Ab März sollen die Arbeiten an der Oberleitung beginnen, ab Juni die eigentlichen Bauarbeiten bei rollendem Bahnbetrieb: Die Deutsche Bahn erneuert die drei Eisenbahnbrücken in der Elsteraue. 2022 sollen die Arbeiten beendet sein. Die alten Brücken von 1926/1927 werden komplett ersetzt durch neue, flache Betonbrücken mit hohen Fledermausschutzwänden. Aber hätte Leipzig nicht viel modernere Stabbogenbrücken bekommen und den Hochwasserdurchlass deutlich größer bekommen können? Fünf Antworten auch auf die Fragen von Christoph Korth aus der Stadtverwaltung.
Aus welchem Grund wurden die 3 vorhandenen Betonbrücken unter Denkmalschutz gestellt? Und warum beharrt sie auf ihrer Position, obwohl die jetzt geplanten Bauwerke mit der ursprünglichen Ansicht aus bautechnischen Gründen nichts mehr zu tun haben werden?
Die drei Brückenbauwerke über Weiße Elster, Luppe und Nahle wurden 1926/27 als Rahmenkonstruktion mit genieteten Vollwandträgern errichtet. Sie stellen Ersatzbauten für die um 1850 errichteten ältesten Eisenbahnbrücken zur Querung der Elsteraue dar. Alle drei Brücken sind unterschiedlich lang, aber von gleicher Bauart. Die Stützweite der einzelnen Öffnungen beträgt immer 13,50 m. Die größte ist die Brücke über die Luppe und deren Hochflutbett mit sieben Öffnungen und 105 m Gesamtlänge.
Die Brückenbauwerke sind technische Denkmale der Verkehrsgeschichte Mitteldeutschlands, deren technikgeschichtliche Bedeutung kaum durch andere Beispiele belegbar scheint. Bei den drei Brücken handelt es sich um Typenbauten der 1920er Jahre der aus den Länderbahnen neu gebildeten Deutschen Reichsbahn.
Verstärkt wird die Bedeutung der drei Brücken durch den Ensemblecharakter ihrer Nachbarschaft. Die zeittypische Vorliebe für liegende, horizontal gegliederte Baukörper spiegelt sich in der sehr flachen Bauweise der Brücken wieder. Als technische Anlagen ohne markante Überbauten treten sie dadurch kaum in Erscheinung. Sie stehen beispielhaft für eine angepasste, das Landschaftsbild schonende, Bauweise.
Aus Sicht des wasserbaulichen Managements (Hochwasserschutz) der Stadt Leipzig und des Projektes Lebendige Luppe als national- und raumbedeutsames naturschutzfachliches Projekt besteht dagegen die Forderung an die neuen Brückenbauwerke, dass diese das Abflussprofil gegenüber dem Ist-Zustand nicht verringern dürfen, sondern dieses im möglichen Umfang erweitern sollen.
Gleichzeitig ist dem Treibgutversatz entgegenzuwirken. Konstruktionen ohne Pfeiler im Gewässerbett/Abflussquerschnitt stellen deshalb aus wasserbehördlicher Sicht die Vorzugslösung dar. Ansonsten sollten möglichst wenige Pfeiler in schlanker und strömungsgünstiger Form und mit der Möglichkeit zur Beseitigung von Treibgut errichtet werden.
Die planfestgestellte Lösung stellt einen Kompromiss dieser und vieler weiterer Belange, z. B. bezüglich der Eingriffe in die sensiblen Auenbereiche, dar.
Warum fordert die Stadt Leipzig einen Wiederaufbau mit Betonbrücken, wo doch ersichtlich ist, dass Betonbrücken einen weitaus umfangreicheren Aufbau benötigen als Stahlbrücken?
Die Stadt hat in ihrer Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren keine einseitige Forderung gestellt, sondern unterschiedliche Aspekte dargestellt und darum gebeten, alle Belange umfassend zu würdigen.
Wie ist der Hochwasserdurchfluss bei den 3 Brücken gesichert, wenn sich Brückenpfeiler oder gar der Brückenkörper als Hindernisse im Abflussquerschnitt befinden? Warum ist man nicht allein aus diesem Grund auf die Angebote der Bahn eingegangen?
Es galt in diesem sehr komplexen Verfahren eine bestmögliche Berücksichtigung aller Belange sicherzustellen. Hier mussten nicht nur die Belange der Deutschen Bahn und der Stadt abgewogen werden. Aus diesem Grund ist es eine Entscheidung der Planfeststellungsbehörde welche Variante planfestgestellt wurde. Durch die neuen strömungsgünstigen Pfeiler verringert sich die Durchflussmenge gegenüber einer pfeilerlosen Lösung nur um ca. 6 %. Insofern ist die Wahl der Brückenkonstruktion ein wichtiges aber nicht das einzig entscheidende Kriterium für die planfestzustellende Lösung.
Die Planung der Deutschen Bahn sieht eine Anhebung der Bahnbrücke gegenüber dem Bestand um ca. 30-40 cm vor. Des Weiteren werden die Pfeiler wesentlich schlanker neu errichtet. Diese Bauweise wurde mit der Landestalsperrenverwaltung abgestimmt, mit ihr ist der Abfluss des Bemessungshochwassers (BHQ 150) sichergestellt.
Wie sichert die Stadtverwaltung die Interessen ihrer Bürger a) zur Sicherung der gesetzlichen Mindesthöhen von 2,25 m bei den Brückenunterführungen der Rad- und Gehwege an der Weißen Elster, an der Luppe und der Nahle und b) für den Lärmschutz der Anwohner in Möckern?
- a) Gesetzliche Mindesthöhen bei Brückenunterführungen gibt es nicht. In erster Linie gilt es bei Radwegen die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen für die Festlegung von Querschnitten und Durchfahrtshöhen zu beachten. Für Radwege wird hier generell eine Mindestdurchfahrtshöhe von 2,50 m empfohlen. An der Neuen Luppe ist es in der Planung gelungen, diese Zielstellung umzusetzen.
An der Weißen Elster bleibt es bei der heutigen lichten Höhe von 2,00 m. Grund ist, dass eine Höherlegung der Bahngleise erhebliche Eingriffe in die Landschaft bedeuten würden und eine Tieferlegung entweder zu häufigerer Überflutung des Weges oder zu einem unverhältnismäßigen Trogbauwerk geführt hätten. Beide Lösungen sind für einen Waldweg unangebracht, zumal die heute hier verlaufende Parthe-Mulde-Radroute auf den Marienweg verlegt werden kann.
- b) Zum Thema Lärmschutz gibt es mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gesetzliche Vorgaben an jedes Bauvorhaben, an die sich auch die Deutsche Bahn zu halten hat und deren Einhaltung mit dem Planfeststellungsverfahren sichergestellt wird.
Warum ist die Stadt nicht auf die Angebote der DB eingegangen, über die moderneren Bauvarianten zu sprechen?
Die Stadt hat in ihrer Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren darum gebeten, alle Belange umfassend zu würdigen. Im Vorfeld wurden auch alternative Brückenkonstruktionen (Stabbogenbrücken) geprüft, die aber wie in der Begründung zum Planfeststellungsbeschluss ausgeführt, nicht nur Vorteile mit sich bringen. In der Entscheidung des Eisenbahnbundesamtes heißt es dazu:
„Die Vorhabenträgerin erläuterte, sie hätte alle Varianten für Eisenbahnüberführungen und Gleise, die eine Totalsperrung der Strecke zur Folge hätten, ausgeschlossen. Durch die vom Betrieb festgelegten halbseitigen Sperrungen der Strecke sei der Bau einer Bogenbrücke nur noch in Verbindung mit der Gleisbauvariante 2, also bei größerer seitlicher Verschiebung der Gleise nach Norden möglich.
Durch die Verschwenkung der Gleise um 5,50 m in Richtung Norden würde der benötigte Flächenbedarf für den Bahndamm enorm ansteigen, wodurch sich auch während des Baus und im Endzustand die Wegebeziehungen verschlechtern würden. Ein obenliegendes Tragwerk stelle einen erheblichen Einfluss auf das Landschaftsbild dar. Auch das derzeit vorhandene Erscheinungsbild der drei ca. 90 Jahre alten, unter Denkmalschutz stehenden Brücken ginge mit einem obenliegenden Tragwerk verloren.“
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Bleiben noch ein paar Fragen zur neuen Brücke über die Nahle. Denn eigentlich sollte hier ja ein Nebenkanal für das Projekt „Lebendige Luppe“ entstehen. Die Antworten gibt es gleich an dieser Stelle.
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