den ökologischen und hydrologischen Aspekten die Finanzierung und die Realisierungszeit sein.“
Wenn das Umweltdezernat behauptet, genau das schon zu tun, dann hat es der Linksfraktion jetzt aber einen gewaltigen Bären aufgebunden.
Was macht der Fluss im Elsterbecken?
Es gibt 2 Kommentare
Nachdem es die Möglichkeit gibt im Hochwasserfall in Zitzschen Wasser aus der Weißen Elster in den Zwenkauer See abzuleiten, wird Leipzig so krasse Hochwässer wie 2002 nicht mehr bekommen. Immerhin würden dann von der Spitze (ca. 350Kubikmeter/s) bis zu 130 Kubikmeter/s in den Zwenkauer See abgeleitet. Damit wäre man dann zwar immer noch bei über 200 Kubikmetern/s im Abfluss, aber das sind dann trotzdem nur 2/3 von 2002.
Ich vermute mal, der Bockwitzer See soll das Alibiwässerchen im Landkreis für naturnahe Erholung werden, während bei den anderen Seen die WTNK-affinen Aktivisten nach wie vor zum Zuge kommen.
Wozu auch Herr Graichen zählt, neben anderen amateurhaften “Projektentwicklern.”
Die anderen Bergbauseen hätten sich ebenfalls “naturnah entwickelt”, wenn man sie nicht mit touristischen Ideen vergewaltigt hätte, dies weiter will und so plant.
Hier “wünschten sich sicher auch viele Bürger” eine natürliche Erholungsmöglichkeit, aber eine WTNK-Schnapsidee jagt hier die nächste.
So wie die Offenlegung der Alten Elster als Hochwasserschutz den tatsächlichen Fakten glücklicherweise zum Opfer fallen wird, kann man nur hoffen, dass das zukünftige Wasserangebot der Flüsse so einige Fehlplanungen korrigieren wird.